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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Ein Anderer meinte: "Sieben Koppel (Fetttheile) habe ich, zwei davon kostet
alljährlich der Krieg, aber wenn er anch noch zwei mehr kostet, so wollen wir uns
doch unser Recht nicht von den Dänen nehmen lassen." Ich weiß einen größern
Gutsbesitzer, der in diesem Jahr allein schon an 55,W0 Thaler Kriegssteuer ge¬
zahlt hat und doch noch einen freiwilligen Beitrag vonThalern für die
Schleswig-holsteinische Invalidencasse einsandte. Ueberhaupt wird trotz des Kriegs¬
druckes uoch von sehr vielen Seiten freiwillig sür die Armee geliefert. Ganze
große Wagen mit Bier, Branntwein, Speck, Würsten, Eiern und ähnlichen will¬
kommenen Gaben kommen im Lager an als Geschenke von wohlhabenden Dorf¬
schaften an solche Compagnien, die lange bei ihnen im Quartier gestanden haben.
Auch in den Hospitälern wird für die Verwundeten anf das eifrigste gesorgt, und
der weibliche Theil der Bevölkerung zeigt sich hier oft im schönsten Licht. Viele
edle Frauen aller Stände widmen ihre ganze freie Zeit diesen wohlthätigen Werken
und scheuen keine Widerwärtigkeit, um den Soldaten in den Lazarethen so viel
als möglich ihr Schmerzenslager zu erleichtern.

Auch der Adel des Landes, von jeher durch Bildung und Tüchtigkeit resvec-
tabel, und darin vor dem mit Recht verrufenen Iuukerthum des Nachbarlandes
Mecklenburg ausgezeichnet, hält sich im Allgemeinen vortrefflich, zahlt genau alle
ihm jetzt auferlegten großen Abgaben und sendet seiue Söhne in die Reihe" des
Heeres. Viele Sprossen der edelsten Familien des Landes haben ihre Treue an
Schleswig-Holsteins Recht schon mit ihrem Blute besiegelt. Nur einzelne wenige
hocharistokratische Familien machen sich auch hier durch Erbärmlichkeit bemerkbar,
suchen sich deu allgemeinen Lasten anf jegliche Weise zu entziehen, ja sie sind
theilweise öffentlich in das dänische Lager übergegangen. -- Die Thätigkeit
des Schleswig-holsteiuschen Heeres besteht jetzt darin, sür einen Winterfeldzug
alles Mögliche vorzubereiten. Sobald erst der Frost den Boden gehärtet, die
jetzt überall überfluthenden Gewässer in ihre Schranken zurückgedrängt hat, sind
für unser Heer viele Vortheile gewonnen. Die Hauptstärke der dänischen Stel¬
lung beruht auf deu Morästen der Marschgegenden, und jetzt den Anfstaunngen
übergetreteuer Flüsse, Tranke und Schlei, welche dieselbe an vielen Punkten un¬
angreifbar machen. Hat der Frost dies geebnet, so haben wir Aussicht, das
dänische Heer aus seinen Lagern bei Schleswig heraus zu ma.uövrireu, ohne viel un¬
nützes Blut mit der schwierigen Erstürmung der festen Werke des Dannewerks vergie¬
ßen zu müssen. Auch können im Winter die Dänen ihre Flotte nicht mehr gebrauchen.
Alles dies läßt das jetzige System des Generals vou Willisen als das richtige aner¬
kennen. Daher vertraut das Heer ihm und den andern höhern Führern, unter
denen die beiden Brigade-Generäle Freihr. von der Horst und vou Gerhardt,
der Chef der Artillerie General v. Wisselt und der Chef des Stabes, Oberst von der
Tann, besonders rühmlich zu nennen sind, auch vollkommene und alle vou man¬
chen andern Seiten versuchten Verdächtigungen gegen den Commandeur sind


Ein Anderer meinte: „Sieben Koppel (Fetttheile) habe ich, zwei davon kostet
alljährlich der Krieg, aber wenn er anch noch zwei mehr kostet, so wollen wir uns
doch unser Recht nicht von den Dänen nehmen lassen." Ich weiß einen größern
Gutsbesitzer, der in diesem Jahr allein schon an 55,W0 Thaler Kriegssteuer ge¬
zahlt hat und doch noch einen freiwilligen Beitrag vonThalern für die
Schleswig-holsteinische Invalidencasse einsandte. Ueberhaupt wird trotz des Kriegs¬
druckes uoch von sehr vielen Seiten freiwillig sür die Armee geliefert. Ganze
große Wagen mit Bier, Branntwein, Speck, Würsten, Eiern und ähnlichen will¬
kommenen Gaben kommen im Lager an als Geschenke von wohlhabenden Dorf¬
schaften an solche Compagnien, die lange bei ihnen im Quartier gestanden haben.
Auch in den Hospitälern wird für die Verwundeten anf das eifrigste gesorgt, und
der weibliche Theil der Bevölkerung zeigt sich hier oft im schönsten Licht. Viele
edle Frauen aller Stände widmen ihre ganze freie Zeit diesen wohlthätigen Werken
und scheuen keine Widerwärtigkeit, um den Soldaten in den Lazarethen so viel
als möglich ihr Schmerzenslager zu erleichtern.

Auch der Adel des Landes, von jeher durch Bildung und Tüchtigkeit resvec-
tabel, und darin vor dem mit Recht verrufenen Iuukerthum des Nachbarlandes
Mecklenburg ausgezeichnet, hält sich im Allgemeinen vortrefflich, zahlt genau alle
ihm jetzt auferlegten großen Abgaben und sendet seiue Söhne in die Reihe» des
Heeres. Viele Sprossen der edelsten Familien des Landes haben ihre Treue an
Schleswig-Holsteins Recht schon mit ihrem Blute besiegelt. Nur einzelne wenige
hocharistokratische Familien machen sich auch hier durch Erbärmlichkeit bemerkbar,
suchen sich deu allgemeinen Lasten anf jegliche Weise zu entziehen, ja sie sind
theilweise öffentlich in das dänische Lager übergegangen. — Die Thätigkeit
des Schleswig-holsteiuschen Heeres besteht jetzt darin, sür einen Winterfeldzug
alles Mögliche vorzubereiten. Sobald erst der Frost den Boden gehärtet, die
jetzt überall überfluthenden Gewässer in ihre Schranken zurückgedrängt hat, sind
für unser Heer viele Vortheile gewonnen. Die Hauptstärke der dänischen Stel¬
lung beruht auf deu Morästen der Marschgegenden, und jetzt den Anfstaunngen
übergetreteuer Flüsse, Tranke und Schlei, welche dieselbe an vielen Punkten un¬
angreifbar machen. Hat der Frost dies geebnet, so haben wir Aussicht, das
dänische Heer aus seinen Lagern bei Schleswig heraus zu ma.uövrireu, ohne viel un¬
nützes Blut mit der schwierigen Erstürmung der festen Werke des Dannewerks vergie¬
ßen zu müssen. Auch können im Winter die Dänen ihre Flotte nicht mehr gebrauchen.
Alles dies läßt das jetzige System des Generals vou Willisen als das richtige aner¬
kennen. Daher vertraut das Heer ihm und den andern höhern Führern, unter
denen die beiden Brigade-Generäle Freihr. von der Horst und vou Gerhardt,
der Chef der Artillerie General v. Wisselt und der Chef des Stabes, Oberst von der
Tann, besonders rühmlich zu nennen sind, auch vollkommene und alle vou man¬
chen andern Seiten versuchten Verdächtigungen gegen den Commandeur sind


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/172>, abgerufen am 22.07.2024.