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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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Vom Schleswig-holsteinschen Heere.

Zwar vermag meine Feder keine frohen Siegesnachrichten zu geben, denn
die blutigen Tage von Missuude und Friedrichsstadt j sind ohne Erfolg geblieben,
dennoch kaun ich manches Tröstliche, ja zu schönen Hoffnungen Berechtigende melden.
Fester und unbeugsamer ist der Entschluß geworden, das letzte Gut und. Blut
herzugeben, um einen ehrenvollen Frieden uns zu erkämpfen. Werden die schmach¬
vollen Zustände des Jahres 1850 in Deutschland im ewigen Buch der Geschichte
niedergeschrieben, die Seite Schleswig-Holsteins wenigstens soll rein von Schmutz
und Schande bleiben.

Zwei blutige Gefechte außer fast täglichen kleinen Scharmützeleieu der Vor¬
posten unter einander haben wir in den letzten Wochen gehabt, die uus zusam¬
men nahe 700 Soldaten an Todten, Verwundeten oder Gefangenen gekostet
haben. Wir haben beide Mal uuter den ungünstigsten Verhältnissen kämpfen müssen,
denn unsere Feinde standen hinter hohen Wällen gesichert vor unsern Geschossen,
während ihre Kngeln verheerend in die Reihen unserer Soldaten schmetterten.
Sieger sind wir an diesen beiden Tagen nicht geworden, denn wir mußten den
Sturm ausgeben, besiegt sind wir aber auch nicht, denn die Dänen hüteten sich
wohl, uus in's offene Feld hinein zu folgen, und ungehindert marschirten wir in
unsere frühern Stellungen zurück. Verschiedene Truppentheile waren bei diesen
Gefechten besonders thätig, bei Missunde sind das Iste Bataillon, dann das
12. Bataillon und das 2., 3 und 5. Jägercorps am heftigsten im Feuer gewe¬
sen; während bei Friedrichsstadt das 6. Bataillon, dann das 5., 11. und 15. Ba¬
taillon und das Iste Jägercorps vou uuserer Jnfanterie verwendet wurden.
Ohne Ausnahme aber haben alle diese Corps sich gerechten Anspruch auf die
Zufriedenheit des Oberauführers erworben, ja sich theilweise mit einem Muthe
geschlagen, wie er bei keiner Truppe der Welt größer sein konnte. Als am
Abend des 4. October eine Compagnie vom 1. Jägercorps und vier Compag¬
nien vom 0. Bataillon den Befehl erhielten, die dänischen Schanzen und Wälle
bei Friedrichsstadt zu erstürmen, da erscholl ein lautes freudiges Hurrah in den


Grenzvoten. IV. 1850. 86
Vom Schleswig-holsteinschen Heere.

Zwar vermag meine Feder keine frohen Siegesnachrichten zu geben, denn
die blutigen Tage von Missuude und Friedrichsstadt j sind ohne Erfolg geblieben,
dennoch kaun ich manches Tröstliche, ja zu schönen Hoffnungen Berechtigende melden.
Fester und unbeugsamer ist der Entschluß geworden, das letzte Gut und. Blut
herzugeben, um einen ehrenvollen Frieden uns zu erkämpfen. Werden die schmach¬
vollen Zustände des Jahres 1850 in Deutschland im ewigen Buch der Geschichte
niedergeschrieben, die Seite Schleswig-Holsteins wenigstens soll rein von Schmutz
und Schande bleiben.

Zwei blutige Gefechte außer fast täglichen kleinen Scharmützeleieu der Vor¬
posten unter einander haben wir in den letzten Wochen gehabt, die uus zusam¬
men nahe 700 Soldaten an Todten, Verwundeten oder Gefangenen gekostet
haben. Wir haben beide Mal uuter den ungünstigsten Verhältnissen kämpfen müssen,
denn unsere Feinde standen hinter hohen Wällen gesichert vor unsern Geschossen,
während ihre Kngeln verheerend in die Reihen unserer Soldaten schmetterten.
Sieger sind wir an diesen beiden Tagen nicht geworden, denn wir mußten den
Sturm ausgeben, besiegt sind wir aber auch nicht, denn die Dänen hüteten sich
wohl, uus in's offene Feld hinein zu folgen, und ungehindert marschirten wir in
unsere frühern Stellungen zurück. Verschiedene Truppentheile waren bei diesen
Gefechten besonders thätig, bei Missunde sind das Iste Bataillon, dann das
12. Bataillon und das 2., 3 und 5. Jägercorps am heftigsten im Feuer gewe¬
sen; während bei Friedrichsstadt das 6. Bataillon, dann das 5., 11. und 15. Ba¬
taillon und das Iste Jägercorps vou uuserer Jnfanterie verwendet wurden.
Ohne Ausnahme aber haben alle diese Corps sich gerechten Anspruch auf die
Zufriedenheit des Oberauführers erworben, ja sich theilweise mit einem Muthe
geschlagen, wie er bei keiner Truppe der Welt größer sein konnte. Als am
Abend des 4. October eine Compagnie vom 1. Jägercorps und vier Compag¬
nien vom 0. Bataillon den Befehl erhielten, die dänischen Schanzen und Wälle
bei Friedrichsstadt zu erstürmen, da erscholl ein lautes freudiges Hurrah in den


Grenzvoten. IV. 1850. 86
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[0169] Vom Schleswig-holsteinschen Heere. Zwar vermag meine Feder keine frohen Siegesnachrichten zu geben, denn die blutigen Tage von Missuude und Friedrichsstadt j sind ohne Erfolg geblieben, dennoch kaun ich manches Tröstliche, ja zu schönen Hoffnungen Berechtigende melden. Fester und unbeugsamer ist der Entschluß geworden, das letzte Gut und. Blut herzugeben, um einen ehrenvollen Frieden uns zu erkämpfen. Werden die schmach¬ vollen Zustände des Jahres 1850 in Deutschland im ewigen Buch der Geschichte niedergeschrieben, die Seite Schleswig-Holsteins wenigstens soll rein von Schmutz und Schande bleiben. Zwei blutige Gefechte außer fast täglichen kleinen Scharmützeleieu der Vor¬ posten unter einander haben wir in den letzten Wochen gehabt, die uus zusam¬ men nahe 700 Soldaten an Todten, Verwundeten oder Gefangenen gekostet haben. Wir haben beide Mal uuter den ungünstigsten Verhältnissen kämpfen müssen, denn unsere Feinde standen hinter hohen Wällen gesichert vor unsern Geschossen, während ihre Kngeln verheerend in die Reihen unserer Soldaten schmetterten. Sieger sind wir an diesen beiden Tagen nicht geworden, denn wir mußten den Sturm ausgeben, besiegt sind wir aber auch nicht, denn die Dänen hüteten sich wohl, uus in's offene Feld hinein zu folgen, und ungehindert marschirten wir in unsere frühern Stellungen zurück. Verschiedene Truppentheile waren bei diesen Gefechten besonders thätig, bei Missunde sind das Iste Bataillon, dann das 12. Bataillon und das 2., 3 und 5. Jägercorps am heftigsten im Feuer gewe¬ sen; während bei Friedrichsstadt das 6. Bataillon, dann das 5., 11. und 15. Ba¬ taillon und das Iste Jägercorps vou uuserer Jnfanterie verwendet wurden. Ohne Ausnahme aber haben alle diese Corps sich gerechten Anspruch auf die Zufriedenheit des Oberauführers erworben, ja sich theilweise mit einem Muthe geschlagen, wie er bei keiner Truppe der Welt größer sein konnte. Als am Abend des 4. October eine Compagnie vom 1. Jägercorps und vier Compag¬ nien vom 0. Bataillon den Befehl erhielten, die dänischen Schanzen und Wälle bei Friedrichsstadt zu erstürmen, da erscholl ein lautes freudiges Hurrah in den Grenzvoten. IV. 1850. 86

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/169>, abgerufen am 24.08.2024.