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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band.

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für die Negierung bilden wird, um mit ihrer Hilfe ihre Separatzwecke zu fördern,
eine kräftige Oppositionspartei wird bilden lassen? Wir Sachsen glauben nicht;
wir meinen, das föderative Zusammenwirken nnter sich einiger Kreistage werde
wirksamer sein, als die vereinzelten Stimmen einiger, über das kleinliche Gezänk
des Centrallandtags erhabener Deputirten.

Dies sind die Gründe, welche die Sachsen bestimmen, die Aufhebung des
gemeinsamen Landtages zu verlangen. Sie haben dazu die Pflicht, denu die
Nuhe und der Frieden des Landes und die Verantwortlichkeit ihrer Nachkommen¬
schaft gegenüber, der sie ihr Deutschthum zu sichern verbunden sind, fordern es
gleichmäßig. -- Sie haben dazu das Recht, denu Niemand darf fordern, daß
sie unnützer Weise zu Gunsten eines Andern ans ihre Existenz verzichten; und
außerdem sichern ihnen die kaiserlichen Nescripte vom 21. und 22. December 1848
und der 74 der Charte vom 4. März die Aufrechthaltung ihrer, mit den Rechten
der übrigen Nationen vereinbaren Gerechtsame zu. --

Wie nahe, wie groß der sächsischen Nation die Gefahr, vom walachischen
Element absorbirt zu werden, erscheint, geht daraus wohl am deutlichsten hervor,
daß dieselbe selbst zu dem äußersten, sie im Innersten verwundenden Entschluß,
einige vou Sachsen bewohnte Ortschaften, welche als Enclaven mitten in dem
von Walachen bevölkerten Territorium liegen, aus dem Verbande der sächsischen
Nation auszuscheiden, sich entschlossen, um uicht durch ihre Beibehaltung genöthigt
zu werdeu, die zwischeu ihnen und der Hauptmasse des sächsischen Gebietes gele-
genen rein walachischen Dörfer mit einzubeziehen und dadurch eine Majorität des
walachischen Elementes selbst ans Sachsenboden zu erzeugen. Die bedeutendste
sächsische Gemeinde, der das harte Loos gefallen, vom Nationalkörper losgetrennt
zu werden, um ihn zu retten, ist die Stadt Broos. Sie hat ungefähr 3l)VO säch¬
sische Einwohner, welche ihren durch und durch deutschen Sinn, ihre aufopfernde
Liebe für ihr Volk wie immer, so auch in der letzten Versammlung der Nations-
unioersität (Nationalvertretung) dadurch bekundeten, daß sie selbst unaufgefordert
die Universität ersuchten, Broos auszuscheiden, und zugleich den Entschluß aus-
sprachen, sich in irgeud einer andern sächsischen Stadt ansiedeln zu wollen. Lange
schwankte die Uuionsnniversität, ob sie ein so schweres Opfer annehmen dürfe
oder nicht; ob es innerhalb ihrer Befugniß läge, das vou den Vätern ererbte
Gebiet zu schmälern; ob es nicht vielmehr rathsam sei, daß die sächsische Nation
in ihrer Gesammtheit den Kampf gegen die hereinbrechenden Fluthen des Daeo-
Rmnanismus aufnehme, statt einzelne ihrer Glieder rettungslos von ihnen ver¬
schlingen zu lassen. Die Rücksicht auf das allgemeine Wohl überwog und die, den
in Wien mit der Regierung in der Landesverfassungsangelegenheit verhandelnden
Deputirten zugesandte Instruction enthielt die Weisung, selbst dies schwere Opfer
zu bringen, damit nur der Kern des siebenbürgischen Deutschthums gerettet würde.
Davon, ob nur ein gemeinsamer Landtag für Siebenbürgen zu bestehen haben


Grenzboten. IV. 1850. 84

für die Negierung bilden wird, um mit ihrer Hilfe ihre Separatzwecke zu fördern,
eine kräftige Oppositionspartei wird bilden lassen? Wir Sachsen glauben nicht;
wir meinen, das föderative Zusammenwirken nnter sich einiger Kreistage werde
wirksamer sein, als die vereinzelten Stimmen einiger, über das kleinliche Gezänk
des Centrallandtags erhabener Deputirten.

Dies sind die Gründe, welche die Sachsen bestimmen, die Aufhebung des
gemeinsamen Landtages zu verlangen. Sie haben dazu die Pflicht, denu die
Nuhe und der Frieden des Landes und die Verantwortlichkeit ihrer Nachkommen¬
schaft gegenüber, der sie ihr Deutschthum zu sichern verbunden sind, fordern es
gleichmäßig. — Sie haben dazu das Recht, denu Niemand darf fordern, daß
sie unnützer Weise zu Gunsten eines Andern ans ihre Existenz verzichten; und
außerdem sichern ihnen die kaiserlichen Nescripte vom 21. und 22. December 1848
und der 74 der Charte vom 4. März die Aufrechthaltung ihrer, mit den Rechten
der übrigen Nationen vereinbaren Gerechtsame zu. —

Wie nahe, wie groß der sächsischen Nation die Gefahr, vom walachischen
Element absorbirt zu werden, erscheint, geht daraus wohl am deutlichsten hervor,
daß dieselbe selbst zu dem äußersten, sie im Innersten verwundenden Entschluß,
einige vou Sachsen bewohnte Ortschaften, welche als Enclaven mitten in dem
von Walachen bevölkerten Territorium liegen, aus dem Verbande der sächsischen
Nation auszuscheiden, sich entschlossen, um uicht durch ihre Beibehaltung genöthigt
zu werdeu, die zwischeu ihnen und der Hauptmasse des sächsischen Gebietes gele-
genen rein walachischen Dörfer mit einzubeziehen und dadurch eine Majorität des
walachischen Elementes selbst ans Sachsenboden zu erzeugen. Die bedeutendste
sächsische Gemeinde, der das harte Loos gefallen, vom Nationalkörper losgetrennt
zu werden, um ihn zu retten, ist die Stadt Broos. Sie hat ungefähr 3l)VO säch¬
sische Einwohner, welche ihren durch und durch deutschen Sinn, ihre aufopfernde
Liebe für ihr Volk wie immer, so auch in der letzten Versammlung der Nations-
unioersität (Nationalvertretung) dadurch bekundeten, daß sie selbst unaufgefordert
die Universität ersuchten, Broos auszuscheiden, und zugleich den Entschluß aus-
sprachen, sich in irgeud einer andern sächsischen Stadt ansiedeln zu wollen. Lange
schwankte die Uuionsnniversität, ob sie ein so schweres Opfer annehmen dürfe
oder nicht; ob es innerhalb ihrer Befugniß läge, das vou den Vätern ererbte
Gebiet zu schmälern; ob es nicht vielmehr rathsam sei, daß die sächsische Nation
in ihrer Gesammtheit den Kampf gegen die hereinbrechenden Fluthen des Daeo-
Rmnanismus aufnehme, statt einzelne ihrer Glieder rettungslos von ihnen ver¬
schlingen zu lassen. Die Rücksicht auf das allgemeine Wohl überwog und die, den
in Wien mit der Regierung in der Landesverfassungsangelegenheit verhandelnden
Deputirten zugesandte Instruction enthielt die Weisung, selbst dies schwere Opfer
zu bringen, damit nur der Kern des siebenbürgischen Deutschthums gerettet würde.
Davon, ob nur ein gemeinsamer Landtag für Siebenbürgen zu bestehen haben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_92288/153>, abgerufen am 22.07.2024.