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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Schwierigkeit, welche die offengebliebene Frage des Tabakmonopols zu bieten schien
bereits gehoben sein, da die Einführung des Tabakmonopols in Ungarn und
seinen früheren Nebcnländern bereits im Ministerium beschlossen sei; aber eben
diese Maßregel, so maßgebend und bedeutungsvoll sie anch für die Centralisation
des Kaiserstaats erscheint, wird die Sympathie sür die Negierung in Ungarn nichts
weniger als vermehren. Zwar der Freihandel zwischen Ungarn und den übrigen
Kronländern bringt für die in den fruchtbaren Ebenen wohnenden Magyaren und
Deutschen bedeutende Vortheile, da sich ihren Producten neue und ungehemmte
Kanäle öffnen werden, aber schon die armen Nordslaven, die nichts oder nur
wenig nach Oestreich auszuführen haben, und bis jetzt von ihrer schwachen In¬
dustrie lebten, sehen jetzt einer furchtbaren Concurrenz mit den großen Fabriken
Böhmens und Mährens entgegen, und manches Spinnrad in den Comitaten Urva,
Thuroz, Liptau, Zips und Saros, welches seinem Besitzer Brod und Wein ans
dem feisten Magyarenlande erschnurrte, wird uach dem 1. October verstummen
müssen. Das Tabakmonopol dagegen wird zwar nur die rebellischen Magyaren
treffen, aber diese Maßregel ist Ungarn so verhaßt, daß sich der größte Wider¬
stand erwarten läßt. Schon als die Metternichsche Negierung im Jahre 1847
das Tabakmonopol durch Errichtung von kaiserlichen Trafiken anbahnen wollte,
erhob sich ein allgemeiner Sturm im ganzen Lande, und sehr treffend sagte ein
Redner im Pesther Comitatshause: "Möge die sser. Regierung uus unsere alte
Hundshaut nehmen. Das Volk, das keinen Theil an derselben hat, wird mit
Achselzucken zusehen; möge sie dem Ungarn sein liebstes, sein Pferd nehmen, er
wird seinen Schnurbart mältrcutircn, einen Fluch in den Bart brumen, aber er
wird keine Revolution machen; nur seine Pfeife soll sie ihm nicht anrühren,
sonst macht sie ihn zum Teufel.

Fruchtloser Lärm! Das Ministerium hat den Besieger der Magyaren nieder¬
geworfen, es wird auch die ungarische Tabakstaude niederwerfen, bis es endlich
selbst geworfen werden wird durch einen Regen kleiner, leichter, schmutziger, werth¬
loser Papierschnitzel, welche jetzt von seinem Tische so weiß und leicht in die
Kassen der Besitzenden hcrniederflattern.





*) DaS Pergament der Verfassung.

Schwierigkeit, welche die offengebliebene Frage des Tabakmonopols zu bieten schien
bereits gehoben sein, da die Einführung des Tabakmonopols in Ungarn und
seinen früheren Nebcnländern bereits im Ministerium beschlossen sei; aber eben
diese Maßregel, so maßgebend und bedeutungsvoll sie anch für die Centralisation
des Kaiserstaats erscheint, wird die Sympathie sür die Negierung in Ungarn nichts
weniger als vermehren. Zwar der Freihandel zwischen Ungarn und den übrigen
Kronländern bringt für die in den fruchtbaren Ebenen wohnenden Magyaren und
Deutschen bedeutende Vortheile, da sich ihren Producten neue und ungehemmte
Kanäle öffnen werden, aber schon die armen Nordslaven, die nichts oder nur
wenig nach Oestreich auszuführen haben, und bis jetzt von ihrer schwachen In¬
dustrie lebten, sehen jetzt einer furchtbaren Concurrenz mit den großen Fabriken
Böhmens und Mährens entgegen, und manches Spinnrad in den Comitaten Urva,
Thuroz, Liptau, Zips und Saros, welches seinem Besitzer Brod und Wein ans
dem feisten Magyarenlande erschnurrte, wird uach dem 1. October verstummen
müssen. Das Tabakmonopol dagegen wird zwar nur die rebellischen Magyaren
treffen, aber diese Maßregel ist Ungarn so verhaßt, daß sich der größte Wider¬
stand erwarten läßt. Schon als die Metternichsche Negierung im Jahre 1847
das Tabakmonopol durch Errichtung von kaiserlichen Trafiken anbahnen wollte,
erhob sich ein allgemeiner Sturm im ganzen Lande, und sehr treffend sagte ein
Redner im Pesther Comitatshause: „Möge die sser. Regierung uus unsere alte
Hundshaut nehmen. Das Volk, das keinen Theil an derselben hat, wird mit
Achselzucken zusehen; möge sie dem Ungarn sein liebstes, sein Pferd nehmen, er
wird seinen Schnurbart mältrcutircn, einen Fluch in den Bart brumen, aber er
wird keine Revolution machen; nur seine Pfeife soll sie ihm nicht anrühren,
sonst macht sie ihn zum Teufel.

Fruchtloser Lärm! Das Ministerium hat den Besieger der Magyaren nieder¬
geworfen, es wird auch die ungarische Tabakstaude niederwerfen, bis es endlich
selbst geworfen werden wird durch einen Regen kleiner, leichter, schmutziger, werth¬
loser Papierschnitzel, welche jetzt von seinem Tische so weiß und leicht in die
Kassen der Besitzenden hcrniederflattern.





*) DaS Pergament der Verfassung.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/96>, abgerufen am 27.07.2024.