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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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Mitglieder der Gesellschaft der Banernsreunde, namentlich B. Christenscn und
Capitän Tscheruing dazu, brachten am andern Morgen im feierlichen Zuge die
Adresse nach dem Schloß, die Anfangs von dem Kammerherrn von Tillisch zu¬
rückgewiesen, zuletzt "mit allerhöchster Erlaulmiß" entgegengenommen wurde; sie
enthielt den Ausdruck der Besorgniß über die unglückliche Zusammensetzung der
Versammlung, die das Patent berufe, sprach zu Sr. Majestät das Zutrauen ans,
daß er einmal hierauf aufmerksam gemacht, thun werde, was noch möglich sei,
namentlich durch sorgfältige und volksthümliche Wahl der sechszehn, die der Kö¬
nig ernenne." --

Während die Presse mit immer schärferen Artikeln die Stimmung steigerte
und concentrirte -- namentlich Madvig, Monrad, Clausen trieben vorwärts --
während selbst die Berling'sche Zeitung bereits der Eiderpartei Zugeständnisse
machte und nur noch aufrecht hielt, "daß die Verbindung zwischen Schleswig
und Holstein durch so starke vieljährige Bande geknüpft sei, daß es moralisch
ungerechtfertigt und fast unmöglich sei, sie zu zerreißen, während
die Schmähungen gegen die Deutschen, gegen die Schleswig-Hvlsteiner, gegen den
Herzog von Augustenburg immer bitterer wurden, während dessen traten (am 16. Fe¬
bruar) 43 "patriotische Männer" -- eben die, welche schon beim Professor Clausen
sich zu versammeln gewohnt waren -- zu einer "beständigen Gesellschaft" zusam¬
men, und faßten den Beschluß, auch dänischer Seits erfahrene Männer nur mit
Vorbehalt zu wählen.

Die günstige Aufnahme, die eine Deputation der Schleswig-holsteinischen
Ritterschaft, die um die Bestätigung der Landesprivilegien zu bitten gekommen
war, allerhöchsten Ortes fand, das Gerücht, daß es in Absicht sei die Provinzial-
stände der beiden Herzogthümer zu vereinigen, ihre Befugnisse zu erweitern und
die Gesammtrepräsentation ans ein Minimum zu beschränken, brachte die äußerste
Unruhe hervor. Bereits am 83. Februar erließen die 43 eine Erklärung, die
einen förmlichen Protest gegen den Gesammtstaatsentwnrf enthielt, statt dessen in
sehr scharfen Wendungen die Vereinigung der Inseln, Jütlands und Schleswigs
in Einer Verfassung, mit Vorbehalt eines besondern Landtags für Schleswig, die
völlige Scheidung Schleswigs von Holstein, eine gesonderte Verfassung für Hol¬
stein forderte.

Am folgenden Tage veröffentlichten 18 in Kopenhagen anwesende Stände-
depntirte, daß sie bei der Wahl der erfahrenen Männer die Erklärung abzugeben
gedächten: "sie wählten in der Voraussetzung, daß die Bestimmungen, welche in
die verheißene Verfassung aufzunehmen seien, nicht eher Gesetzeskraft erhalten
würden, als bis sie von einer Volksvertretung erwogen und angenommen seien,
einer Vertretung, die gewählt wäre nach einer die gerechten Ansprüche des Volkes
erfüllenden und der Größe ihrer Aufgabe entsprechenden Wahlart.


Mitglieder der Gesellschaft der Banernsreunde, namentlich B. Christenscn und
Capitän Tscheruing dazu, brachten am andern Morgen im feierlichen Zuge die
Adresse nach dem Schloß, die Anfangs von dem Kammerherrn von Tillisch zu¬
rückgewiesen, zuletzt „mit allerhöchster Erlaulmiß" entgegengenommen wurde; sie
enthielt den Ausdruck der Besorgniß über die unglückliche Zusammensetzung der
Versammlung, die das Patent berufe, sprach zu Sr. Majestät das Zutrauen ans,
daß er einmal hierauf aufmerksam gemacht, thun werde, was noch möglich sei,
namentlich durch sorgfältige und volksthümliche Wahl der sechszehn, die der Kö¬
nig ernenne." —

Während die Presse mit immer schärferen Artikeln die Stimmung steigerte
und concentrirte — namentlich Madvig, Monrad, Clausen trieben vorwärts —
während selbst die Berling'sche Zeitung bereits der Eiderpartei Zugeständnisse
machte und nur noch aufrecht hielt, „daß die Verbindung zwischen Schleswig
und Holstein durch so starke vieljährige Bande geknüpft sei, daß es moralisch
ungerechtfertigt und fast unmöglich sei, sie zu zerreißen, während
die Schmähungen gegen die Deutschen, gegen die Schleswig-Hvlsteiner, gegen den
Herzog von Augustenburg immer bitterer wurden, während dessen traten (am 16. Fe¬
bruar) 43 „patriotische Männer" — eben die, welche schon beim Professor Clausen
sich zu versammeln gewohnt waren — zu einer „beständigen Gesellschaft" zusam¬
men, und faßten den Beschluß, auch dänischer Seits erfahrene Männer nur mit
Vorbehalt zu wählen.

Die günstige Aufnahme, die eine Deputation der Schleswig-holsteinischen
Ritterschaft, die um die Bestätigung der Landesprivilegien zu bitten gekommen
war, allerhöchsten Ortes fand, das Gerücht, daß es in Absicht sei die Provinzial-
stände der beiden Herzogthümer zu vereinigen, ihre Befugnisse zu erweitern und
die Gesammtrepräsentation ans ein Minimum zu beschränken, brachte die äußerste
Unruhe hervor. Bereits am 83. Februar erließen die 43 eine Erklärung, die
einen förmlichen Protest gegen den Gesammtstaatsentwnrf enthielt, statt dessen in
sehr scharfen Wendungen die Vereinigung der Inseln, Jütlands und Schleswigs
in Einer Verfassung, mit Vorbehalt eines besondern Landtags für Schleswig, die
völlige Scheidung Schleswigs von Holstein, eine gesonderte Verfassung für Hol¬
stein forderte.

Am folgenden Tage veröffentlichten 18 in Kopenhagen anwesende Stände-
depntirte, daß sie bei der Wahl der erfahrenen Männer die Erklärung abzugeben
gedächten: „sie wählten in der Voraussetzung, daß die Bestimmungen, welche in
die verheißene Verfassung aufzunehmen seien, nicht eher Gesetzeskraft erhalten
würden, als bis sie von einer Volksvertretung erwogen und angenommen seien,
einer Vertretung, die gewählt wäre nach einer die gerechten Ansprüche des Volkes
erfüllenden und der Größe ihrer Aufgabe entsprechenden Wahlart.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/60>, abgerufen am 01.09.2024.