Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

antwortete das Fräulein, "seitdem Dn unfern Dienst verlassen und in den heiligen
Krieg gezogen bist, hat der, Feind unsere Gegeud besetzt, und ich verließ mein
väterliches Haus, um Hieher zu meiner Tante zu reisen, aber auch diese Gegeud
wurde von den feindlichen Schaaren überschwemmt, und ich sah keine Hoffnung,
von meinem Julius Kunde zu erhalten; doch gestern verließ der Feind M.....,
und ein Zug Hußaren kam in das Dorf und an der Spitze, denke Dir, lieber
Pista, ritt mein Julins! Er ist Rittmeister bei den Wilts ein's. Doch er mußte
bald wieder zurück in's Hauptquartier, und ich konnte nur wenig mit ihm sprechen,
aber dennoch erfuhr ich von ihm, daß Dii hier im Wäldchen mit einer wackern
Truppe campierst; und als ich heute etwas erfuhr, was ich gerne unfern Feld¬
herrn zu wissen macheu möchte, so entschloß ich mich, in Markeleuderkleidern
Hieher zu gehen, und Dich aufzusuchen. Dn wirst mich bei Deinem Offizier
empfehlen, daß er mir Glanben schenken darf."

"O! Gott! Die heilige Mutter Gottes selbst verdient nicht mehr Glauben!
Kommen Sie, mein gnädiges Fräulein. Der Herr Rittmeister ruht dort an der
entgegengesetzten Seite des Waldes auf frischem Nasen; er wird außer sich sein
vor Freude, so ein hohes Fräulein zu sprechen."

Das hochbeseeligte Mädchen folgte dem treuen Diener, und wurde von dem
Rittmeister mit größter Achtung empfangen.

Gegen Abend hörte man in M..... plötzlich von mehrern Seiten Schüsse
fallen. Die aufgeschreckten Oestreicher griffen in größter Hast zu den Waffen,
und sie hatten sie nöthig, denn das Dorf war von den Ungarn umringt. Viele
wurden gefangen genommen; die beiden Obersten mit einem Theile des Offizier¬
corps konnten sich nnr mit Hilfe ihrer Cavalerie durchhauen, und vergaßen, ei¬
nige bereits aufgespürte "Verräther" mitzunehmen.

An dem eiustockhoheu Hause kam der alte Pista mit dem jungen Offizier
von gestern Morgens herangesprengt, und aus einem Fenster des Hauses ertön¬
te" aus dem reizenden Munde des "Goldfräuleius" die Worte:

"Iswll IN)2(M!" (Willkommen!)




antwortete das Fräulein, „seitdem Dn unfern Dienst verlassen und in den heiligen
Krieg gezogen bist, hat der, Feind unsere Gegeud besetzt, und ich verließ mein
väterliches Haus, um Hieher zu meiner Tante zu reisen, aber auch diese Gegeud
wurde von den feindlichen Schaaren überschwemmt, und ich sah keine Hoffnung,
von meinem Julius Kunde zu erhalten; doch gestern verließ der Feind M.....,
und ein Zug Hußaren kam in das Dorf und an der Spitze, denke Dir, lieber
Pista, ritt mein Julins! Er ist Rittmeister bei den Wilts ein's. Doch er mußte
bald wieder zurück in's Hauptquartier, und ich konnte nur wenig mit ihm sprechen,
aber dennoch erfuhr ich von ihm, daß Dii hier im Wäldchen mit einer wackern
Truppe campierst; und als ich heute etwas erfuhr, was ich gerne unfern Feld¬
herrn zu wissen macheu möchte, so entschloß ich mich, in Markeleuderkleidern
Hieher zu gehen, und Dich aufzusuchen. Dn wirst mich bei Deinem Offizier
empfehlen, daß er mir Glanben schenken darf."

„O! Gott! Die heilige Mutter Gottes selbst verdient nicht mehr Glauben!
Kommen Sie, mein gnädiges Fräulein. Der Herr Rittmeister ruht dort an der
entgegengesetzten Seite des Waldes auf frischem Nasen; er wird außer sich sein
vor Freude, so ein hohes Fräulein zu sprechen."

Das hochbeseeligte Mädchen folgte dem treuen Diener, und wurde von dem
Rittmeister mit größter Achtung empfangen.

Gegen Abend hörte man in M..... plötzlich von mehrern Seiten Schüsse
fallen. Die aufgeschreckten Oestreicher griffen in größter Hast zu den Waffen,
und sie hatten sie nöthig, denn das Dorf war von den Ungarn umringt. Viele
wurden gefangen genommen; die beiden Obersten mit einem Theile des Offizier¬
corps konnten sich nnr mit Hilfe ihrer Cavalerie durchhauen, und vergaßen, ei¬
nige bereits aufgespürte „Verräther" mitzunehmen.

An dem eiustockhoheu Hause kam der alte Pista mit dem jungen Offizier
von gestern Morgens herangesprengt, und aus einem Fenster des Hauses ertön¬
te» aus dem reizenden Munde des „Goldfräuleius" die Worte:

„Iswll IN)2(M!" (Willkommen!)




<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86053"/>
          <p xml:id="ID_1615" prev="#ID_1614"> antwortete das Fräulein, &#x201E;seitdem Dn unfern Dienst verlassen und in den heiligen<lb/>
Krieg gezogen bist, hat der, Feind unsere Gegeud besetzt, und ich verließ mein<lb/>
väterliches Haus, um Hieher zu meiner Tante zu reisen, aber auch diese Gegeud<lb/>
wurde von den feindlichen Schaaren überschwemmt, und ich sah keine Hoffnung,<lb/>
von meinem Julius Kunde zu erhalten; doch gestern verließ der Feind M.....,<lb/>
und ein Zug Hußaren kam in das Dorf und an der Spitze, denke Dir, lieber<lb/>
Pista, ritt mein Julins! Er ist Rittmeister bei den Wilts ein's. Doch er mußte<lb/>
bald wieder zurück in's Hauptquartier, und ich konnte nur wenig mit ihm sprechen,<lb/>
aber dennoch erfuhr ich von ihm, daß Dii hier im Wäldchen mit einer wackern<lb/>
Truppe campierst; und als ich heute etwas erfuhr, was ich gerne unfern Feld¬<lb/>
herrn zu wissen macheu möchte, so entschloß ich mich, in Markeleuderkleidern<lb/>
Hieher zu gehen, und Dich aufzusuchen. Dn wirst mich bei Deinem Offizier<lb/>
empfehlen, daß er mir Glanben schenken darf."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1616"> &#x201E;O! Gott! Die heilige Mutter Gottes selbst verdient nicht mehr Glauben!<lb/>
Kommen Sie, mein gnädiges Fräulein. Der Herr Rittmeister ruht dort an der<lb/>
entgegengesetzten Seite des Waldes auf frischem Nasen; er wird außer sich sein<lb/>
vor Freude, so ein hohes Fräulein zu sprechen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1617"> Das hochbeseeligte Mädchen folgte dem treuen Diener, und wurde von dem<lb/>
Rittmeister mit größter Achtung empfangen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1618"> Gegen Abend hörte man in M.....   plötzlich von mehrern Seiten Schüsse<lb/>
fallen. Die aufgeschreckten Oestreicher griffen in größter Hast zu den Waffen,<lb/>
und sie hatten sie nöthig, denn das Dorf war von den Ungarn umringt. Viele<lb/>
wurden gefangen genommen; die beiden Obersten mit einem Theile des Offizier¬<lb/>
corps konnten sich nnr mit Hilfe ihrer Cavalerie durchhauen, und vergaßen, ei¬<lb/>
nige bereits aufgespürte &#x201E;Verräther" mitzunehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1619"> An dem eiustockhoheu Hause kam der alte Pista mit dem jungen Offizier<lb/>
von gestern Morgens herangesprengt, und aus einem Fenster des Hauses ertön¬<lb/>
te» aus dem reizenden Munde des &#x201E;Goldfräuleius" die Worte:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1620"> &#x201E;Iswll IN)2(M!" (Willkommen!)</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0470] antwortete das Fräulein, „seitdem Dn unfern Dienst verlassen und in den heiligen Krieg gezogen bist, hat der, Feind unsere Gegeud besetzt, und ich verließ mein väterliches Haus, um Hieher zu meiner Tante zu reisen, aber auch diese Gegeud wurde von den feindlichen Schaaren überschwemmt, und ich sah keine Hoffnung, von meinem Julius Kunde zu erhalten; doch gestern verließ der Feind M....., und ein Zug Hußaren kam in das Dorf und an der Spitze, denke Dir, lieber Pista, ritt mein Julins! Er ist Rittmeister bei den Wilts ein's. Doch er mußte bald wieder zurück in's Hauptquartier, und ich konnte nur wenig mit ihm sprechen, aber dennoch erfuhr ich von ihm, daß Dii hier im Wäldchen mit einer wackern Truppe campierst; und als ich heute etwas erfuhr, was ich gerne unfern Feld¬ herrn zu wissen macheu möchte, so entschloß ich mich, in Markeleuderkleidern Hieher zu gehen, und Dich aufzusuchen. Dn wirst mich bei Deinem Offizier empfehlen, daß er mir Glanben schenken darf." „O! Gott! Die heilige Mutter Gottes selbst verdient nicht mehr Glauben! Kommen Sie, mein gnädiges Fräulein. Der Herr Rittmeister ruht dort an der entgegengesetzten Seite des Waldes auf frischem Nasen; er wird außer sich sein vor Freude, so ein hohes Fräulein zu sprechen." Das hochbeseeligte Mädchen folgte dem treuen Diener, und wurde von dem Rittmeister mit größter Achtung empfangen. Gegen Abend hörte man in M..... plötzlich von mehrern Seiten Schüsse fallen. Die aufgeschreckten Oestreicher griffen in größter Hast zu den Waffen, und sie hatten sie nöthig, denn das Dorf war von den Ungarn umringt. Viele wurden gefangen genommen; die beiden Obersten mit einem Theile des Offizier¬ corps konnten sich nnr mit Hilfe ihrer Cavalerie durchhauen, und vergaßen, ei¬ nige bereits aufgespürte „Verräther" mitzunehmen. An dem eiustockhoheu Hause kam der alte Pista mit dem jungen Offizier von gestern Morgens herangesprengt, und aus einem Fenster des Hauses ertön¬ te» aus dem reizenden Munde des „Goldfräuleius" die Worte: „Iswll IN)2(M!" (Willkommen!)

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/470
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/470>, abgerufen am 27.07.2024.