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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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schon recht erfreulich gewordene Wirksamkeit immer mehr Raum gewinne. Für
den geringen Preis von 2 Thalern erwirbt der Theilnehmer eine Actie, welche
ihn berechtigt, ein vier in zwei- bis dreimonatlichen Zwischenräumen erfolgenden
Gemäldevcrloosungen Theil zu nehmen, deren Gewinne durch die aus dem Betrage
der Actien gelösten Mittel ans den jeweilig ausgestellten Gemälden gewählt werden.
Die Auswahl ist gewöhnlich zweckentsprechend, da der Verein nur durch Ankauf
kleinerer Gemälde seine Aufgabe erreichen kann , eine Neigung für die Kunst im
großem Publicum zu erwecken; mir möchten wir, so sehr es auch wünschenswert!)
erscheint, eine möglichst große Anzahl von Gewinnen zu erzielen, doch vor der zu
großen Zersplitterung der jedesmaligen Mittel in's Unbedeutende warnen.

Der permanenten Ausstellung von Del Vecchio gegenüber steht der Leip¬
ziger Kunstverein. Dieser hat uicht vermocht, sich mit den hier anwesenden
Künstlern zu stellen; ebenso wenig hat er sich nach außen hin in der Kunstwelt
Anerkennung zu verschaffen gewußt, und seine Wirksamkeit ans das größere Leip¬
ziger Publicum ist immerhin sehr problematisch geblieben. Wir sind weit entfernt,
einzelnen Mitgliedern des Kunstvereins einen redlichen aufrichtigen Willen und
manche schöne Kenntnis) über Theorien abzusprechen, aber fast jedes einflußreichere
Mitglied des Vereins möchte als Kuustmäceu gelten: wenige möchten dies Ziel
durch irgend ein anderes Opfer als durch gehaltlose Coquetterie mit der Kunst
erreichen, und hier kommen dann alle Hebel einer philisterhaften und kleinstädtischen
Eitelkeit in's Spiel. Diese Eitelkeit hat deu Verein zu der Feindseligkeit getrieben,
mit welcher er der entstehenden Del Vecchio'schen Kunstausstellung entgegentrat, und zu
dem Bemühen, dieselbe im Keime zu ersticken. Wenn es ihm einzig und allein um die
Förderung der Kunst zu thun war, so konnte er nur mit Freuden ein Institut
begrüßen, das ihn in seinem Streben erfolgreich zu nutcrstüjzeu und zu ergänzen
versprach. Um eines seiner Werke willen mag ihm indeß Vieles verziehen sein:
wir meinen die Gründung des städtischen Museums. Die Anstalt ist noch
zu sehr im Entstehen begriffen, um heut schon ein gesundes Urtheil über sie fällen
zu können, es läßt sich aber nichts Anderes als Segen von ihr erwarten, beson¬
ders wenn es mehr und mehr ermöglicht wird, sie so recht eigentlich zum gemeinen
Eigenthum des Publicums zu machen, das Jeder gern und so oft als möglich
genießt.

Jedenfalls ist schon ihre Gründung ein großes Verdienst und bei weitem das
Erfolgreichste, was der Leipziger Kunstverein geleistet hat. Hoffen wir überhaupt,
daß seiue letzten Versuche zu einer edlem Wirksamkeit, z. B. die Bemühungen zu
öffentlichen Vorträgen über Kunst, der Beginn einer Regeneration seien, bei welcher
die selbstsüchtige Eitelkeit ausscheidet und die edlem Elemente im Verein zur
Herrschaft gelangen. So verbunden mit der Del Vecchio'schen Kunstausstellung,
gegenseitig sich erhebend und ergänzend, könnten beide Institute erfolg- und segens¬
reich mit einander wirken und in Leipzig die Kunst einen neuen Mittelpunkt ge-


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schon recht erfreulich gewordene Wirksamkeit immer mehr Raum gewinne. Für
den geringen Preis von 2 Thalern erwirbt der Theilnehmer eine Actie, welche
ihn berechtigt, ein vier in zwei- bis dreimonatlichen Zwischenräumen erfolgenden
Gemäldevcrloosungen Theil zu nehmen, deren Gewinne durch die aus dem Betrage
der Actien gelösten Mittel ans den jeweilig ausgestellten Gemälden gewählt werden.
Die Auswahl ist gewöhnlich zweckentsprechend, da der Verein nur durch Ankauf
kleinerer Gemälde seine Aufgabe erreichen kann , eine Neigung für die Kunst im
großem Publicum zu erwecken; mir möchten wir, so sehr es auch wünschenswert!)
erscheint, eine möglichst große Anzahl von Gewinnen zu erzielen, doch vor der zu
großen Zersplitterung der jedesmaligen Mittel in's Unbedeutende warnen.

Der permanenten Ausstellung von Del Vecchio gegenüber steht der Leip¬
ziger Kunstverein. Dieser hat uicht vermocht, sich mit den hier anwesenden
Künstlern zu stellen; ebenso wenig hat er sich nach außen hin in der Kunstwelt
Anerkennung zu verschaffen gewußt, und seine Wirksamkeit ans das größere Leip¬
ziger Publicum ist immerhin sehr problematisch geblieben. Wir sind weit entfernt,
einzelnen Mitgliedern des Kunstvereins einen redlichen aufrichtigen Willen und
manche schöne Kenntnis) über Theorien abzusprechen, aber fast jedes einflußreichere
Mitglied des Vereins möchte als Kuustmäceu gelten: wenige möchten dies Ziel
durch irgend ein anderes Opfer als durch gehaltlose Coquetterie mit der Kunst
erreichen, und hier kommen dann alle Hebel einer philisterhaften und kleinstädtischen
Eitelkeit in's Spiel. Diese Eitelkeit hat deu Verein zu der Feindseligkeit getrieben,
mit welcher er der entstehenden Del Vecchio'schen Kunstausstellung entgegentrat, und zu
dem Bemühen, dieselbe im Keime zu ersticken. Wenn es ihm einzig und allein um die
Förderung der Kunst zu thun war, so konnte er nur mit Freuden ein Institut
begrüßen, das ihn in seinem Streben erfolgreich zu nutcrstüjzeu und zu ergänzen
versprach. Um eines seiner Werke willen mag ihm indeß Vieles verziehen sein:
wir meinen die Gründung des städtischen Museums. Die Anstalt ist noch
zu sehr im Entstehen begriffen, um heut schon ein gesundes Urtheil über sie fällen
zu können, es läßt sich aber nichts Anderes als Segen von ihr erwarten, beson¬
ders wenn es mehr und mehr ermöglicht wird, sie so recht eigentlich zum gemeinen
Eigenthum des Publicums zu machen, das Jeder gern und so oft als möglich
genießt.

Jedenfalls ist schon ihre Gründung ein großes Verdienst und bei weitem das
Erfolgreichste, was der Leipziger Kunstverein geleistet hat. Hoffen wir überhaupt,
daß seiue letzten Versuche zu einer edlem Wirksamkeit, z. B. die Bemühungen zu
öffentlichen Vorträgen über Kunst, der Beginn einer Regeneration seien, bei welcher
die selbstsüchtige Eitelkeit ausscheidet und die edlem Elemente im Verein zur
Herrschaft gelangen. So verbunden mit der Del Vecchio'schen Kunstausstellung,
gegenseitig sich erhebend und ergänzend, könnten beide Institute erfolg- und segens¬
reich mit einander wirken und in Leipzig die Kunst einen neuen Mittelpunkt ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/387>, abgerufen am 01.09.2024.