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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band.

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lange ausreichen würde und weil serner den Russen ringsumher zu große Hilfs¬
quellen offen stehen.

Von den Kriegsschiffen, welche fortwährend auf dem schwarzen Meere kreuzen,
können immer schnell einige Regimenter an'ö Land geworfen werden und anch von
der Küstenbesatzung selbst lassen sich, bei der geringen Entfernung der Forts von
einander, immer in wenigen Tagen ein paar tausend Maun dislocircn.

Die Gesammtzahl der aus Linientruppen und tschornomorischen") Kosaken
bestehenden Besatzung ist 12,000 Mann oder 16 Bataillone, welche nach Maßgabe
der Wichtigkeit der Festungen solchergestalt vertheilt sind, daß aus größere Plätze,
wie Araya, Nvworoßiesk, Pitznnda, Bvmbvr u. s. w. ganze Ba¬
taillone, -- ans andere, wie G agra, Jlori u. f. w. mir ein paar hundert Manu, --
und auf ganz unbedeutende Plätze, wie Anaklia, nur ein paar Dutzend Kosaken
zur Aufrechterhaltung der Communication tourner.

Doch können, wie das in der Natur der Sache liegt, alle diese Bestimmungen
nur als trausitorische betrachtet werdeu, denn die Wichtigkeit eiues Platzes häugt
hier immer ab von der mehr oder minder feindlichen Stimmung des Landes, dessen
Grenzposten gegen das Meer er bildet.

Plätze, deren Gründung in das Alterthum zurückreicht, wie Anaklia (das
griechische Heraklea), haben von ihrer frühern Glorie nichts als einen cor-
rnmpirten Namen behalten, während andere, die ihre Gründung der neuesten
Zeit verdanken, wie NoworoßieSk, im Laufe der nächsten Jahrzehnte zu blühenden
Städten emporwachsen werden, wenn das Schicksal der russischen Machtausdehnung
nicht bald das hemmende Wort entgcgcnruft: "Bis Hieher sollst Du kommen
und nicht weiter; hier sollen sich legen Deine stolzen Wellen!"




Das von den oben bezeichneten Festungen umsäumte Küstenland des Pontus,
welches den Schauplatz der folgenden Erzählungen bildet, unterscheidet sich seiner
Natur und Bevölkerung nach wesentlich von denjenigen Ländern, wo Imam
Schamyl seinen Verzweiflungskampf gegen die Russen kämpft.

Während die Völkerschaften desDaghestan, (des eigentlichen Schauplatzes
des "heiligen Krieges") ans ihrer frühern Zersplitterung durch Schamyl's
mächtige Hand zu einer staatlichen Gemeinschaft vereinigt wurden, welche mehr
und mehr den Charakter einer Theokratie annimmt, -- sind die zwischen dem Kuban
und dem schwarzen Meere hausenden Völker des westlichen Kaukasus durch nichts
zu bewegen gewesen, ihr altes freies Stammcsleben einem centralisirendeu Staats¬
verbande zu opfern.



Von 'rseKomHs mors: de>S schwarze Meer.
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lange ausreichen würde und weil serner den Russen ringsumher zu große Hilfs¬
quellen offen stehen.

Von den Kriegsschiffen, welche fortwährend auf dem schwarzen Meere kreuzen,
können immer schnell einige Regimenter an'ö Land geworfen werden und anch von
der Küstenbesatzung selbst lassen sich, bei der geringen Entfernung der Forts von
einander, immer in wenigen Tagen ein paar tausend Maun dislocircn.

Die Gesammtzahl der aus Linientruppen und tschornomorischen") Kosaken
bestehenden Besatzung ist 12,000 Mann oder 16 Bataillone, welche nach Maßgabe
der Wichtigkeit der Festungen solchergestalt vertheilt sind, daß aus größere Plätze,
wie Araya, Nvworoßiesk, Pitznnda, Bvmbvr u. s. w. ganze Ba¬
taillone, — ans andere, wie G agra, Jlori u. f. w. mir ein paar hundert Manu, —
und auf ganz unbedeutende Plätze, wie Anaklia, nur ein paar Dutzend Kosaken
zur Aufrechterhaltung der Communication tourner.

Doch können, wie das in der Natur der Sache liegt, alle diese Bestimmungen
nur als trausitorische betrachtet werdeu, denn die Wichtigkeit eiues Platzes häugt
hier immer ab von der mehr oder minder feindlichen Stimmung des Landes, dessen
Grenzposten gegen das Meer er bildet.

Plätze, deren Gründung in das Alterthum zurückreicht, wie Anaklia (das
griechische Heraklea), haben von ihrer frühern Glorie nichts als einen cor-
rnmpirten Namen behalten, während andere, die ihre Gründung der neuesten
Zeit verdanken, wie NoworoßieSk, im Laufe der nächsten Jahrzehnte zu blühenden
Städten emporwachsen werden, wenn das Schicksal der russischen Machtausdehnung
nicht bald das hemmende Wort entgcgcnruft: „Bis Hieher sollst Du kommen
und nicht weiter; hier sollen sich legen Deine stolzen Wellen!"




Das von den oben bezeichneten Festungen umsäumte Küstenland des Pontus,
welches den Schauplatz der folgenden Erzählungen bildet, unterscheidet sich seiner
Natur und Bevölkerung nach wesentlich von denjenigen Ländern, wo Imam
Schamyl seinen Verzweiflungskampf gegen die Russen kämpft.

Während die Völkerschaften desDaghestan, (des eigentlichen Schauplatzes
des „heiligen Krieges") ans ihrer frühern Zersplitterung durch Schamyl's
mächtige Hand zu einer staatlichen Gemeinschaft vereinigt wurden, welche mehr
und mehr den Charakter einer Theokratie annimmt, — sind die zwischen dem Kuban
und dem schwarzen Meere hausenden Völker des westlichen Kaukasus durch nichts
zu bewegen gewesen, ihr altes freies Stammcsleben einem centralisirendeu Staats¬
verbande zu opfern.



Von 'rseKomHs mors: de>S schwarze Meer.
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[0379] lange ausreichen würde und weil serner den Russen ringsumher zu große Hilfs¬ quellen offen stehen. Von den Kriegsschiffen, welche fortwährend auf dem schwarzen Meere kreuzen, können immer schnell einige Regimenter an'ö Land geworfen werden und anch von der Küstenbesatzung selbst lassen sich, bei der geringen Entfernung der Forts von einander, immer in wenigen Tagen ein paar tausend Maun dislocircn. Die Gesammtzahl der aus Linientruppen und tschornomorischen") Kosaken bestehenden Besatzung ist 12,000 Mann oder 16 Bataillone, welche nach Maßgabe der Wichtigkeit der Festungen solchergestalt vertheilt sind, daß aus größere Plätze, wie Araya, Nvworoßiesk, Pitznnda, Bvmbvr u. s. w. ganze Ba¬ taillone, — ans andere, wie G agra, Jlori u. f. w. mir ein paar hundert Manu, — und auf ganz unbedeutende Plätze, wie Anaklia, nur ein paar Dutzend Kosaken zur Aufrechterhaltung der Communication tourner. Doch können, wie das in der Natur der Sache liegt, alle diese Bestimmungen nur als trausitorische betrachtet werdeu, denn die Wichtigkeit eiues Platzes häugt hier immer ab von der mehr oder minder feindlichen Stimmung des Landes, dessen Grenzposten gegen das Meer er bildet. Plätze, deren Gründung in das Alterthum zurückreicht, wie Anaklia (das griechische Heraklea), haben von ihrer frühern Glorie nichts als einen cor- rnmpirten Namen behalten, während andere, die ihre Gründung der neuesten Zeit verdanken, wie NoworoßieSk, im Laufe der nächsten Jahrzehnte zu blühenden Städten emporwachsen werden, wenn das Schicksal der russischen Machtausdehnung nicht bald das hemmende Wort entgcgcnruft: „Bis Hieher sollst Du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen Deine stolzen Wellen!" Das von den oben bezeichneten Festungen umsäumte Küstenland des Pontus, welches den Schauplatz der folgenden Erzählungen bildet, unterscheidet sich seiner Natur und Bevölkerung nach wesentlich von denjenigen Ländern, wo Imam Schamyl seinen Verzweiflungskampf gegen die Russen kämpft. Während die Völkerschaften desDaghestan, (des eigentlichen Schauplatzes des „heiligen Krieges") ans ihrer frühern Zersplitterung durch Schamyl's mächtige Hand zu einer staatlichen Gemeinschaft vereinigt wurden, welche mehr und mehr den Charakter einer Theokratie annimmt, — sind die zwischen dem Kuban und dem schwarzen Meere hausenden Völker des westlichen Kaukasus durch nichts zu bewegen gewesen, ihr altes freies Stammcsleben einem centralisirendeu Staats¬ verbande zu opfern. Von 'rseKomHs mors: de>S schwarze Meer. -57 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_85583/379>, abgerufen am 27.07.2024.