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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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Der Finanzminister, welcher die Druckmaschinen mit Erzeugung von Papiergeld
fortwährend beschäftigt, und die Lumpeusaunuler zu kaiserliche" Bergknappen erhob,
ist so naiv, im Muauzcmsweise zu schreiben, daß nur 17. Mill. deS Staats¬
aufwandes unbedeckt geblieben wären. Wenige Zeilen vorher mußte er selbst
herzählen, daß das Deficit durch unbedeckte Banknoten im Belaufe von ö/" Mill.,
durch unbedeckte Casseuauweisuugeu im Betrage von 38 Mill., durch unbedeckte
Tresorscheine im Betrage von 10 Millionen, durch unbedeckte ungarische Noten im
Betrage von 23 Mill., durch unbedeckte Kreuzerzettel im Betrage von Z Vy Mill.,
durch Abschlagszahlung eines Zwangsaulehnö im Betrage von 12 Millionen,
und durch ähnliche Maßnahmen im Wege des Zwangöeourses bedeckt wurden,
und dennoch genirt sich der Minister nicht, zu schreibe", nur 17 Millionen
seien unbedeckt geblieben. Das ganze im Kaiserstaat coursircude Geld ist ein un¬
bedecktes, da selbst die Bank kaum den 8. Theil der ausgegebenen Note" bedeckt hat.

Der optimistische Minister versteigt sich aber noch weiter, und meint, daß
"die ausgewiesenen Zahlen für die Zukunft Beruhigung gewähren"; er begründet
diese Beruhigung auf die Vervollständigung des Abgabeusystcms und
auf die Verminderung der außerordentliche" Ausgaben.

Die Nachtheile so enormer Steutrerhvhuuge" i" einer Periode, wo die Länder
durch Kriegslasten ausgepreßt sind und eben so Capitalien, wie Hände zum
Betriebe fehlen, bedürfe" keiner AuSeinauderseizung; der Blutumlauf des ganze"
Verkehrs muß durch diese Abzapfung leide", die nicht nach dein Maße seiner
Kraft, sondern nach beliebigem Bedarf stattfindet. Die Erhöhung einer Steuer
oder die Einführung einer neuen ist schon eine Last; allein mehre Steuern gleich¬
zeitig "beträchtlich" erhöhen, wie der Minister einen Zuschlag von 50"/g ne""t,
u"d in demselben Momente neue Steuern auslege", ist eine erdrückende Last.

Die Verminderung der Ausgabe" ist jedoch eine grobe Unwahrheit, eine
absichtliche Täuschung. Das Deficit des Vcrwaltnngsjahres 1850 wird kein ge¬
ringeres sei", als jenes des verflossene" Jahres. Der Minister hat in die Rech¬
nung für 1849 nicht einbezogen jene Ausgabe", welche i" Ungar" für Armee¬
bedürfnisse durch Requisitionen stattfanden, die aber jetzt erst zur Zahlung kamen;
erst dieser Tage mußte das Kriegsministerium eine scharfe Mahnung an sei"e
NechmmgSbeamten erlassen, die "och für das Militärjahr 1849 rückständigen
Ausweise endlich einzuliefern. Der Minister verschweigt absichtlich die ""geheuer"
Auslagen, welche zur Herstellung von Fortifieationswerken ihm abgefordert werden.
Der Minister wußte vielleicht am 0. Mai noch uicht, daß im Militärburea" des
Kaisers eine "cuc Adjüstirung des ganze" Heeres beschlösse" war, und bereits
einzelne Truppenabtheilungen mit Pickelhauben einhcrmarschiren, die bis ans eine
Klappe dem preußische" Muster nachgeahmt sind. Der Minister glaubt vielleicht,
daß die Einrichtung und Erhaltung von 17 Regimentern Gensdarmerie die Aus¬
gaben vermindern u. s. w.


Der Finanzminister, welcher die Druckmaschinen mit Erzeugung von Papiergeld
fortwährend beschäftigt, und die Lumpeusaunuler zu kaiserliche» Bergknappen erhob,
ist so naiv, im Muauzcmsweise zu schreiben, daß nur 17. Mill. deS Staats¬
aufwandes unbedeckt geblieben wären. Wenige Zeilen vorher mußte er selbst
herzählen, daß das Deficit durch unbedeckte Banknoten im Belaufe von ö/« Mill.,
durch unbedeckte Casseuauweisuugeu im Betrage von 38 Mill., durch unbedeckte
Tresorscheine im Betrage von 10 Millionen, durch unbedeckte ungarische Noten im
Betrage von 23 Mill., durch unbedeckte Kreuzerzettel im Betrage von Z Vy Mill.,
durch Abschlagszahlung eines Zwangsaulehnö im Betrage von 12 Millionen,
und durch ähnliche Maßnahmen im Wege des Zwangöeourses bedeckt wurden,
und dennoch genirt sich der Minister nicht, zu schreibe», nur 17 Millionen
seien unbedeckt geblieben. Das ganze im Kaiserstaat coursircude Geld ist ein un¬
bedecktes, da selbst die Bank kaum den 8. Theil der ausgegebenen Note» bedeckt hat.

Der optimistische Minister versteigt sich aber noch weiter, und meint, daß
„die ausgewiesenen Zahlen für die Zukunft Beruhigung gewähren"; er begründet
diese Beruhigung auf die Vervollständigung des Abgabeusystcms und
auf die Verminderung der außerordentliche» Ausgaben.

Die Nachtheile so enormer Steutrerhvhuuge» i» einer Periode, wo die Länder
durch Kriegslasten ausgepreßt sind und eben so Capitalien, wie Hände zum
Betriebe fehlen, bedürfe» keiner AuSeinauderseizung; der Blutumlauf des ganze»
Verkehrs muß durch diese Abzapfung leide», die nicht nach dein Maße seiner
Kraft, sondern nach beliebigem Bedarf stattfindet. Die Erhöhung einer Steuer
oder die Einführung einer neuen ist schon eine Last; allein mehre Steuern gleich¬
zeitig „beträchtlich" erhöhen, wie der Minister einen Zuschlag von 50"/g ne»»t,
u»d in demselben Momente neue Steuern auslege», ist eine erdrückende Last.

Die Verminderung der Ausgabe» ist jedoch eine grobe Unwahrheit, eine
absichtliche Täuschung. Das Deficit des Vcrwaltnngsjahres 1850 wird kein ge¬
ringeres sei», als jenes des verflossene» Jahres. Der Minister hat in die Rech¬
nung für 1849 nicht einbezogen jene Ausgabe», welche i» Ungar» für Armee¬
bedürfnisse durch Requisitionen stattfanden, die aber jetzt erst zur Zahlung kamen;
erst dieser Tage mußte das Kriegsministerium eine scharfe Mahnung an sei»e
NechmmgSbeamten erlassen, die »och für das Militärjahr 1849 rückständigen
Ausweise endlich einzuliefern. Der Minister verschweigt absichtlich die »»geheuer»
Auslagen, welche zur Herstellung von Fortifieationswerken ihm abgefordert werden.
Der Minister wußte vielleicht am 0. Mai noch uicht, daß im Militärburea» des
Kaisers eine »cuc Adjüstirung des ganze» Heeres beschlösse» war, und bereits
einzelne Truppenabtheilungen mit Pickelhauben einhcrmarschiren, die bis ans eine
Klappe dem preußische» Muster nachgeahmt sind. Der Minister glaubt vielleicht,
daß die Einrichtung und Erhaltung von 17 Regimentern Gensdarmerie die Aus¬
gaben vermindern u. s. w.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/511>, abgerufen am 22.07.2024.