Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.selber bitter darüber beklagt, daß wir keine Barrikaden aufbaue", daß wir unsere Es ist doch eigentlich eine sonderbare Zumuthung, die uns von den Vor¬ Wozu sollen wir Barrikaden aufrichten! Aus einem rein künstlerischen Zweck? -- Wir brauchen keine Barrikaden und keinen Straßentnmult, um für unsere Noch einen zweiten Vorwurf hat uns der Minister gemacht. Die Demokraten selber bitter darüber beklagt, daß wir keine Barrikaden aufbaue», daß wir unsere Es ist doch eigentlich eine sonderbare Zumuthung, die uns von den Vor¬ Wozu sollen wir Barrikaden aufrichten! Aus einem rein künstlerischen Zweck? — Wir brauchen keine Barrikaden und keinen Straßentnmult, um für unsere Noch einen zweiten Vorwurf hat uns der Minister gemacht. Die Demokraten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0490" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185827"/> <p xml:id="ID_1885" prev="#ID_1884"> selber bitter darüber beklagt, daß wir keine Barrikaden aufbaue», daß wir unsere<lb/> Opposition mit heuchlerischer Bosheit in den Schranken des Gesetzes zu halten<lb/> verstehen. Will er uus ins Gefängniß werfen ohne Urtheil? will er Dragonaden<lb/> in unser Hans legen, um unserer Gesinnung zu Leibe zu gehen? Ueberall, wo er<lb/> uns fasse» will, bindet ihn die Kette des Gesetzes, und er muß sich damit be¬<lb/> gnügen — ich will einen naheliegenden Vergleich unterdrücken — uns ,,unmäßig"<lb/> zu schelten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1886"> Es ist doch eigentlich eine sonderbare Zumuthung, die uns von den Vor¬<lb/> kämpfern für Thron und Altar mit so großer Leidenschaftlichkeit gestellt wird. Wir<lb/> sollen eine Emente machen! Barrikaden bauen! uus Preßvergehen zu Schulden<lb/> kommen lassen! — Es ist geradeso, als wenn Freund Haynan die Komorner<lb/> Besatzung aufgefordert hätte, sich auf freiem Felde mit ihm zu schlagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1887"> Wozu sollen wir Barrikaden aufrichten! Aus einem rein künstlerischen Zweck? —<lb/> Uns scheint das Pflaster eine angemessenere Bestimmung zu haben, und Equipagen,<lb/> Mehlsäcke, Tische, Stühle, Schulbänke u. s. w. in reizender Verwirrung dnrch-<lb/> einanderzuwersen, scheint uns mehr romantisch als zweckmäßig. — Warum sollen<lb/> mir schreiend ans der Straße herumlaufen? So lange uns noch Locale geöffnet<lb/> sind, wo nicht die Kraft der Lunge, sondern die Gewalt der Gründe entscheidet.<lb/> Warum sollen wir Emeuten anzetteln? da wir mit den Individuen, die von dieser<lb/> Beschäftigung Profession machen, nichts gemein haben, und da wir die ersten sind,<lb/> die von anarchische^ Zuständen zu leiden haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1888"> Wir brauchen keine Barrikaden und keinen Straßentnmult, um für unsere<lb/> Zwecke thätig zu sein. Wir glauben zwar nicht mit Arnold Ruge, daß man Ka¬<lb/> nonen mit Ideen laden soll, aber wir glauben, daß eine Idee anch ohne Kanonen<lb/> Propaganda macht; wir glauben es, weil wir es wissen. Wenn Hr. v. d. Pfordten<lb/> sich davon überzeugen will, so möge er sich einmal in Sachsen umsehen. Noch<lb/> vor drei Jahren hätte man einen Jeden, der für einen engen Anschluß an Preußen<lb/> agitirt hätte, für toll erklärt. Heute sind drei Viertel der Gebildeten davon über¬<lb/> zeugt, daß auf andere Weise für Sachsen kein Heil zu finden sei. Zuerst waren<lb/> es nnr die „Professoren", die man anklagte, dann die „Bourgeoisie", jetzt haben<lb/> die Koryphäen der Legitimität, die Herren Haye und Marbach, entdeckt, daß<lb/> anch der größere Theil der „Bureaukratie" inficirt sei. Aber es fangen auch schon<lb/> die gebildeten Demokraten an, sich dieser Ueberzeugung zuzuwenden, obgleich sie<lb/> noch immer nicht unterlassen können, ans Diejenigen zu schelten, die vor ihnen<lb/> zu Verstände gekommen sind. — Wie aber die Sache in Sachsen steht, wird<lb/> diese öffentliche Meinung anch ans die Regierung zuletzt einwirken; denn die<lb/> öffentliche Meinung leitet die Wahlen, und die Wahlen entscheiden über den Geld¬<lb/> beutel des Staats. - Oder der Minister kann anch in dem hartköpfigsten aller<lb/> deutschen Stämme, dem schwäbischen, nachfühlen, wie die Ideen sich fortpflanzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1889" next="#ID_1890"> Noch einen zweiten Vorwurf hat uns der Minister gemacht. Die Demokraten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0490]
selber bitter darüber beklagt, daß wir keine Barrikaden aufbaue», daß wir unsere
Opposition mit heuchlerischer Bosheit in den Schranken des Gesetzes zu halten
verstehen. Will er uus ins Gefängniß werfen ohne Urtheil? will er Dragonaden
in unser Hans legen, um unserer Gesinnung zu Leibe zu gehen? Ueberall, wo er
uns fasse» will, bindet ihn die Kette des Gesetzes, und er muß sich damit be¬
gnügen — ich will einen naheliegenden Vergleich unterdrücken — uns ,,unmäßig"
zu schelten.
Es ist doch eigentlich eine sonderbare Zumuthung, die uns von den Vor¬
kämpfern für Thron und Altar mit so großer Leidenschaftlichkeit gestellt wird. Wir
sollen eine Emente machen! Barrikaden bauen! uus Preßvergehen zu Schulden
kommen lassen! — Es ist geradeso, als wenn Freund Haynan die Komorner
Besatzung aufgefordert hätte, sich auf freiem Felde mit ihm zu schlagen.
Wozu sollen wir Barrikaden aufrichten! Aus einem rein künstlerischen Zweck? —
Uns scheint das Pflaster eine angemessenere Bestimmung zu haben, und Equipagen,
Mehlsäcke, Tische, Stühle, Schulbänke u. s. w. in reizender Verwirrung dnrch-
einanderzuwersen, scheint uns mehr romantisch als zweckmäßig. — Warum sollen
mir schreiend ans der Straße herumlaufen? So lange uns noch Locale geöffnet
sind, wo nicht die Kraft der Lunge, sondern die Gewalt der Gründe entscheidet.
Warum sollen wir Emeuten anzetteln? da wir mit den Individuen, die von dieser
Beschäftigung Profession machen, nichts gemein haben, und da wir die ersten sind,
die von anarchische^ Zuständen zu leiden haben.
Wir brauchen keine Barrikaden und keinen Straßentnmult, um für unsere
Zwecke thätig zu sein. Wir glauben zwar nicht mit Arnold Ruge, daß man Ka¬
nonen mit Ideen laden soll, aber wir glauben, daß eine Idee anch ohne Kanonen
Propaganda macht; wir glauben es, weil wir es wissen. Wenn Hr. v. d. Pfordten
sich davon überzeugen will, so möge er sich einmal in Sachsen umsehen. Noch
vor drei Jahren hätte man einen Jeden, der für einen engen Anschluß an Preußen
agitirt hätte, für toll erklärt. Heute sind drei Viertel der Gebildeten davon über¬
zeugt, daß auf andere Weise für Sachsen kein Heil zu finden sei. Zuerst waren
es nnr die „Professoren", die man anklagte, dann die „Bourgeoisie", jetzt haben
die Koryphäen der Legitimität, die Herren Haye und Marbach, entdeckt, daß
anch der größere Theil der „Bureaukratie" inficirt sei. Aber es fangen auch schon
die gebildeten Demokraten an, sich dieser Ueberzeugung zuzuwenden, obgleich sie
noch immer nicht unterlassen können, ans Diejenigen zu schelten, die vor ihnen
zu Verstände gekommen sind. — Wie aber die Sache in Sachsen steht, wird
diese öffentliche Meinung anch ans die Regierung zuletzt einwirken; denn die
öffentliche Meinung leitet die Wahlen, und die Wahlen entscheiden über den Geld¬
beutel des Staats. - Oder der Minister kann anch in dem hartköpfigsten aller
deutschen Stämme, dem schwäbischen, nachfühlen, wie die Ideen sich fortpflanzen.
Noch einen zweiten Vorwurf hat uns der Minister gemacht. Die Demokraten
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