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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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vom -4. März an den Straßenecken Wiens angeheftet erschien" (Seite ^i). "In¬
dessen," sagt der Verfasser Seite 8 und 9: "der Schritt war gethan, die Krisis
der ungarischen Zustände hieß die Vertrauensmänner ihre persönliche (?) Krän¬
kung vergessen, um von den Clemenlen des ungarischen Staatslebens dasjenige
zu retten, was mit der politischen Verfassung, zu welcher ganz Oestreich gelangt
war, vereinbar und unumgänglich nothwendig war, um Ungarn mit der neuen
Charte auszusöhnen." Auf Verlangen der Minister traten also die Vertrauens¬
männer wieder zusammen und "gingen rasch ans Werk, um auf den Trüm¬
mern ihrer getäuschten Hoffnungen eine wenigstens mögliche Zukunft
für die Verfassung vom 4. März (?) zu begründen." Bei diesen Berathungen
fanden die aufgestellten Principien selbst bei Minister Bach Anklang und man war
gewillt "die historischen Institutionen Ungarns, insofern sie den Bestim¬
mungen der Reichsverfassung uicht widersprechen, ihrem Wesen nach beizubehalten,
und das Prineip der Gleichberechtigung, ohne Theilung des Laudes "ach Natio¬
nalitäten, auf eine für Ungarn mögliche Weise und ohne Kränkung der
nur auf ihr richtiges Maß zurückgeführten ungarisch-nationalen Wünsche durchzu¬
führen." Allein auch jetzt wurden die Vertrauensmänner in ihrem Vertrauen
getäuscht, deun "schon hatten sie den Entwurf eines Provisoriums
ausgearbeitet und dem Ministerium vorgelegt, als Fürst Windischgrätz vom
Armee - Commando zurückberufen, und einige Zeit darauf zu ihrer nicht geringen
Ueberraschung uach dreimonatlicher Berathung im Juni 1849 Baron Gehringer
zum bevollmächtigten Civil-Conunissär für Ungarn ernannt und mit einer ohne
Mitwirkung der ungarischen Vertrauensmänner ausgearbeiteten In-
struction für die Civiladministration nach Pesth abgesendet wurde" u. s. w.

Ans diesen schon an und für sich sehr interessanten, und dein Publicum bis
seht ganz unbekannten Thatsachen ersehen wir, daß die Vierundzwanzig des Me¬
morandums und die Vertrauensmänner Stadion's und' Lach's in genauesten
Verhältniß zu einander stehen, ja wir finden Namen, wie: Georg Appongi,
Call Desseöwfy, Joseph Urmängi und Samuel Josika sowohl uuter den
"zweimal getäuschten" Vertrauensmännern, als unter den "der freudigen
Z u versi es t si es h i u g e b e üben" Denkschriststellern ; andere wieder, wie Ambrözy,
Pe-esp, Babarezy und Spinnag schmückten das Memorandum, nachdem sie ihre
bereits übernommenen Aemter niedergelegt hatten; ferner daß der Verfasser von
"Ungarns Gegenwart", als bekannter Alreonservativer, die Klagen seiner Partei
dem Volke mittheilen und das verkehrte Verfahren der Negierung dem Urtheil
der Welt vorlegen will. Nun aber hätten wir mit Recht erwarten dürfen, daß Herr
Zsed<api, nach den obenerwähnten Antecedentien, und in Rücksicht des "blinden
Vertrauens, mit welchem", wie er nicht ganz mit Unrecht behauptet, "die Bevöl¬
kerung jedes Stammes in Ungarn sich in Fragen des öffentlichen Lebens an den
besitzenden Adel wendet", uns die löblichen Absichten der conservativen Partei in


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vom -4. März an den Straßenecken Wiens angeheftet erschien" (Seite ^i). „In¬
dessen," sagt der Verfasser Seite 8 und 9: „der Schritt war gethan, die Krisis
der ungarischen Zustände hieß die Vertrauensmänner ihre persönliche (?) Krän¬
kung vergessen, um von den Clemenlen des ungarischen Staatslebens dasjenige
zu retten, was mit der politischen Verfassung, zu welcher ganz Oestreich gelangt
war, vereinbar und unumgänglich nothwendig war, um Ungarn mit der neuen
Charte auszusöhnen." Auf Verlangen der Minister traten also die Vertrauens¬
männer wieder zusammen und „gingen rasch ans Werk, um auf den Trüm¬
mern ihrer getäuschten Hoffnungen eine wenigstens mögliche Zukunft
für die Verfassung vom 4. März (?) zu begründen." Bei diesen Berathungen
fanden die aufgestellten Principien selbst bei Minister Bach Anklang und man war
gewillt „die historischen Institutionen Ungarns, insofern sie den Bestim¬
mungen der Reichsverfassung uicht widersprechen, ihrem Wesen nach beizubehalten,
und das Prineip der Gleichberechtigung, ohne Theilung des Laudes «ach Natio¬
nalitäten, auf eine für Ungarn mögliche Weise und ohne Kränkung der
nur auf ihr richtiges Maß zurückgeführten ungarisch-nationalen Wünsche durchzu¬
führen." Allein auch jetzt wurden die Vertrauensmänner in ihrem Vertrauen
getäuscht, deun „schon hatten sie den Entwurf eines Provisoriums
ausgearbeitet und dem Ministerium vorgelegt, als Fürst Windischgrätz vom
Armee - Commando zurückberufen, und einige Zeit darauf zu ihrer nicht geringen
Ueberraschung uach dreimonatlicher Berathung im Juni 1849 Baron Gehringer
zum bevollmächtigten Civil-Conunissär für Ungarn ernannt und mit einer ohne
Mitwirkung der ungarischen Vertrauensmänner ausgearbeiteten In-
struction für die Civiladministration nach Pesth abgesendet wurde" u. s. w.

Ans diesen schon an und für sich sehr interessanten, und dein Publicum bis
seht ganz unbekannten Thatsachen ersehen wir, daß die Vierundzwanzig des Me¬
morandums und die Vertrauensmänner Stadion's und' Lach's in genauesten
Verhältniß zu einander stehen, ja wir finden Namen, wie: Georg Appongi,
Call Desseöwfy, Joseph Urmängi und Samuel Josika sowohl uuter den
„zweimal getäuschten" Vertrauensmännern, als unter den „der freudigen
Z u versi es t si es h i u g e b e üben" Denkschriststellern ; andere wieder, wie Ambrözy,
Pe-esp, Babarezy und Spinnag schmückten das Memorandum, nachdem sie ihre
bereits übernommenen Aemter niedergelegt hatten; ferner daß der Verfasser von
„Ungarns Gegenwart", als bekannter Alreonservativer, die Klagen seiner Partei
dem Volke mittheilen und das verkehrte Verfahren der Negierung dem Urtheil
der Welt vorlegen will. Nun aber hätten wir mit Recht erwarten dürfen, daß Herr
Zsed<api, nach den obenerwähnten Antecedentien, und in Rücksicht des „blinden
Vertrauens, mit welchem", wie er nicht ganz mit Unrecht behauptet, „die Bevöl¬
kerung jedes Stammes in Ungarn sich in Fragen des öffentlichen Lebens an den
besitzenden Adel wendet", uns die löblichen Absichten der conservativen Partei in


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[0395] vom -4. März an den Straßenecken Wiens angeheftet erschien" (Seite ^i). „In¬ dessen," sagt der Verfasser Seite 8 und 9: „der Schritt war gethan, die Krisis der ungarischen Zustände hieß die Vertrauensmänner ihre persönliche (?) Krän¬ kung vergessen, um von den Clemenlen des ungarischen Staatslebens dasjenige zu retten, was mit der politischen Verfassung, zu welcher ganz Oestreich gelangt war, vereinbar und unumgänglich nothwendig war, um Ungarn mit der neuen Charte auszusöhnen." Auf Verlangen der Minister traten also die Vertrauens¬ männer wieder zusammen und „gingen rasch ans Werk, um auf den Trüm¬ mern ihrer getäuschten Hoffnungen eine wenigstens mögliche Zukunft für die Verfassung vom 4. März (?) zu begründen." Bei diesen Berathungen fanden die aufgestellten Principien selbst bei Minister Bach Anklang und man war gewillt „die historischen Institutionen Ungarns, insofern sie den Bestim¬ mungen der Reichsverfassung uicht widersprechen, ihrem Wesen nach beizubehalten, und das Prineip der Gleichberechtigung, ohne Theilung des Laudes «ach Natio¬ nalitäten, auf eine für Ungarn mögliche Weise und ohne Kränkung der nur auf ihr richtiges Maß zurückgeführten ungarisch-nationalen Wünsche durchzu¬ führen." Allein auch jetzt wurden die Vertrauensmänner in ihrem Vertrauen getäuscht, deun „schon hatten sie den Entwurf eines Provisoriums ausgearbeitet und dem Ministerium vorgelegt, als Fürst Windischgrätz vom Armee - Commando zurückberufen, und einige Zeit darauf zu ihrer nicht geringen Ueberraschung uach dreimonatlicher Berathung im Juni 1849 Baron Gehringer zum bevollmächtigten Civil-Conunissär für Ungarn ernannt und mit einer ohne Mitwirkung der ungarischen Vertrauensmänner ausgearbeiteten In- struction für die Civiladministration nach Pesth abgesendet wurde" u. s. w. Ans diesen schon an und für sich sehr interessanten, und dein Publicum bis seht ganz unbekannten Thatsachen ersehen wir, daß die Vierundzwanzig des Me¬ morandums und die Vertrauensmänner Stadion's und' Lach's in genauesten Verhältniß zu einander stehen, ja wir finden Namen, wie: Georg Appongi, Call Desseöwfy, Joseph Urmängi und Samuel Josika sowohl uuter den „zweimal getäuschten" Vertrauensmännern, als unter den „der freudigen Z u versi es t si es h i u g e b e üben" Denkschriststellern ; andere wieder, wie Ambrözy, Pe-esp, Babarezy und Spinnag schmückten das Memorandum, nachdem sie ihre bereits übernommenen Aemter niedergelegt hatten; ferner daß der Verfasser von „Ungarns Gegenwart", als bekannter Alreonservativer, die Klagen seiner Partei dem Volke mittheilen und das verkehrte Verfahren der Negierung dem Urtheil der Welt vorlegen will. Nun aber hätten wir mit Recht erwarten dürfen, daß Herr Zsed<api, nach den obenerwähnten Antecedentien, und in Rücksicht des „blinden Vertrauens, mit welchem", wie er nicht ganz mit Unrecht behauptet, „die Bevöl¬ kerung jedes Stammes in Ungarn sich in Fragen des öffentlichen Lebens an den besitzenden Adel wendet", uns die löblichen Absichten der conservativen Partei in 49*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/395>, abgerufen am 01.10.2024.