Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

welches Papier dann als schwebende Schuld nicht blos imJnlande, sondern auch
im Auslande wenigstens zum Course der Banknoten angenommen würde. Der
Reichstag konnte die Fesseln der Bank lösen u. tgi. Ein Oetroy des Kaisers,
eine Zwangsmaßregel des Ministeriums und die devote Begutachtung der Finauz-
commission sind nicht geeignet, die Lage zu verbessern.

Minister Kraus ließ sich daher auch gar nicht dnrch die Anwesenheit der
Finanzcommissiou in der Residenz beirren, und schrieb, während diese zur Wieder¬
herstellung des Vertrauens Beschlüsse faßte, ein Zwangsdarlehen für das Östrei¬
chische Italien ans. Voriges Jahr wurden dom <Il trösorv in der Druckerei
fabricirt; mau gab ihnen ZwangSconrS und zwar der Art, daß Jedermann die
Bezahlung einer Schuld zur Hälfte in klingendem Silber und zur Hälfte in diesen
ZMelli zum vollen Nominalwerthe annehmen mußte. Die taiserl. Beamten
und die Soldaten erhielten ihren Sold ebenfalls halb in Münze, halb in Papier,
und die Steuern wurden gleichfalls so gezahlt. Die italienischen Provinzen aber,
welche niemals Papiergeld circuliren sahen, sträubten sich aus Politik, wie aus be¬
gründetem Mißtrauen gegen dieses aufgedrungene Scheingeld und, gleichsam wie
verabredet, sank der Cours dieser Ziglielli gegen uivnczl.ii sonnmitv um 13 Procent.
Die Kaufleute verweigerten jedes Geschäft, das in anderer als klingender Münze
gebucht und abgemacht wurde, und die Kleinhändler schlugen den Verlust am
Papiergelde doppelt und dreifach ans ihre Warenpreise.

Diese praktische Opposition belehrte weder die Militärbehörde noch das Finanz¬
ministerium eines Bessern; sie schrieben der Böswilligkeit Einzelner zu, was nnr
das gerechte Mißtrauen Aller ist. Die in-MM wanderten endlich auch als Spe-
culationswaare an die Börsen von Trieft und Wien, und wurden wie Wechsel
schlechter Häuser mit größerem oder geringerem Verluste abgesetzt. Der Minister
glaubte dem Papiere einen höhern Werth zu verschaffen, wenn er den Zwaugscours
dasür auch in den nichtitalienischen Provinzen anberaumte; es kamen ohnehin
Streitsalle vor, wo italienische Kaufleute ihre in Graz oder Prag domicilirten
Wechsel mit dieser Papiermüuze decken wollten, deren Annahme wieder die Gläu¬
biger verweigerten.

Nach Jahresfrist dieses Wirrwarrs greift der Minister endlich zur Aushilfe
eines AulehcuS. Er will 1A) Millionen Lire in Staatspapieren emittiren, wo¬
gegen die Ziglwtti aus der Circulation gezogen werden sollen; angeblich existiren
nur 7t) Mill. Lire in Papier, und die Einzahlung für das neue Nnlehen soll halb
in Silber, halb in Papier geschehen.

Die Frage, ob das Ministerium berechtigt ist, ohne Gutheißung deö Reichs¬
tags eine Staatsschuld zu contrahiren, ist bei den obwaltenden Umständen eine
überflüssige. Noth kennt kein Gebot, am allerwenigsten ein konstitutionelles.

Der Minister selbst zweifelt daran, daß dieses Anlehen durch freiwillige Theil¬
nahme zu Stande kommen werde, und droht daher mit weiteren Maßnahme",


welches Papier dann als schwebende Schuld nicht blos imJnlande, sondern auch
im Auslande wenigstens zum Course der Banknoten angenommen würde. Der
Reichstag konnte die Fesseln der Bank lösen u. tgi. Ein Oetroy des Kaisers,
eine Zwangsmaßregel des Ministeriums und die devote Begutachtung der Finauz-
commission sind nicht geeignet, die Lage zu verbessern.

Minister Kraus ließ sich daher auch gar nicht dnrch die Anwesenheit der
Finanzcommissiou in der Residenz beirren, und schrieb, während diese zur Wieder¬
herstellung des Vertrauens Beschlüsse faßte, ein Zwangsdarlehen für das Östrei¬
chische Italien ans. Voriges Jahr wurden dom <Il trösorv in der Druckerei
fabricirt; mau gab ihnen ZwangSconrS und zwar der Art, daß Jedermann die
Bezahlung einer Schuld zur Hälfte in klingendem Silber und zur Hälfte in diesen
ZMelli zum vollen Nominalwerthe annehmen mußte. Die taiserl. Beamten
und die Soldaten erhielten ihren Sold ebenfalls halb in Münze, halb in Papier,
und die Steuern wurden gleichfalls so gezahlt. Die italienischen Provinzen aber,
welche niemals Papiergeld circuliren sahen, sträubten sich aus Politik, wie aus be¬
gründetem Mißtrauen gegen dieses aufgedrungene Scheingeld und, gleichsam wie
verabredet, sank der Cours dieser Ziglielli gegen uivnczl.ii sonnmitv um 13 Procent.
Die Kaufleute verweigerten jedes Geschäft, das in anderer als klingender Münze
gebucht und abgemacht wurde, und die Kleinhändler schlugen den Verlust am
Papiergelde doppelt und dreifach ans ihre Warenpreise.

Diese praktische Opposition belehrte weder die Militärbehörde noch das Finanz¬
ministerium eines Bessern; sie schrieben der Böswilligkeit Einzelner zu, was nnr
das gerechte Mißtrauen Aller ist. Die in-MM wanderten endlich auch als Spe-
culationswaare an die Börsen von Trieft und Wien, und wurden wie Wechsel
schlechter Häuser mit größerem oder geringerem Verluste abgesetzt. Der Minister
glaubte dem Papiere einen höhern Werth zu verschaffen, wenn er den Zwaugscours
dasür auch in den nichtitalienischen Provinzen anberaumte; es kamen ohnehin
Streitsalle vor, wo italienische Kaufleute ihre in Graz oder Prag domicilirten
Wechsel mit dieser Papiermüuze decken wollten, deren Annahme wieder die Gläu¬
biger verweigerten.

Nach Jahresfrist dieses Wirrwarrs greift der Minister endlich zur Aushilfe
eines AulehcuS. Er will 1A) Millionen Lire in Staatspapieren emittiren, wo¬
gegen die Ziglwtti aus der Circulation gezogen werden sollen; angeblich existiren
nur 7t) Mill. Lire in Papier, und die Einzahlung für das neue Nnlehen soll halb
in Silber, halb in Papier geschehen.

Die Frage, ob das Ministerium berechtigt ist, ohne Gutheißung deö Reichs¬
tags eine Staatsschuld zu contrahiren, ist bei den obwaltenden Umständen eine
überflüssige. Noth kennt kein Gebot, am allerwenigsten ein konstitutionelles.

Der Minister selbst zweifelt daran, daß dieses Anlehen durch freiwillige Theil¬
nahme zu Stande kommen werde, und droht daher mit weiteren Maßnahme»,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0268" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185605"/>
            <p xml:id="ID_936" prev="#ID_935"> welches Papier dann als schwebende Schuld nicht blos imJnlande, sondern auch<lb/>
im Auslande wenigstens zum Course der Banknoten angenommen würde. Der<lb/>
Reichstag konnte die Fesseln der Bank lösen u. tgi. Ein Oetroy des Kaisers,<lb/>
eine Zwangsmaßregel des Ministeriums und die devote Begutachtung der Finauz-<lb/>
commission sind nicht geeignet, die Lage zu verbessern.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_937"> Minister Kraus ließ sich daher auch gar nicht dnrch die Anwesenheit der<lb/>
Finanzcommissiou in der Residenz beirren, und schrieb, während diese zur Wieder¬<lb/>
herstellung des Vertrauens Beschlüsse faßte, ein Zwangsdarlehen für das Östrei¬<lb/>
chische Italien ans. Voriges Jahr wurden dom &lt;Il trösorv in der Druckerei<lb/>
fabricirt; mau gab ihnen ZwangSconrS und zwar der Art, daß Jedermann die<lb/>
Bezahlung einer Schuld zur Hälfte in klingendem Silber und zur Hälfte in diesen<lb/>
ZMelli zum vollen Nominalwerthe annehmen mußte. Die taiserl. Beamten<lb/>
und die Soldaten erhielten ihren Sold ebenfalls halb in Münze, halb in Papier,<lb/>
und die Steuern wurden gleichfalls so gezahlt. Die italienischen Provinzen aber,<lb/>
welche niemals Papiergeld circuliren sahen, sträubten sich aus Politik, wie aus be¬<lb/>
gründetem Mißtrauen gegen dieses aufgedrungene Scheingeld und, gleichsam wie<lb/>
verabredet, sank der Cours dieser Ziglielli gegen uivnczl.ii sonnmitv um 13 Procent.<lb/>
Die Kaufleute verweigerten jedes Geschäft, das in anderer als klingender Münze<lb/>
gebucht und abgemacht wurde, und die Kleinhändler schlugen den Verlust am<lb/>
Papiergelde doppelt und dreifach ans ihre Warenpreise.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_938"> Diese praktische Opposition belehrte weder die Militärbehörde noch das Finanz¬<lb/>
ministerium eines Bessern; sie schrieben der Böswilligkeit Einzelner zu, was nnr<lb/>
das gerechte Mißtrauen Aller ist. Die in-MM wanderten endlich auch als Spe-<lb/>
culationswaare an die Börsen von Trieft und Wien, und wurden wie Wechsel<lb/>
schlechter Häuser mit größerem oder geringerem Verluste abgesetzt. Der Minister<lb/>
glaubte dem Papiere einen höhern Werth zu verschaffen, wenn er den Zwaugscours<lb/>
dasür auch in den nichtitalienischen Provinzen anberaumte; es kamen ohnehin<lb/>
Streitsalle vor, wo italienische Kaufleute ihre in Graz oder Prag domicilirten<lb/>
Wechsel mit dieser Papiermüuze decken wollten, deren Annahme wieder die Gläu¬<lb/>
biger verweigerten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_939"> Nach Jahresfrist dieses Wirrwarrs greift der Minister endlich zur Aushilfe<lb/>
eines AulehcuS. Er will 1A) Millionen Lire in Staatspapieren emittiren, wo¬<lb/>
gegen die Ziglwtti aus der Circulation gezogen werden sollen; angeblich existiren<lb/>
nur 7t) Mill. Lire in Papier, und die Einzahlung für das neue Nnlehen soll halb<lb/>
in Silber, halb in Papier geschehen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_940"> Die Frage, ob das Ministerium berechtigt ist, ohne Gutheißung deö Reichs¬<lb/>
tags eine Staatsschuld zu contrahiren, ist bei den obwaltenden Umständen eine<lb/>
überflüssige.  Noth kennt kein Gebot, am allerwenigsten ein konstitutionelles.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_941" next="#ID_942"> Der Minister selbst zweifelt daran, daß dieses Anlehen durch freiwillige Theil¬<lb/>
nahme zu Stande kommen werde, und droht daher mit weiteren Maßnahme»,</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0268] welches Papier dann als schwebende Schuld nicht blos imJnlande, sondern auch im Auslande wenigstens zum Course der Banknoten angenommen würde. Der Reichstag konnte die Fesseln der Bank lösen u. tgi. Ein Oetroy des Kaisers, eine Zwangsmaßregel des Ministeriums und die devote Begutachtung der Finauz- commission sind nicht geeignet, die Lage zu verbessern. Minister Kraus ließ sich daher auch gar nicht dnrch die Anwesenheit der Finanzcommissiou in der Residenz beirren, und schrieb, während diese zur Wieder¬ herstellung des Vertrauens Beschlüsse faßte, ein Zwangsdarlehen für das Östrei¬ chische Italien ans. Voriges Jahr wurden dom <Il trösorv in der Druckerei fabricirt; mau gab ihnen ZwangSconrS und zwar der Art, daß Jedermann die Bezahlung einer Schuld zur Hälfte in klingendem Silber und zur Hälfte in diesen ZMelli zum vollen Nominalwerthe annehmen mußte. Die taiserl. Beamten und die Soldaten erhielten ihren Sold ebenfalls halb in Münze, halb in Papier, und die Steuern wurden gleichfalls so gezahlt. Die italienischen Provinzen aber, welche niemals Papiergeld circuliren sahen, sträubten sich aus Politik, wie aus be¬ gründetem Mißtrauen gegen dieses aufgedrungene Scheingeld und, gleichsam wie verabredet, sank der Cours dieser Ziglielli gegen uivnczl.ii sonnmitv um 13 Procent. Die Kaufleute verweigerten jedes Geschäft, das in anderer als klingender Münze gebucht und abgemacht wurde, und die Kleinhändler schlugen den Verlust am Papiergelde doppelt und dreifach ans ihre Warenpreise. Diese praktische Opposition belehrte weder die Militärbehörde noch das Finanz¬ ministerium eines Bessern; sie schrieben der Böswilligkeit Einzelner zu, was nnr das gerechte Mißtrauen Aller ist. Die in-MM wanderten endlich auch als Spe- culationswaare an die Börsen von Trieft und Wien, und wurden wie Wechsel schlechter Häuser mit größerem oder geringerem Verluste abgesetzt. Der Minister glaubte dem Papiere einen höhern Werth zu verschaffen, wenn er den Zwaugscours dasür auch in den nichtitalienischen Provinzen anberaumte; es kamen ohnehin Streitsalle vor, wo italienische Kaufleute ihre in Graz oder Prag domicilirten Wechsel mit dieser Papiermüuze decken wollten, deren Annahme wieder die Gläu¬ biger verweigerten. Nach Jahresfrist dieses Wirrwarrs greift der Minister endlich zur Aushilfe eines AulehcuS. Er will 1A) Millionen Lire in Staatspapieren emittiren, wo¬ gegen die Ziglwtti aus der Circulation gezogen werden sollen; angeblich existiren nur 7t) Mill. Lire in Papier, und die Einzahlung für das neue Nnlehen soll halb in Silber, halb in Papier geschehen. Die Frage, ob das Ministerium berechtigt ist, ohne Gutheißung deö Reichs¬ tags eine Staatsschuld zu contrahiren, ist bei den obwaltenden Umständen eine überflüssige. Noth kennt kein Gebot, am allerwenigsten ein konstitutionelles. Der Minister selbst zweifelt daran, daß dieses Anlehen durch freiwillige Theil¬ nahme zu Stande kommen werde, und droht daher mit weiteren Maßnahme»,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/268
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/268>, abgerufen am 22.07.2024.