Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.Paris unter Louis Napoleon. 3. Aus Eugen Sue's Leben. Ich war eben beschäftigt, Ihnen eine Fortsetzung meiner Pariser Skizzen zu- Es lebten einst in Paris verschiedene Doctoren Tue, Leute von guten Ma¬ Dieser Sue-le-Fat hatte einen Sohn, der sich schon von frühester Kindheit Der ungerathene Sohn des Doctor Sue-le-Fat konnte es auch auf dem Nachdem er solchergestalt die Schule, das Colleg, den Hospital- und den Paris unter Louis Napoleon. 3. Aus Eugen Sue's Leben. Ich war eben beschäftigt, Ihnen eine Fortsetzung meiner Pariser Skizzen zu- Es lebten einst in Paris verschiedene Doctoren Tue, Leute von guten Ma¬ Dieser Sue-le-Fat hatte einen Sohn, der sich schon von frühester Kindheit Der ungerathene Sohn des Doctor Sue-le-Fat konnte es auch auf dem Nachdem er solchergestalt die Schule, das Colleg, den Hospital- und den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0258" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185595"/> </div> <div n="1"> <head> Paris unter Louis Napoleon.</head><lb/> <div n="2"> <head> 3.<lb/> Aus Eugen Sue's Leben.</head><lb/> <p xml:id="ID_904"> Ich war eben beschäftigt, Ihnen eine Fortsetzung meiner Pariser Skizzen zu-<lb/> schreiben, als die Alles in Bewegung Setzende Nachricht von der Wahl Eugen<lb/> Sue's hier eintraf. Wenn ich in Folge dessen die angefangene Arbeit bis zur<lb/> nächsten Woche bei Seite lege und Ihnen dafür heute etwas von Engen Tue<lb/> erzähle, so geschieht das uicht, »in weite Betrachtungen an das Bedeutungsvolle<lb/> der Wahl dieses Mannes zu knüpfen, sondern um Ihnen einige Einzelnheiten<lb/> aus seinem Leben mitzutheilen, die den meisten deutschen Lesern theilweise unbe¬<lb/> kannt sein dürften.</p><lb/> <p xml:id="ID_905"> Es lebten einst in Paris verschiedene Doctoren Tue, Leute von guten Ma¬<lb/> nieren und schlechten Sitten, von gutem Einkommen und schlechten: Auskommen,<lb/> weil ihrer Bedüfnisse gar zu viele waren. Nur Einer von Allen wußte trefflich<lb/> Haus zu halten und trotz seinem guten Leben ein großes Vermögen zu erübrigen.<lb/> Wegen seiner grenzenlosen Geckenhaftigkeit, die mit den Jahren zu wachsen schien,<lb/> nannte man ihn 8a<z-l<z-I<al., oder, nach der Aussprache des Volks, suMto (d. h.<lb/> schwefelgesäuert), uuter welchem seltsamen Namen man sich noch heutzutage in Paris<lb/> in den weitesten Kreisen seiner erinnert.</p><lb/> <p xml:id="ID_906"> Dieser Sue-le-Fat hatte einen Sohn, der sich schon von frühester Kindheit<lb/> an durch Leichtsinn und Haug zu lockerm Lebenswandel auszeichnete, so daß er<lb/> von allen Lehranstalten und Instituten als ein unbrauchbares Subject zurück¬<lb/> geschickt wurde und, unfähig sein Eramcn als Mediziner zu machen, eine unter¬<lb/> geordnete Stelle als Chirurgsgehilse bei einem Hospitale erhielt. Später gelang<lb/> es seinem Vater, ihm eine Anstellung auf einem Schiffe zu verschaffen, der ge¬<lb/> wöhnliche Weg, den in Frankreich Leute von Stand für ihre ungerathenen Kin¬<lb/> der einzuschlagen pflegen, in ähnlicher Weise, wie man die schlechten Waaren,<lb/> welche diesseits des Oceans uicht anzubringen sind, nach transatlantischen Hasen<lb/> verschifft.</p><lb/> <p xml:id="ID_907"> Der ungerathene Sohn des Doctor Sue-le-Fat konnte es auch auf dem<lb/> Meere uicht lauge aushalten; in Folge ernster Zänkereien mit dem Schiffsvolke<lb/> sah er sich genöthigt, seine Entlassung zu nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_908" next="#ID_909"> Nachdem er solchergestalt die Schule, das Colleg, den Hospital- und den<lb/> Seedienst durchlaufen hatte, kehrte er nach Paris zurück und gesellte sich jener<lb/> Classe eleganter Pflastertreter bei, welche nnter dem Titel ,,Lions" überall eine<lb/> so traurige Berühmtheit nud Nachahmung gefunden haben. Er hatte von seinem<lb/> Vater ein hinreichend großes Vermögen geerbt, um ein paar Jahre damit die aus-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0258]
Paris unter Louis Napoleon.
3.
Aus Eugen Sue's Leben.
Ich war eben beschäftigt, Ihnen eine Fortsetzung meiner Pariser Skizzen zu-
schreiben, als die Alles in Bewegung Setzende Nachricht von der Wahl Eugen
Sue's hier eintraf. Wenn ich in Folge dessen die angefangene Arbeit bis zur
nächsten Woche bei Seite lege und Ihnen dafür heute etwas von Engen Tue
erzähle, so geschieht das uicht, »in weite Betrachtungen an das Bedeutungsvolle
der Wahl dieses Mannes zu knüpfen, sondern um Ihnen einige Einzelnheiten
aus seinem Leben mitzutheilen, die den meisten deutschen Lesern theilweise unbe¬
kannt sein dürften.
Es lebten einst in Paris verschiedene Doctoren Tue, Leute von guten Ma¬
nieren und schlechten Sitten, von gutem Einkommen und schlechten: Auskommen,
weil ihrer Bedüfnisse gar zu viele waren. Nur Einer von Allen wußte trefflich
Haus zu halten und trotz seinem guten Leben ein großes Vermögen zu erübrigen.
Wegen seiner grenzenlosen Geckenhaftigkeit, die mit den Jahren zu wachsen schien,
nannte man ihn 8a<z-l<z-I<al., oder, nach der Aussprache des Volks, suMto (d. h.
schwefelgesäuert), uuter welchem seltsamen Namen man sich noch heutzutage in Paris
in den weitesten Kreisen seiner erinnert.
Dieser Sue-le-Fat hatte einen Sohn, der sich schon von frühester Kindheit
an durch Leichtsinn und Haug zu lockerm Lebenswandel auszeichnete, so daß er
von allen Lehranstalten und Instituten als ein unbrauchbares Subject zurück¬
geschickt wurde und, unfähig sein Eramcn als Mediziner zu machen, eine unter¬
geordnete Stelle als Chirurgsgehilse bei einem Hospitale erhielt. Später gelang
es seinem Vater, ihm eine Anstellung auf einem Schiffe zu verschaffen, der ge¬
wöhnliche Weg, den in Frankreich Leute von Stand für ihre ungerathenen Kin¬
der einzuschlagen pflegen, in ähnlicher Weise, wie man die schlechten Waaren,
welche diesseits des Oceans uicht anzubringen sind, nach transatlantischen Hasen
verschifft.
Der ungerathene Sohn des Doctor Sue-le-Fat konnte es auch auf dem
Meere uicht lauge aushalten; in Folge ernster Zänkereien mit dem Schiffsvolke
sah er sich genöthigt, seine Entlassung zu nehmen.
Nachdem er solchergestalt die Schule, das Colleg, den Hospital- und den
Seedienst durchlaufen hatte, kehrte er nach Paris zurück und gesellte sich jener
Classe eleganter Pflastertreter bei, welche nnter dem Titel ,,Lions" überall eine
so traurige Berühmtheit nud Nachahmung gefunden haben. Er hatte von seinem
Vater ein hinreichend großes Vermögen geerbt, um ein paar Jahre damit die aus-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |