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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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nac" u. s. w. bis zu dein von Allen dem Orden feindlichsten: "Hephata." Ver¬
geblich war die im Innern des Ordens lautwerdeude Entrüstung über diese
gedruckten Beweise eidbrüchiger Eingeweihter. Das Unglück war einmal geschehn:
alle Gebrauche der Zusammenkünfte, die sämmtlichen Geheimnisse der symbolischen
Zeichensprache waren nunmehr denen, die sie zu erfahren wünschten, verrathen.
Genan betrachtet, war das Unglück in seinen Folgen nicht groß, denn die Zug¬
kraft der Idee, welche der Freimaurerei zum Grunde liegt, war immer noch so
bedeutend, daß jener Verrath ihr im Ganzen wenig geschadet hat. Man pflegte
sich endlich mit dem Troste zu begnügen, ob man die maurerischen Ceremo-
nien in Wirklichkeit erlebe, oder ob mau ihre "och so genane Beschreibung in
den gedruckten Büchern lese, das sei ebenso verschieden, als ob man ein Musik¬
stück aufführen höre, oder ob man blos die Partitur desselben lese. Den Ver¬
fassern freilich, wären sie mit Gewißheit bekannt geworden, würden wohl viele
Unannehmlichkeiten erwachsen sein. Wurde doch gegen Schriftsteller, die in der
That das Beste des Ordens wollten, wegen ihrer öffentlichen Aussprüche über ihn,
von seinen Mitgliedern zuweilen sehr feindlich und ungerecht verfahren. Ein
Beispiel statt vieler gibt das Leben des bekannten deutschen Philosophen C. F. Krause,
Verfasser des gründlichsten historischen Wertes über den besprochenen Gegenstand:
"die drei ältesten Urkunden der Freimaurerei" (1810). Dasselbe siel in die Zeit,
wo wissenschaftliche Forschung in dieser Sache an die Stelle träumerischer
Systemsncht zu treten begann. Anstatt dem Verfasser zu danken, verfolgten ihn
viele kurzsichtige und eigensinnige Freimaurer und bereiteten ihm manchen Gram,
der seinen Tod beschleunigte. Wer mehr hierüber zu wissen wünscht, findet genug
in Lindemann's "Leben von Krause" (München 1839).

Die große Zeit der Wiedergeburt Deutschlands nach dem französischen Joch
war keineswegs für die maurerische Thätigkeit hinderlich, gab derselben vielmehr
reichen Stoff. Wir lassen es hier dahin gestellt, wie weit der geheime "Tugend-
bund" mit der Freimaurerei zusammengehangen habe, wenigstens ist außer Frage,
daß der Orden das innige Zusammenschließen von Männern aller Stände behufs
stiller Vorbereitung der Erhebung von 1813 wesentlich begünstigt hat. Man darf
nicht übersehen, daß die französischen Generale die Macht der "ma^onuerlk" im
ganzen Umfange kannten, und daß sie in jeder von ihnen besetzten deutschen
Stadt nichts Eiligeres zu thun hatten, als Logen abzuhalten, wozu sie die dort
wohnenden Eingeweihten brüderlichst einluden. Viele derselben kamen mit bluten¬
dem Herzen, doch kamen sie aus Neugier und weil sie mußten. Mancher Akt der
Schonung und Humanität, den die Franzosen hie und da ausübten, geschah
in Folge der Vermittelung vou Brüdern. Andrerseits spielten im deutschen Be¬
freiungsheer dieselben Angelegenheiten eine wichtige Rolle. Blücher hielt auf die
"Feldlogen" große Stücke, pflegte deren vor jeder bedeutenden Schlacht oft per-
onlich abzuhalten, weil er ihnen einen eben so mächtigen Einfluß auf das Gemüth,


nac" u. s. w. bis zu dein von Allen dem Orden feindlichsten: „Hephata." Ver¬
geblich war die im Innern des Ordens lautwerdeude Entrüstung über diese
gedruckten Beweise eidbrüchiger Eingeweihter. Das Unglück war einmal geschehn:
alle Gebrauche der Zusammenkünfte, die sämmtlichen Geheimnisse der symbolischen
Zeichensprache waren nunmehr denen, die sie zu erfahren wünschten, verrathen.
Genan betrachtet, war das Unglück in seinen Folgen nicht groß, denn die Zug¬
kraft der Idee, welche der Freimaurerei zum Grunde liegt, war immer noch so
bedeutend, daß jener Verrath ihr im Ganzen wenig geschadet hat. Man pflegte
sich endlich mit dem Troste zu begnügen, ob man die maurerischen Ceremo-
nien in Wirklichkeit erlebe, oder ob mau ihre »och so genane Beschreibung in
den gedruckten Büchern lese, das sei ebenso verschieden, als ob man ein Musik¬
stück aufführen höre, oder ob man blos die Partitur desselben lese. Den Ver¬
fassern freilich, wären sie mit Gewißheit bekannt geworden, würden wohl viele
Unannehmlichkeiten erwachsen sein. Wurde doch gegen Schriftsteller, die in der
That das Beste des Ordens wollten, wegen ihrer öffentlichen Aussprüche über ihn,
von seinen Mitgliedern zuweilen sehr feindlich und ungerecht verfahren. Ein
Beispiel statt vieler gibt das Leben des bekannten deutschen Philosophen C. F. Krause,
Verfasser des gründlichsten historischen Wertes über den besprochenen Gegenstand:
„die drei ältesten Urkunden der Freimaurerei" (1810). Dasselbe siel in die Zeit,
wo wissenschaftliche Forschung in dieser Sache an die Stelle träumerischer
Systemsncht zu treten begann. Anstatt dem Verfasser zu danken, verfolgten ihn
viele kurzsichtige und eigensinnige Freimaurer und bereiteten ihm manchen Gram,
der seinen Tod beschleunigte. Wer mehr hierüber zu wissen wünscht, findet genug
in Lindemann's „Leben von Krause" (München 1839).

Die große Zeit der Wiedergeburt Deutschlands nach dem französischen Joch
war keineswegs für die maurerische Thätigkeit hinderlich, gab derselben vielmehr
reichen Stoff. Wir lassen es hier dahin gestellt, wie weit der geheime „Tugend-
bund" mit der Freimaurerei zusammengehangen habe, wenigstens ist außer Frage,
daß der Orden das innige Zusammenschließen von Männern aller Stände behufs
stiller Vorbereitung der Erhebung von 1813 wesentlich begünstigt hat. Man darf
nicht übersehen, daß die französischen Generale die Macht der „ma^onuerlk" im
ganzen Umfange kannten, und daß sie in jeder von ihnen besetzten deutschen
Stadt nichts Eiligeres zu thun hatten, als Logen abzuhalten, wozu sie die dort
wohnenden Eingeweihten brüderlichst einluden. Viele derselben kamen mit bluten¬
dem Herzen, doch kamen sie aus Neugier und weil sie mußten. Mancher Akt der
Schonung und Humanität, den die Franzosen hie und da ausübten, geschah
in Folge der Vermittelung vou Brüdern. Andrerseits spielten im deutschen Be¬
freiungsheer dieselben Angelegenheiten eine wichtige Rolle. Blücher hielt auf die
„Feldlogen" große Stücke, pflegte deren vor jeder bedeutenden Schlacht oft per-
onlich abzuhalten, weil er ihnen einen eben so mächtigen Einfluß auf das Gemüth,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/254>, abgerufen am 22.07.2024.