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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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"Für den Augenblick, ja. Aber nachher, wenn sie sich zu vielen Tausenden
zusammenrotten, wenn sie selbst, die sich ans ihre Anhänglichkeit an den König berufen,
vom Militär unterstützt werden -- und es hat allen Anschein, daß dies geschehen
wird -- wie dann? Wie viele Compagnien Freiwillige, wie viele Schwadronen
Husaren haben Sie aufzuweisen? Sind sie doch leicht zu zählen! Und dann die
Sachsen, die ebenfalls die Partei der Walachen ergriffen haben --"

Bei der Erwähnung der Sachsen lächelte der Bergmann.

"Kennen Sie," sprach er, "die Geschichte von den Tausend Sachsen, die
durch einen Wald ziehen mußten und sich entsetzlich fürchteten --"

"Und denen ans ihre Bitte die Comitatsbehörde drei Szeklerhusaren zur Escorte
mitgab? Wenn auch die Sachsen keine Helden sind, so sind sie doch als Feinde
uicht zu verachten. Sie haben das Geld, die Walachen die unermeßliche Zahl
und die Erbitterung --"

"Und die Magyaren deu Patriotismus und deu Mund. Außerdem haben
wir hier noch die Szekler. In Agyagfalva im Szeklerlandc wird am 16. d. M.
große Volksversammlung sein. Man erwartet mehr als ZWO Szekler, wohlbe-
waffnete, patriotische Leute."

"Diese Leutchen dürften Ihrer Sache vielleicht mehr schaden, als nützen. Un-
gebändigt, nildiöciplinirt, raubgierig, wie sie mir geschildert worden, werden sie
vielleicht ausziehen, einige Tausend Walachen niedermetzeln, Dörfer niederbrennen
und ausplündern, und mit der Beute heimkehren, ohne Nutzen für die Sache
Ungarns gestiftet zu haben, ja sie werden ihren Feinden vielmehr Gelegenheit zu
schadenfrohem Hohne geben." --

Fürchten Sie das nicht. An der Spitze des Landsturms stehen die regu¬
lären Szetlerbataillone, diöciplinirte Leute, welche Excesse verhüten werden. --
Doch ich muß fort, sonst treffe ich zu spät in Enycd ein."

Wir nahmen Abschied von einander. Er bestieg sein Pferd, prüfte die Pisto¬
len, zeigte lächelnd aus seinen mächtigen Sarras, und sprengte im Galopp davon. --
Wenige Angenblicke nachher rollten drei schwerbepackte Reisewagen in den Garten,
es waren Verwandte, die ihr Landgut unfern M. Vüsürhely verlassen hatten, weil
anch in jener Gegend die Walachen unruhig zu werden begannen.




„Für den Augenblick, ja. Aber nachher, wenn sie sich zu vielen Tausenden
zusammenrotten, wenn sie selbst, die sich ans ihre Anhänglichkeit an den König berufen,
vom Militär unterstützt werden — und es hat allen Anschein, daß dies geschehen
wird — wie dann? Wie viele Compagnien Freiwillige, wie viele Schwadronen
Husaren haben Sie aufzuweisen? Sind sie doch leicht zu zählen! Und dann die
Sachsen, die ebenfalls die Partei der Walachen ergriffen haben —"

Bei der Erwähnung der Sachsen lächelte der Bergmann.

„Kennen Sie," sprach er, „die Geschichte von den Tausend Sachsen, die
durch einen Wald ziehen mußten und sich entsetzlich fürchteten —"

„Und denen ans ihre Bitte die Comitatsbehörde drei Szeklerhusaren zur Escorte
mitgab? Wenn auch die Sachsen keine Helden sind, so sind sie doch als Feinde
uicht zu verachten. Sie haben das Geld, die Walachen die unermeßliche Zahl
und die Erbitterung —"

„Und die Magyaren deu Patriotismus und deu Mund. Außerdem haben
wir hier noch die Szekler. In Agyagfalva im Szeklerlandc wird am 16. d. M.
große Volksversammlung sein. Man erwartet mehr als ZWO Szekler, wohlbe-
waffnete, patriotische Leute."

„Diese Leutchen dürften Ihrer Sache vielleicht mehr schaden, als nützen. Un-
gebändigt, nildiöciplinirt, raubgierig, wie sie mir geschildert worden, werden sie
vielleicht ausziehen, einige Tausend Walachen niedermetzeln, Dörfer niederbrennen
und ausplündern, und mit der Beute heimkehren, ohne Nutzen für die Sache
Ungarns gestiftet zu haben, ja sie werden ihren Feinden vielmehr Gelegenheit zu
schadenfrohem Hohne geben." —

Fürchten Sie das nicht. An der Spitze des Landsturms stehen die regu¬
lären Szetlerbataillone, diöciplinirte Leute, welche Excesse verhüten werden. —
Doch ich muß fort, sonst treffe ich zu spät in Enycd ein."

Wir nahmen Abschied von einander. Er bestieg sein Pferd, prüfte die Pisto¬
len, zeigte lächelnd aus seinen mächtigen Sarras, und sprengte im Galopp davon. —
Wenige Angenblicke nachher rollten drei schwerbepackte Reisewagen in den Garten,
es waren Verwandte, die ihr Landgut unfern M. Vüsürhely verlassen hatten, weil
anch in jener Gegend die Walachen unruhig zu werden begannen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/200>, abgerufen am 22.07.2024.