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Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band.

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vor lauter Unmuth einen Blumenstrauß nimmt nud ein paar Francs dafür hin¬
wirft. Das schmucke Weib eilt weiter und beginnt mit einem Dritten ihr blu¬
miges Spiel.

Wahrscheinlich verdient sie auf diese betriebsame Weise mehr damit als die
weltbekannte Fioriua von Florenz, die ebenfalls ungebeten jedem Fremden täglich
Blumen in's Knopfloch steckt, oder auf's Zimmer bringt, ohne jedoch etwas dafür
zu verlangen, sondern ruhig abwartend, daß der Fremde vor seiner Weiterreise
freiwillig ihr eine kleine Belohnung für ihre gespendete" Sträuschen gebe.

Wenn dn in Florenz über die Straße gehst, so kommt unversehens ein
hübsches Weib auf dich zngehüpst, steckt dir ein duftendes Sträuschen in'ö Knopf¬
loch und verschwindet sofort wieder, ohne nach Bezahlung zu fragen. Die Pa¬
riserinnen aber halten ihren Mann gleich fest und greifen nicht eher nach dem
zweiten Sträuschen, bis ihnen das erste zehnfach bezahlt ist. Unter den schmucken
Blumenhändlerinnen aus den Boulevards war eine, welche durch ihren Witz, ihre
Schlauheit und liebenswürdige Unverschämtheit allabendlich die ganze Männerwelt
vor den Cas" s in Bewegung setzte.

Am liebsten trieb sie ihr Spiel mit ernsten Engländern, und je steifer und
grimmiger das von ihr zum Kaufen erlesene Opfer aussah, desto leichtfertiger
sprang sie mit ihm um. Als sie einmal einen neben mir sitzenden, alten Engländer
dnrch Schäkereien aller Art zum Kaufen eines Stränschens bewogen hatte, und
er ihr 10 Sous dafür auf den Tisch legte, schob sie das Geld zurück mit den
Worten "Jhre?, je n'sino M8 Jo3 sous!"

vou" aimv/. Jos sol"?" fragte ich lachend.

"Il ^ "zu a taut!" entgegnete sie mit einem komischen Seufzer und streckte
dann ihre schöne Hand nach dem Engländer ans, um mehr Geld zu erlangen.
Der aber sagte ihr, wenn sie die 10 Sons nicht wolle, so möge sie die Blumen
zurücknehmen; er habe nur noch Goldstücke bei sich.

"So geben Sie mir ein Goldstück!"

"Das wäre ein schöner Preis für ein paar halbwelke Blumen!"

"Ich werde Ihr Gold nicht behalten, ich will es umwechseln im Cafe."

"Aber kann ich mich daraus verlassen?" fragte er in etwas mißtrauischem Tone.

Statt aller Autwort warf sie ihm einen verächtlichen Blick zu, ließ ihm die
Blumen und ging davon.

Er stand aus, holte sie ein und drückte ihr das Goldstück in die Hand und
kehrte dann mürrisch aus seinen Platz zurück.

Nach ein paar Minuten kam sie wieder, zählte ihm das eingewechselte Silber
vor, nahm ein Fnnffrankenstück davon, kniff den.Engländer in die Wange zur
Strafe für sein Mißtrauen und verlor sich dann unter der Menge.

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vor lauter Unmuth einen Blumenstrauß nimmt nud ein paar Francs dafür hin¬
wirft. Das schmucke Weib eilt weiter und beginnt mit einem Dritten ihr blu¬
miges Spiel.

Wahrscheinlich verdient sie auf diese betriebsame Weise mehr damit als die
weltbekannte Fioriua von Florenz, die ebenfalls ungebeten jedem Fremden täglich
Blumen in's Knopfloch steckt, oder auf's Zimmer bringt, ohne jedoch etwas dafür
zu verlangen, sondern ruhig abwartend, daß der Fremde vor seiner Weiterreise
freiwillig ihr eine kleine Belohnung für ihre gespendete» Sträuschen gebe.

Wenn dn in Florenz über die Straße gehst, so kommt unversehens ein
hübsches Weib auf dich zngehüpst, steckt dir ein duftendes Sträuschen in'ö Knopf¬
loch und verschwindet sofort wieder, ohne nach Bezahlung zu fragen. Die Pa¬
riserinnen aber halten ihren Mann gleich fest und greifen nicht eher nach dem
zweiten Sträuschen, bis ihnen das erste zehnfach bezahlt ist. Unter den schmucken
Blumenhändlerinnen aus den Boulevards war eine, welche durch ihren Witz, ihre
Schlauheit und liebenswürdige Unverschämtheit allabendlich die ganze Männerwelt
vor den Cas« s in Bewegung setzte.

Am liebsten trieb sie ihr Spiel mit ernsten Engländern, und je steifer und
grimmiger das von ihr zum Kaufen erlesene Opfer aussah, desto leichtfertiger
sprang sie mit ihm um. Als sie einmal einen neben mir sitzenden, alten Engländer
dnrch Schäkereien aller Art zum Kaufen eines Stränschens bewogen hatte, und
er ihr 10 Sous dafür auf den Tisch legte, schob sie das Geld zurück mit den
Worten „Jhre?, je n'sino M8 Jo3 sous!"

vou« aimv/. Jos sol»?" fragte ich lachend.

„Il ^ «zu a taut!" entgegnete sie mit einem komischen Seufzer und streckte
dann ihre schöne Hand nach dem Engländer ans, um mehr Geld zu erlangen.
Der aber sagte ihr, wenn sie die 10 Sons nicht wolle, so möge sie die Blumen
zurücknehmen; er habe nur noch Goldstücke bei sich.

„So geben Sie mir ein Goldstück!"

„Das wäre ein schöner Preis für ein paar halbwelke Blumen!"

„Ich werde Ihr Gold nicht behalten, ich will es umwechseln im Cafe."

„Aber kann ich mich daraus verlassen?" fragte er in etwas mißtrauischem Tone.

Statt aller Autwort warf sie ihm einen verächtlichen Blick zu, ließ ihm die
Blumen und ging davon.

Er stand aus, holte sie ein und drückte ihr das Goldstück in die Hand und
kehrte dann mürrisch aus seinen Platz zurück.

Nach ein paar Minuten kam sie wieder, zählte ihm das eingewechselte Silber
vor, nahm ein Fnnffrankenstück davon, kniff den.Engländer in die Wange zur
Strafe für sein Mißtrauen und verlor sich dann unter der Menge.

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[0186] vor lauter Unmuth einen Blumenstrauß nimmt nud ein paar Francs dafür hin¬ wirft. Das schmucke Weib eilt weiter und beginnt mit einem Dritten ihr blu¬ miges Spiel. Wahrscheinlich verdient sie auf diese betriebsame Weise mehr damit als die weltbekannte Fioriua von Florenz, die ebenfalls ungebeten jedem Fremden täglich Blumen in's Knopfloch steckt, oder auf's Zimmer bringt, ohne jedoch etwas dafür zu verlangen, sondern ruhig abwartend, daß der Fremde vor seiner Weiterreise freiwillig ihr eine kleine Belohnung für ihre gespendete» Sträuschen gebe. Wenn dn in Florenz über die Straße gehst, so kommt unversehens ein hübsches Weib auf dich zngehüpst, steckt dir ein duftendes Sträuschen in'ö Knopf¬ loch und verschwindet sofort wieder, ohne nach Bezahlung zu fragen. Die Pa¬ riserinnen aber halten ihren Mann gleich fest und greifen nicht eher nach dem zweiten Sträuschen, bis ihnen das erste zehnfach bezahlt ist. Unter den schmucken Blumenhändlerinnen aus den Boulevards war eine, welche durch ihren Witz, ihre Schlauheit und liebenswürdige Unverschämtheit allabendlich die ganze Männerwelt vor den Cas« s in Bewegung setzte. Am liebsten trieb sie ihr Spiel mit ernsten Engländern, und je steifer und grimmiger das von ihr zum Kaufen erlesene Opfer aussah, desto leichtfertiger sprang sie mit ihm um. Als sie einmal einen neben mir sitzenden, alten Engländer dnrch Schäkereien aller Art zum Kaufen eines Stränschens bewogen hatte, und er ihr 10 Sous dafür auf den Tisch legte, schob sie das Geld zurück mit den Worten „Jhre?, je n'sino M8 Jo3 sous!" vou« aimv/. Jos sol»?" fragte ich lachend. „Il ^ «zu a taut!" entgegnete sie mit einem komischen Seufzer und streckte dann ihre schöne Hand nach dem Engländer ans, um mehr Geld zu erlangen. Der aber sagte ihr, wenn sie die 10 Sons nicht wolle, so möge sie die Blumen zurücknehmen; er habe nur noch Goldstücke bei sich. „So geben Sie mir ein Goldstück!" „Das wäre ein schöner Preis für ein paar halbwelke Blumen!" „Ich werde Ihr Gold nicht behalten, ich will es umwechseln im Cafe." „Aber kann ich mich daraus verlassen?" fragte er in etwas mißtrauischem Tone. Statt aller Autwort warf sie ihm einen verächtlichen Blick zu, ließ ihm die Blumen und ging davon. Er stand aus, holte sie ein und drückte ihr das Goldstück in die Hand und kehrte dann mürrisch aus seinen Platz zurück. Nach ein paar Minuten kam sie wieder, zählte ihm das eingewechselte Silber vor, nahm ein Fnnffrankenstück davon, kniff den.Engländer in die Wange zur Strafe für sein Mißtrauen und verlor sich dann unter der Menge. „8Irunxv vrvawrv8> lAeso ü-oaed nomlmsagte der mürrische Alle, indem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 9, 1850, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341568_185336/186>, abgerufen am 01.10.2024.