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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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König Friedrich IV. im Jahre 1714 ganz Schleswig in Besitz; verdrängte seinen
Mitregenten, den unmündigen Karl Friedrich aus dem Herzogthume Schleswig.
Die Könige von England und Frankreich erklärten, den König Friedrich IV- in
dem Besitze des herzoglichen Antheils von Schleswig schützen zu wollen. König
Friedrich IV. erließ eine Erklärung des Inhalts, daß er den bisherigen herzog¬
lichen Antheil von Schleswig mit seinem Antheil vereinigen und incvrponrcn
wolle, und forderte die Beamten des herzoglichen Antheils, so wie die Mitglieder
der Ritterschaft und die Gutsbesitzer in dem gemeinschaftlichen Antheile von Schles¬
wig ans, ihm als dem nunmehrigen alleinigen Landesherren von ganz Schleswig,
deu gewöhnlichen Eid der Treue und der Huldigung zu leisten. Der verlangte
Huldigungseid wurde geleistet, dahin, daß man dem Könige Friedrich IV., als
dem nunmehr alleinigen Landesherrn von Schleswig, treu sein wolle.
Dieses geschah im Jahre 172l.

Ans diesem Hergange im Jahre 1721 haben Einige jetzt folgern wollen, als
sei Schleswig in ein näheres Verhältniß zu Dänemark getreten. Dem ist aber
nicht also. Von den Höfen Englands und Frankreichs ist dem Könige Friedrich IV.
weiter nichts zugesagt, als daß er den ehemaligen herzoglichen Antheil
behalten solle; in seiner eigenen Erklärung liegt weiter nichts, als eine
Verbindung des herzoglichen Antheils mit dem königlichen, und
der Huldigungseid besagt lediglich, daß Friedrich IV. als alleiniger Landes¬
herr von ganz Schleswig anerkannt werde. Schleswig blieb nach wie vor
ein von Dänemark getrenntes, unabhängiges Land, und eben so wenig wurde in
der engen Verbindung mit Holstein irgend eine Veränderung vorgenommen.

Fünfzig Jahre später, im Jahre 1773, verzichtete der Enkel des Herzogs
Karl Friedrich, Paul, welcher Kaiser von Rußland war, uicht nur auf seine Rechte
an Schleswig, sondern trat auch seinen Antheil an der Regierung in Holstein an
seinen Mitregenten, den König und Herzog Christian VII., ab. Christian war
jetzt alleiniger regierender Herzog von Schleswig und Holstein.

Qbgleich uach der Verfassung von 1460 Schleswig-Holstein sein eigenes,
von Dänemark völlig getrenntes Staatswesen haben sollte, so hat das Land doch
durch die Verbindung, in welche es durch Gemeinschaftlichkeit des Regenten mit
Dänemark gerathen ist, viele Nachtheile erlitten. Von diesen Nachtheilen mögen
hier folgende hervorgehoben werden:

1) Bei Kriegen, welche der König von Dänemark im Interesse Dänemarks
führte, mußte Schleswig-Holstein regelmäßig deu Kriegsschauplatz abgeben, wäh¬
rend Dänemark vor den Feinden bewahrt blieb. Schleswig-Holstein diente dem
Königreiche Dänemark als Vormauer, wurde den Leiden des Krieges Preis gege-
ben, und wenn der Feind die Grenze Dänemarks erreichte, wurde gewöhnlich
Friede geschlossen. Dieses ist in dem Zeitraume von 200 Jahren sechsmal ge¬
schehen. In dem dreißigjährigen Kriege mußten die Herzogtümer während der


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König Friedrich IV. im Jahre 1714 ganz Schleswig in Besitz; verdrängte seinen
Mitregenten, den unmündigen Karl Friedrich aus dem Herzogthume Schleswig.
Die Könige von England und Frankreich erklärten, den König Friedrich IV- in
dem Besitze des herzoglichen Antheils von Schleswig schützen zu wollen. König
Friedrich IV. erließ eine Erklärung des Inhalts, daß er den bisherigen herzog¬
lichen Antheil von Schleswig mit seinem Antheil vereinigen und incvrponrcn
wolle, und forderte die Beamten des herzoglichen Antheils, so wie die Mitglieder
der Ritterschaft und die Gutsbesitzer in dem gemeinschaftlichen Antheile von Schles¬
wig ans, ihm als dem nunmehrigen alleinigen Landesherren von ganz Schleswig,
deu gewöhnlichen Eid der Treue und der Huldigung zu leisten. Der verlangte
Huldigungseid wurde geleistet, dahin, daß man dem Könige Friedrich IV., als
dem nunmehr alleinigen Landesherrn von Schleswig, treu sein wolle.
Dieses geschah im Jahre 172l.

Ans diesem Hergange im Jahre 1721 haben Einige jetzt folgern wollen, als
sei Schleswig in ein näheres Verhältniß zu Dänemark getreten. Dem ist aber
nicht also. Von den Höfen Englands und Frankreichs ist dem Könige Friedrich IV.
weiter nichts zugesagt, als daß er den ehemaligen herzoglichen Antheil
behalten solle; in seiner eigenen Erklärung liegt weiter nichts, als eine
Verbindung des herzoglichen Antheils mit dem königlichen, und
der Huldigungseid besagt lediglich, daß Friedrich IV. als alleiniger Landes¬
herr von ganz Schleswig anerkannt werde. Schleswig blieb nach wie vor
ein von Dänemark getrenntes, unabhängiges Land, und eben so wenig wurde in
der engen Verbindung mit Holstein irgend eine Veränderung vorgenommen.

Fünfzig Jahre später, im Jahre 1773, verzichtete der Enkel des Herzogs
Karl Friedrich, Paul, welcher Kaiser von Rußland war, uicht nur auf seine Rechte
an Schleswig, sondern trat auch seinen Antheil an der Regierung in Holstein an
seinen Mitregenten, den König und Herzog Christian VII., ab. Christian war
jetzt alleiniger regierender Herzog von Schleswig und Holstein.

Qbgleich uach der Verfassung von 1460 Schleswig-Holstein sein eigenes,
von Dänemark völlig getrenntes Staatswesen haben sollte, so hat das Land doch
durch die Verbindung, in welche es durch Gemeinschaftlichkeit des Regenten mit
Dänemark gerathen ist, viele Nachtheile erlitten. Von diesen Nachtheilen mögen
hier folgende hervorgehoben werden:

1) Bei Kriegen, welche der König von Dänemark im Interesse Dänemarks
führte, mußte Schleswig-Holstein regelmäßig deu Kriegsschauplatz abgeben, wäh¬
rend Dänemark vor den Feinden bewahrt blieb. Schleswig-Holstein diente dem
Königreiche Dänemark als Vormauer, wurde den Leiden des Krieges Preis gege-
ben, und wenn der Feind die Grenze Dänemarks erreichte, wurde gewöhnlich
Friede geschlossen. Dieses ist in dem Zeitraume von 200 Jahren sechsmal ge¬
schehen. In dem dreißigjährigen Kriege mußten die Herzogtümer während der


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[0095] König Friedrich IV. im Jahre 1714 ganz Schleswig in Besitz; verdrängte seinen Mitregenten, den unmündigen Karl Friedrich aus dem Herzogthume Schleswig. Die Könige von England und Frankreich erklärten, den König Friedrich IV- in dem Besitze des herzoglichen Antheils von Schleswig schützen zu wollen. König Friedrich IV. erließ eine Erklärung des Inhalts, daß er den bisherigen herzog¬ lichen Antheil von Schleswig mit seinem Antheil vereinigen und incvrponrcn wolle, und forderte die Beamten des herzoglichen Antheils, so wie die Mitglieder der Ritterschaft und die Gutsbesitzer in dem gemeinschaftlichen Antheile von Schles¬ wig ans, ihm als dem nunmehrigen alleinigen Landesherren von ganz Schleswig, deu gewöhnlichen Eid der Treue und der Huldigung zu leisten. Der verlangte Huldigungseid wurde geleistet, dahin, daß man dem Könige Friedrich IV., als dem nunmehr alleinigen Landesherrn von Schleswig, treu sein wolle. Dieses geschah im Jahre 172l. Ans diesem Hergange im Jahre 1721 haben Einige jetzt folgern wollen, als sei Schleswig in ein näheres Verhältniß zu Dänemark getreten. Dem ist aber nicht also. Von den Höfen Englands und Frankreichs ist dem Könige Friedrich IV. weiter nichts zugesagt, als daß er den ehemaligen herzoglichen Antheil behalten solle; in seiner eigenen Erklärung liegt weiter nichts, als eine Verbindung des herzoglichen Antheils mit dem königlichen, und der Huldigungseid besagt lediglich, daß Friedrich IV. als alleiniger Landes¬ herr von ganz Schleswig anerkannt werde. Schleswig blieb nach wie vor ein von Dänemark getrenntes, unabhängiges Land, und eben so wenig wurde in der engen Verbindung mit Holstein irgend eine Veränderung vorgenommen. Fünfzig Jahre später, im Jahre 1773, verzichtete der Enkel des Herzogs Karl Friedrich, Paul, welcher Kaiser von Rußland war, uicht nur auf seine Rechte an Schleswig, sondern trat auch seinen Antheil an der Regierung in Holstein an seinen Mitregenten, den König und Herzog Christian VII., ab. Christian war jetzt alleiniger regierender Herzog von Schleswig und Holstein. Qbgleich uach der Verfassung von 1460 Schleswig-Holstein sein eigenes, von Dänemark völlig getrenntes Staatswesen haben sollte, so hat das Land doch durch die Verbindung, in welche es durch Gemeinschaftlichkeit des Regenten mit Dänemark gerathen ist, viele Nachtheile erlitten. Von diesen Nachtheilen mögen hier folgende hervorgehoben werden: 1) Bei Kriegen, welche der König von Dänemark im Interesse Dänemarks führte, mußte Schleswig-Holstein regelmäßig deu Kriegsschauplatz abgeben, wäh¬ rend Dänemark vor den Feinden bewahrt blieb. Schleswig-Holstein diente dem Königreiche Dänemark als Vormauer, wurde den Leiden des Krieges Preis gege- ben, und wenn der Feind die Grenze Dänemarks erreichte, wurde gewöhnlich Friede geschlossen. Dieses ist in dem Zeitraume von 200 Jahren sechsmal ge¬ schehen. In dem dreißigjährigen Kriege mußten die Herzogtümer während der 12*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/95>, abgerufen am 15.01.2025.