Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.währenden Stürme durcheinander gemischt worden, sie sind ineinander geflossen, in¬ Ans diese Weise ist der östreichische Staat entstanden, er ist entstanden, weil Daß jenes Bedürfniß heute noch vorhanden ist, das weiß Jeder, der sich währenden Stürme durcheinander gemischt worden, sie sind ineinander geflossen, in¬ Ans diese Weise ist der östreichische Staat entstanden, er ist entstanden, weil Daß jenes Bedürfniß heute noch vorhanden ist, das weiß Jeder, der sich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0009" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279557"/> <p xml:id="ID_14" prev="#ID_13"> währenden Stürme durcheinander gemischt worden, sie sind ineinander geflossen, in¬<lb/> einander gewachsen. Um die Czechen in Böhmen wohnen in einem breiten Ringe<lb/> die Deutschen, welche den Deutschen in den Stammlanden die Hand reichen; die<lb/> Slaven Nordungarns sind von denen Südungarns geschieden durch den mächtigen<lb/> magyarischen Keil; die Sachsen und Walachen sitzen inselartig zwischen feindlichen<lb/> Stämmen. Diese Slaven, Deutschen und Walachen schwingen die schwarzgelbe Fahne<lb/> und rufen „Oestreich und Habsburg," in vielleicht nicht allzulanger Zeit werden anch<lb/> die Magyaren in diesen Ruf einstimmen, ihre gegenwärtige Freundschaft mit Ru߬<lb/> land kann nicht lange währen; denn alle diese Völker und Völkerschaften, ja selbst<lb/> jene Völkertrümmer und jener Völkerschntt, das Alles will seine Nationalität er¬<lb/> halten, es will leben. Allerdings, wir von unserem Standpunkt aus, wir sagen<lb/> mit dem alten Fritz: n'on vois pas la iiöLvssitvaber sie, diese Völker¬<lb/> schaften, sind von dieser Nothwendigkeit überzeugt, denn Alles, was da lebet,<lb/> anerkennt als das höchste Gesetz das Bedürfniß zu leben. Sie können aber nnr<lb/> leben in dem östreichischen Staate, der sie schützen muß, und in dem doch nicht<lb/> Ein Element kräftig genug ist, um die andern aufzufangen oder zu vernichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_15"> Ans diese Weise ist der östreichische Staat entstanden, er ist entstanden, weil<lb/> er für jene Völker, weil er für Europa ein Bedürfniß war, nicht durch Hei¬<lb/> rathen östreichischer Prinzen. Die Mythe von der Felix Austria findet ihre Deu¬<lb/> tung, wenn wir diesen Ausdruck durch jenes Wort übersetzen; dus Kompliment<lb/> über die Erbweisheit der Habsburger, welches selbst in dem Munde von Schmeich¬<lb/> lern ein Räthsel ist, findet in jenem Worte seine Erklärung. Jenes Bedürf¬<lb/> niß hat tausend Erfolge herbeigeführt, es hat tausend Gefahren überwinden helfen,<lb/> hat Oestreich Stürmen und Orkanen trotzen lassen, welche andere Staate» über<lb/> den Haufen gestürzt hätten; hat es selbst aus den Gefahren so zu sagen verjüngt<lb/> hervorgehen lassen, weil eben durch sie den Völkern jener Gegenden das Bedürf¬<lb/> niß eines starken, einigen Oestreich klarer vor die Seele trat.</p><lb/> <p xml:id="ID_16"> Daß jenes Bedürfniß heute noch vorhanden ist, das weiß Jeder, der sich<lb/> nicht aus Kosmopolitismus oder — was auf eins herauskommt — aus deutschem<lb/> Patriotismus für die Magyaren, Walachen, Slovaken, Kroaten, die Augen ver¬<lb/> schließt; Jellachich hat recht, wenn er sagt: „Existirte kein Oestreich, wir müßten<lb/> es schaffen." Es ist möglich, daß die Habsburger einmal gestürzt werden, daß<lb/> dieses Oestreich einmal eine ganz andere Gestalt annimmt, und noch viel an¬<lb/> dere Combinationen siud möglich aus den Elementen, die hier gegeben sind;<lb/> das aber wissen wir, ist unmöglich, daß Oestreich in seine Atome sich auflöse;<lb/> welcher Staat auch dort im Lause der Zeiten entstehen mag, er wird erstlich ein<lb/> großer Staat sein müssen, er wird zweitens in Bezug auf Deutschland ziemlich<lb/> dieselbe Politik verfolgen, die Oestreich uus jetzt verfertigt hat, er wird drittens,<lb/> falls dieses Deutschland nicht concentrirt sein sollte zu Einem Staate, mindestens<lb/> dieselben Erfolge haben, welche Oestreich gehabt hat.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0009]
währenden Stürme durcheinander gemischt worden, sie sind ineinander geflossen, in¬
einander gewachsen. Um die Czechen in Böhmen wohnen in einem breiten Ringe
die Deutschen, welche den Deutschen in den Stammlanden die Hand reichen; die
Slaven Nordungarns sind von denen Südungarns geschieden durch den mächtigen
magyarischen Keil; die Sachsen und Walachen sitzen inselartig zwischen feindlichen
Stämmen. Diese Slaven, Deutschen und Walachen schwingen die schwarzgelbe Fahne
und rufen „Oestreich und Habsburg," in vielleicht nicht allzulanger Zeit werden anch
die Magyaren in diesen Ruf einstimmen, ihre gegenwärtige Freundschaft mit Ru߬
land kann nicht lange währen; denn alle diese Völker und Völkerschaften, ja selbst
jene Völkertrümmer und jener Völkerschntt, das Alles will seine Nationalität er¬
halten, es will leben. Allerdings, wir von unserem Standpunkt aus, wir sagen
mit dem alten Fritz: n'on vois pas la iiöLvssitvaber sie, diese Völker¬
schaften, sind von dieser Nothwendigkeit überzeugt, denn Alles, was da lebet,
anerkennt als das höchste Gesetz das Bedürfniß zu leben. Sie können aber nnr
leben in dem östreichischen Staate, der sie schützen muß, und in dem doch nicht
Ein Element kräftig genug ist, um die andern aufzufangen oder zu vernichten.
Ans diese Weise ist der östreichische Staat entstanden, er ist entstanden, weil
er für jene Völker, weil er für Europa ein Bedürfniß war, nicht durch Hei¬
rathen östreichischer Prinzen. Die Mythe von der Felix Austria findet ihre Deu¬
tung, wenn wir diesen Ausdruck durch jenes Wort übersetzen; dus Kompliment
über die Erbweisheit der Habsburger, welches selbst in dem Munde von Schmeich¬
lern ein Räthsel ist, findet in jenem Worte seine Erklärung. Jenes Bedürf¬
niß hat tausend Erfolge herbeigeführt, es hat tausend Gefahren überwinden helfen,
hat Oestreich Stürmen und Orkanen trotzen lassen, welche andere Staate» über
den Haufen gestürzt hätten; hat es selbst aus den Gefahren so zu sagen verjüngt
hervorgehen lassen, weil eben durch sie den Völkern jener Gegenden das Bedürf¬
niß eines starken, einigen Oestreich klarer vor die Seele trat.
Daß jenes Bedürfniß heute noch vorhanden ist, das weiß Jeder, der sich
nicht aus Kosmopolitismus oder — was auf eins herauskommt — aus deutschem
Patriotismus für die Magyaren, Walachen, Slovaken, Kroaten, die Augen ver¬
schließt; Jellachich hat recht, wenn er sagt: „Existirte kein Oestreich, wir müßten
es schaffen." Es ist möglich, daß die Habsburger einmal gestürzt werden, daß
dieses Oestreich einmal eine ganz andere Gestalt annimmt, und noch viel an¬
dere Combinationen siud möglich aus den Elementen, die hier gegeben sind;
das aber wissen wir, ist unmöglich, daß Oestreich in seine Atome sich auflöse;
welcher Staat auch dort im Lause der Zeiten entstehen mag, er wird erstlich ein
großer Staat sein müssen, er wird zweitens in Bezug auf Deutschland ziemlich
dieselbe Politik verfolgen, die Oestreich uus jetzt verfertigt hat, er wird drittens,
falls dieses Deutschland nicht concentrirt sein sollte zu Einem Staate, mindestens
dieselben Erfolge haben, welche Oestreich gehabt hat.
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