Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Daß die erste Form zu keinem Resultat führt, ist nach der Erfahrung des Ein Directorium mit Oestreich und Preußen würde nichts anderes sein, als Ein Directorium ohne Oestreich, das nach Simmenmehrheit entschiede, kann Der dritte Fall, die Uebertragung der Reichsgewalt an den mächtigsten Für¬ Glauben Sie nicht etwa, daß ich für den DreiÜönigs - Entwurf eine beson¬ Den Entscheidungsgrund, welcher die sächsische Negierung in dieser wichtigen Daß die erste Form zu keinem Resultat führt, ist nach der Erfahrung des Ein Directorium mit Oestreich und Preußen würde nichts anderes sein, als Ein Directorium ohne Oestreich, das nach Simmenmehrheit entschiede, kann Der dritte Fall, die Uebertragung der Reichsgewalt an den mächtigsten Für¬ Glauben Sie nicht etwa, daß ich für den DreiÜönigs - Entwurf eine beson¬ Den Entscheidungsgrund, welcher die sächsische Negierung in dieser wichtigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0089" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279637"/> <p xml:id="ID_280"> Daß die erste Form zu keinem Resultat führt, ist nach der Erfahrung des<lb/> vorigen Jahres außer allem Zweifel. Mächtigere Fürsten werden einem Minder¬<lb/> mächtigen immer nur soweit gehorchen, als sie eS für gut finden, und das Aus¬<lb/> land wird eine Macht, die sich im Innern nicht geltend macheu kann, am wenig¬<lb/> sten respectiren.</p><lb/> <p xml:id="ID_281"> Ein Directorium mit Oestreich und Preußen würde nichts anderes sein, als<lb/> Rückkehr zum Bundestage. Keiner von beiden Staaten wurde seine Souveränität<lb/> einem derartigen Konglomerat unterordnen, er würde es nicht können, wenn er es<lb/> auch wollte. Von einem Reichstag wäre unter diesen Umständen keine Rede.</p><lb/> <p xml:id="ID_282"> Ein Directorium ohne Oestreich, das nach Simmenmehrheit entschiede, kann<lb/> Preußen unter keinen Umständen annehmen. Das Stimmenverhältniß müßte we¬<lb/> nigstens so sein, daß die andern Staaten sich zu Preußen verhielten wie 2:1;<lb/> man will es aber vielmehr haben wie 5 : 1 oder gar wie 6 : I. Nun wiegt aber<lb/> Preußens Macht so schwer, als die aller übrigen deutschen Staaten (mit Ausschluß<lb/> Oestreichs) zusammengenommen, es wäre also gegen die Natur der Dinge und<lb/> gegen alle politische Logik, wenn Preußen sich einem solchen Verhältniß fügen sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_283"> Der dritte Fall, die Uebertragung der Reichsgewalt an den mächtigsten Für¬<lb/> sten, ist auf legalem Wege nur unter der Voraussetzung möglich, daß jedem ein¬<lb/> zelnen Staat die freie Entscheidung über sein Beitreten oder nicht Beitreten über¬<lb/> lassen bleibt. Wenn also Sachsen seinen Beitritt von dem Beitritt aller übrigen<lb/> deutschen Staaten abhängig macht, so wird dadurch unter den gegenwärtigen Ver¬<lb/> hältnissen die ganze Idee des Bundesstaates zur Illusion. Denn ohne das Gefühl<lb/> innerer Nothwendigkeit wird sich natürlich kein Staat zu einem solchen Schritt her¬<lb/> beilassen, und für die dänische Regierung ist dieses Gefühl entschieden nicht vor¬<lb/> handen.</p><lb/> <p xml:id="ID_284"> Glauben Sie nicht etwa, daß ich für den DreiÜönigs - Entwurf eine beson¬<lb/> dere Begeisterung hege. Die Grenzboten haben ihrer Zeit sich deutlich genng<lb/> ausgesprochen. Sie oder Ihre Regierung haben ja selber an der Abfassung Theil<lb/> genommen, und ich werde daher nicht nöthig haben, Ihnen erst die augenfälligen<lb/> Schwächen, Widersprüche und Unklarheiten darin nachzuweisen. Der schlechteste<lb/> Theil ist entschieden derjenige, welcher die neue Centralgewalt durch überflüssige<lb/> Mechanismen beschränkt. Aber ich bin der Ueberzeugung, daß auch die schlechteste<lb/> Verfassung in einem Staatskörper, der sonst mit Naturnotwendigkeit zusammen¬<lb/> hängt, sich selber corrigiren wird. Das Mangelhafte in dem Inhalt der Ver¬<lb/> fassung kann also kein Grund sein, sie zurückzuweisen, am wenigsten für diejenigen,<lb/> die sie selber entworfen haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_285" next="#ID_286"> Den Entscheidungsgrund, welcher die sächsische Negierung in dieser wichtigen<lb/> Frage allein bestimmen darf, haben Sie vollkommen richtig angegeben. „Wir sind</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0089]
Daß die erste Form zu keinem Resultat führt, ist nach der Erfahrung des
vorigen Jahres außer allem Zweifel. Mächtigere Fürsten werden einem Minder¬
mächtigen immer nur soweit gehorchen, als sie eS für gut finden, und das Aus¬
land wird eine Macht, die sich im Innern nicht geltend macheu kann, am wenig¬
sten respectiren.
Ein Directorium mit Oestreich und Preußen würde nichts anderes sein, als
Rückkehr zum Bundestage. Keiner von beiden Staaten wurde seine Souveränität
einem derartigen Konglomerat unterordnen, er würde es nicht können, wenn er es
auch wollte. Von einem Reichstag wäre unter diesen Umständen keine Rede.
Ein Directorium ohne Oestreich, das nach Simmenmehrheit entschiede, kann
Preußen unter keinen Umständen annehmen. Das Stimmenverhältniß müßte we¬
nigstens so sein, daß die andern Staaten sich zu Preußen verhielten wie 2:1;
man will es aber vielmehr haben wie 5 : 1 oder gar wie 6 : I. Nun wiegt aber
Preußens Macht so schwer, als die aller übrigen deutschen Staaten (mit Ausschluß
Oestreichs) zusammengenommen, es wäre also gegen die Natur der Dinge und
gegen alle politische Logik, wenn Preußen sich einem solchen Verhältniß fügen sollte.
Der dritte Fall, die Uebertragung der Reichsgewalt an den mächtigsten Für¬
sten, ist auf legalem Wege nur unter der Voraussetzung möglich, daß jedem ein¬
zelnen Staat die freie Entscheidung über sein Beitreten oder nicht Beitreten über¬
lassen bleibt. Wenn also Sachsen seinen Beitritt von dem Beitritt aller übrigen
deutschen Staaten abhängig macht, so wird dadurch unter den gegenwärtigen Ver¬
hältnissen die ganze Idee des Bundesstaates zur Illusion. Denn ohne das Gefühl
innerer Nothwendigkeit wird sich natürlich kein Staat zu einem solchen Schritt her¬
beilassen, und für die dänische Regierung ist dieses Gefühl entschieden nicht vor¬
handen.
Glauben Sie nicht etwa, daß ich für den DreiÜönigs - Entwurf eine beson¬
dere Begeisterung hege. Die Grenzboten haben ihrer Zeit sich deutlich genng
ausgesprochen. Sie oder Ihre Regierung haben ja selber an der Abfassung Theil
genommen, und ich werde daher nicht nöthig haben, Ihnen erst die augenfälligen
Schwächen, Widersprüche und Unklarheiten darin nachzuweisen. Der schlechteste
Theil ist entschieden derjenige, welcher die neue Centralgewalt durch überflüssige
Mechanismen beschränkt. Aber ich bin der Ueberzeugung, daß auch die schlechteste
Verfassung in einem Staatskörper, der sonst mit Naturnotwendigkeit zusammen¬
hängt, sich selber corrigiren wird. Das Mangelhafte in dem Inhalt der Ver¬
fassung kann also kein Grund sein, sie zurückzuweisen, am wenigsten für diejenigen,
die sie selber entworfen haben.
Den Entscheidungsgrund, welcher die sächsische Negierung in dieser wichtigen
Frage allein bestimmen darf, haben Sie vollkommen richtig angegeben. „Wir sind
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