Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Anleihen (wofür bis heute in der ganzen Monarchie nur 1"^ Millionen Fi. sub- lieber die Organisation Ungarns und dessen Assimilirung hat das Ministe¬ Die Stellung des Kaiserstaates nach Außen hat im verflossenen Monat drei Anleihen (wofür bis heute in der ganzen Monarchie nur 1»^ Millionen Fi. sub- lieber die Organisation Ungarns und dessen Assimilirung hat das Ministe¬ Die Stellung des Kaiserstaates nach Außen hat im verflossenen Monat drei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0068" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279616"/> <p xml:id="ID_222" prev="#ID_221"> Anleihen (wofür bis heute in der ganzen Monarchie nur 1»^ Millionen Fi. sub-<lb/> scribirt sind) keine dauernde Abhilfe gewährt. Die Wünsche und Verlangen aller<lb/> Stämme und Kronländer würde» sogleich abgeschüttelt und an den Reichstag ge¬<lb/> wiesen, und, was das Wichtigste, das Militär müßte den Degen in die Scheide<lb/> stecken. Das Standrecht hat die Flüche des Volkes auf sich geladen, und die<lb/> Soldatenherrschaft hat Oestreich in den Augen der ganzen Welt entwürdigt; die<lb/> Generäle müssen wieder in die Kaserne und die Rechtsgelehrten in die Nichterstnbe<lb/> zurückkehren. Die Conferenzen im Kriegsministertum uuter Vorsitz des jubelnd be-<lb/> willkommten Helden Radetzky haben! vorzüglich die militärische Eintheilung des<lb/> Reiches zum Zwecke, wobei die Erbauung von Castcllen und Festen in den<lb/> Hauptstädten ebenfalls beschlossen wird. Allein die Berathungen überschreiten die<lb/> militärische Grenze und machen Streifzüge in das politische Gebiet. Derselbe<lb/> Mann, der im Namen des italienischen Heeres gegen die constitnirende Reichs-<lb/> versammlung protestirte, (Heß, dem jetzt der Generalqnartiermeisterstab unterordnet<lb/> wurde, war der Verfasser jenes Aktenstückes), sitzt neben dem Sieger von Novara<lb/> bei diesen Conferenzen, und der Kaiser nimmt in der Person seines Generaladju-<lb/> tantcn Grafen Grünne Theil daran. Das Ministerium hat also eine zweite Macht<lb/> neben sich, oder gar über sich, die nur durch das Reichsparlameut paralisirt wer¬<lb/> den kaun.</p><lb/> <p xml:id="ID_223"> lieber die Organisation Ungarns und dessen Assimilirung hat das Ministe¬<lb/> rium bereits Schluß gefaßt, wobei der Traum einer „Slovakei" zu zerfließe»<lb/> scheint. Den Slovaken Nvrdnngarns ist die Fähigkeit selbstständigen Bestehens<lb/> und Verwalters nur dnrch die Blindheit nationaler Parteimänner zuzugestehen,<lb/> und die Losreißung dieses Distriktes von Ungarn würde Hunderttausende Deutsche<lb/> und Magyaren der Unduldsamkeit und Rohheit einer Bevölkerung überliefern, die<lb/> für Recht und Freiheit noch wenig Sinu entwickelte. So hart dies klingt, so<lb/> wahr ist es. Slvvakische Deputationen erschienen bei den Regierenden, weil die<lb/> fanatisirenden Geistlichen sie dazu haranguirten, aber sie waren so naiv im trauliche»<lb/> Gespräch zu gestehen, daß sie Ungarn bleiben wollen, nur möchten sie anch Stuhl-<lb/> richter werden und Vicegespan, und slvvakisch soll gepredigt werden. —</p><lb/> <p xml:id="ID_224" next="#ID_225"> Die Stellung des Kaiserstaates nach Außen hat im verflossenen Monat drei<lb/> bedeutsame Momente. Die Kamarilla des Papstes hat sich nicht der Unterstützung<lb/> des östreichischen Ministeriums zu erfreuen; dieses läßt dnrch seine Organe die<lb/> Unzufriedenheit mit der dem Kirchenstaate ertheilten Verfassung erklären, und ge¬<lb/> räth hiedurch in ein persönlich freundliches Benehme» mit dem Präsidenten der<lb/> französischen Republik. — Zu einem Conflicte kam es mit dem Sultan, da er<lb/> die Auslieferung Kossuth's und Consorten beharrlich verweigerte, und sogar nach<lb/> Brussa sich begab, um den vom östreichischen Gesandten Baron Stürmer geforder¬<lb/> ten Audienzen zu entgehen. In einer solchen bestätigte der Padischah den Ent¬<lb/> schluß seiner Minister mit den Worten: daß er das Gastrecht nicht verletzen könne;</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0068]
Anleihen (wofür bis heute in der ganzen Monarchie nur 1»^ Millionen Fi. sub-
scribirt sind) keine dauernde Abhilfe gewährt. Die Wünsche und Verlangen aller
Stämme und Kronländer würde» sogleich abgeschüttelt und an den Reichstag ge¬
wiesen, und, was das Wichtigste, das Militär müßte den Degen in die Scheide
stecken. Das Standrecht hat die Flüche des Volkes auf sich geladen, und die
Soldatenherrschaft hat Oestreich in den Augen der ganzen Welt entwürdigt; die
Generäle müssen wieder in die Kaserne und die Rechtsgelehrten in die Nichterstnbe
zurückkehren. Die Conferenzen im Kriegsministertum uuter Vorsitz des jubelnd be-
willkommten Helden Radetzky haben! vorzüglich die militärische Eintheilung des
Reiches zum Zwecke, wobei die Erbauung von Castcllen und Festen in den
Hauptstädten ebenfalls beschlossen wird. Allein die Berathungen überschreiten die
militärische Grenze und machen Streifzüge in das politische Gebiet. Derselbe
Mann, der im Namen des italienischen Heeres gegen die constitnirende Reichs-
versammlung protestirte, (Heß, dem jetzt der Generalqnartiermeisterstab unterordnet
wurde, war der Verfasser jenes Aktenstückes), sitzt neben dem Sieger von Novara
bei diesen Conferenzen, und der Kaiser nimmt in der Person seines Generaladju-
tantcn Grafen Grünne Theil daran. Das Ministerium hat also eine zweite Macht
neben sich, oder gar über sich, die nur durch das Reichsparlameut paralisirt wer¬
den kaun.
lieber die Organisation Ungarns und dessen Assimilirung hat das Ministe¬
rium bereits Schluß gefaßt, wobei der Traum einer „Slovakei" zu zerfließe»
scheint. Den Slovaken Nvrdnngarns ist die Fähigkeit selbstständigen Bestehens
und Verwalters nur dnrch die Blindheit nationaler Parteimänner zuzugestehen,
und die Losreißung dieses Distriktes von Ungarn würde Hunderttausende Deutsche
und Magyaren der Unduldsamkeit und Rohheit einer Bevölkerung überliefern, die
für Recht und Freiheit noch wenig Sinu entwickelte. So hart dies klingt, so
wahr ist es. Slvvakische Deputationen erschienen bei den Regierenden, weil die
fanatisirenden Geistlichen sie dazu haranguirten, aber sie waren so naiv im trauliche»
Gespräch zu gestehen, daß sie Ungarn bleiben wollen, nur möchten sie anch Stuhl-
richter werden und Vicegespan, und slvvakisch soll gepredigt werden. —
Die Stellung des Kaiserstaates nach Außen hat im verflossenen Monat drei
bedeutsame Momente. Die Kamarilla des Papstes hat sich nicht der Unterstützung
des östreichischen Ministeriums zu erfreuen; dieses läßt dnrch seine Organe die
Unzufriedenheit mit der dem Kirchenstaate ertheilten Verfassung erklären, und ge¬
räth hiedurch in ein persönlich freundliches Benehme» mit dem Präsidenten der
französischen Republik. — Zu einem Conflicte kam es mit dem Sultan, da er
die Auslieferung Kossuth's und Consorten beharrlich verweigerte, und sogar nach
Brussa sich begab, um den vom östreichischen Gesandten Baron Stürmer geforder¬
ten Audienzen zu entgehen. In einer solchen bestätigte der Padischah den Ent¬
schluß seiner Minister mit den Worten: daß er das Gastrecht nicht verletzen könne;
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