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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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es entschieden Fiasco machen würde. Nach wenigen Tagen wurde es kaum mehr
gelesen, die Leute fanden ein ganzes Blatt unfaßbarer und unverständlicher diplomati¬
scher Noten höchst langweilig, und selbst die entschiedenen Anhänger des Ministc-
nnms waren zu jedem geforderten Opfer bereit, nur nicht zu dem, sich täglich
eine Stunde zu langweilen.

Um dieselbe Zeit hatte "die Presse" den oppositionellen Ton, in den sie all-
mälig nach der Entfernung Landsteiners und seiner Freunde, die bisher in jeder
Weise denselben zu dämpfen und niederzuhalten sich bestrebt hatten, übergegangen
war, in entschiedener Weise und mit besonderem Glücke in ihren Spalten z"r
Geltung gebracht, und es stand zu erwarten, daß dle bereits auf 15,00" gestie¬
gene Anzahl ihrer Abonnenten sich noch bedeutend steigern würde/Die Regierung
unterdrückte das Blatt; und es ist zu vermuthen, daß außer den politischen Mo¬
tive", um die es sich hier nicht handelt, die Nebenabsicht, der liebgewonnenen
"Neichszeitnng" zu einer größern Anzahl von Abonnenten zu verhelfen, wesentlich
zu diesem Entschlüsse beigetragen hat, was durch allerlei Kunstgriffe und Praktiken,
die die Redaction der "Reichszeitung" zu diesem Zwecke sich zu erlauben für nöthig
fand, einen bedeutenden Grad von Wahrscheinlichkeit erhält.

Wir haben somit kaum nöthig uoch anzuführen, daß ein Artikel des !serm
Di-. Landstcincr die Art, wie die "Presse" unterdrückt wurde, gutzuheißen und
die Tendenz dieses Blattes zu verdächtigen und zu denunciren nicht unterließ, öl.
Landsteiner hatte nämlich die merkwürdige Entdeckung gemacht, daß alle Blätter,
die nicht dieselbe Gesinnung haben wie er selbst, "radical" seien und den Umsturz
predigen, -- somit auch unterdrückt werden müssen. Das Jnteressanteste an diesem
Artikel ist übrigens sein Schluß, wo das Ministerium, mit Robert Peel verglichen
wird, und wir zugleich die Versicherung erhalten, daß das Beispiel dieses Man¬
nes wie so viele andere beweisen, daß diejenigen Verbesserungen, die die Whig's
nicht hätten durchführen können, von den Tones i"'s Leben gerufen worden
wären, "l-. Landsteiner ein Tory! Er vergißt leider nnr, daß Robert Peel es
eben gewesen, der die Parteien Whigs und Tones gänzlich aufhören machte, daß
in früheren Zeiten die Tones sich nnr dann zu Reformen verstanden haben, wenn
sie sie nicht länger vorenthalten konnten, und daß in einem Lande, wo Jeder, der
sich zur entgegengesetzten Partei bekennt, d. h. nicht zu der angeblichen Whig-Tvry-
Partei des Herrn Ul-. Landstcincr und des Fürsten Schwarzenberg, radical ge¬
nannt und jedes Blatt, das kein Standard sein will, suspendirt wird, von Whigs
und Tones gar nicht die Rede sein könne. Das sind nur süße Schmeichelworte,
womit die zartfühlende und gesiunungsvolle Presse die suspendirten trösten will.

Ob übrigens das Verbot der "Presse" der östreichische" "Neichszeitnng" die
früheren Anhänger des ersteren Blattes zuführen werde, muß der Zukunft zur
Entscheidung anheimgestellt bleiben. Wir wollen gerne zugeben, daß, so lange
dies nicht der Fall ist, die erstere Maßregel jedenfalls nur eine halbe bleibt.


es entschieden Fiasco machen würde. Nach wenigen Tagen wurde es kaum mehr
gelesen, die Leute fanden ein ganzes Blatt unfaßbarer und unverständlicher diplomati¬
scher Noten höchst langweilig, und selbst die entschiedenen Anhänger des Ministc-
nnms waren zu jedem geforderten Opfer bereit, nur nicht zu dem, sich täglich
eine Stunde zu langweilen.

Um dieselbe Zeit hatte „die Presse" den oppositionellen Ton, in den sie all-
mälig nach der Entfernung Landsteiners und seiner Freunde, die bisher in jeder
Weise denselben zu dämpfen und niederzuhalten sich bestrebt hatten, übergegangen
war, in entschiedener Weise und mit besonderem Glücke in ihren Spalten z„r
Geltung gebracht, und es stand zu erwarten, daß dle bereits auf 15,00« gestie¬
gene Anzahl ihrer Abonnenten sich noch bedeutend steigern würde/Die Regierung
unterdrückte das Blatt; und es ist zu vermuthen, daß außer den politischen Mo¬
tive», um die es sich hier nicht handelt, die Nebenabsicht, der liebgewonnenen
„Neichszeitnng" zu einer größern Anzahl von Abonnenten zu verhelfen, wesentlich
zu diesem Entschlüsse beigetragen hat, was durch allerlei Kunstgriffe und Praktiken,
die die Redaction der „Reichszeitung" zu diesem Zwecke sich zu erlauben für nöthig
fand, einen bedeutenden Grad von Wahrscheinlichkeit erhält.

Wir haben somit kaum nöthig uoch anzuführen, daß ein Artikel des !serm
Di-. Landstcincr die Art, wie die „Presse" unterdrückt wurde, gutzuheißen und
die Tendenz dieses Blattes zu verdächtigen und zu denunciren nicht unterließ, öl.
Landsteiner hatte nämlich die merkwürdige Entdeckung gemacht, daß alle Blätter,
die nicht dieselbe Gesinnung haben wie er selbst, „radical" seien und den Umsturz
predigen, — somit auch unterdrückt werden müssen. Das Jnteressanteste an diesem
Artikel ist übrigens sein Schluß, wo das Ministerium, mit Robert Peel verglichen
wird, und wir zugleich die Versicherung erhalten, daß das Beispiel dieses Man¬
nes wie so viele andere beweisen, daß diejenigen Verbesserungen, die die Whig's
nicht hätten durchführen können, von den Tones i»'s Leben gerufen worden
wären, »l-. Landsteiner ein Tory! Er vergißt leider nnr, daß Robert Peel es
eben gewesen, der die Parteien Whigs und Tones gänzlich aufhören machte, daß
in früheren Zeiten die Tones sich nnr dann zu Reformen verstanden haben, wenn
sie sie nicht länger vorenthalten konnten, und daß in einem Lande, wo Jeder, der
sich zur entgegengesetzten Partei bekennt, d. h. nicht zu der angeblichen Whig-Tvry-
Partei des Herrn Ul-. Landstcincr und des Fürsten Schwarzenberg, radical ge¬
nannt und jedes Blatt, das kein Standard sein will, suspendirt wird, von Whigs
und Tones gar nicht die Rede sein könne. Das sind nur süße Schmeichelworte,
womit die zartfühlende und gesiunungsvolle Presse die suspendirten trösten will.

Ob übrigens das Verbot der „Presse" der östreichische» „Neichszeitnng" die
früheren Anhänger des ersteren Blattes zuführen werde, muß der Zukunft zur
Entscheidung anheimgestellt bleiben. Wir wollen gerne zugeben, daß, so lange
dies nicht der Fall ist, die erstere Maßregel jedenfalls nur eine halbe bleibt.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/514>, abgerufen am 15.01.2025.