Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.zum bairischen Ministerium, dann wegen der ausführlichen, gewöhnlich sehr richtigen Neben ihm gibt es in Würzburg, Baireuth und Bamberg etc. nach den Die anderen ministeriellen Blätter erwähne ich nicht. Ihre Quellen sind stets Die demokratische Presse der Provinz hat im Augenblick keinen nennenswerthen Greilzlivteu. IV. 1349. 6l
zum bairischen Ministerium, dann wegen der ausführlichen, gewöhnlich sehr richtigen Neben ihm gibt es in Würzburg, Baireuth und Bamberg etc. nach den Die anderen ministeriellen Blätter erwähne ich nicht. Ihre Quellen sind stets Die demokratische Presse der Provinz hat im Augenblick keinen nennenswerthen Greilzlivteu. IV. 1349. 6l
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zum bairischen Ministerium, dann wegen der ausführlichen, gewöhnlich sehr richtigen
Nachrichten aus München's höheren und höchsten Regionen. Auch hat es gewissenhafte
und fleißige Korrespondenten fast in allen Theilen Süddeutschlands und bringt wegen
seines großen Umfangs, 1 — 2 Bogen täglich, eine Masse Detail. Daher ist es
recht eigentlich das Blatt des höheren Mittel- und Gcwcrbcstandes, der weniger beschäf¬
tigten städtischen und der ganzen ländlichen Bureaukratie. Für die unteren Stände ist
es zu steif, doctrinär und zu theuer.
Neben ihm gibt es in Würzburg, Baireuth und Bamberg etc. nach den
Städten benannte Zeitungen, welche mir im engeren Kreise sich zu derselben Farbe in
der inneren und äußeren bairischen Politik bekennen. Sie leben meist vom Korrespon¬
dent und der neuen Münchner Zeitung, dem eigentlichen Organ des Ministeriums. Die
Würzburgerin schillert bedeutend in's Ultramontane. Eine Zeitlang schien es, als sor-
tirte sie die Demokratie, vielleicht, um auch in Franken eine Liga wie die am Nieder-
rhein im vorigen Jahre zu Stande zu bringen. Indessen dafür waren durchaus keine
Elemente vorhanden, und so ist sie denn wieder absolutistisch, bureaukratisch, in Baiern
nennt man es Abelisch, geworden. Das gegenwärtige Ministerium wird als eine noth¬
wendige Durchgangsperiode zu jenem vollkommenen Zustand einstweilen geduldet, gele¬
gentlich protegirt! gerade so wie es die Kreuzzeitung hielt. — Die Bamberger Zeitung,
das einzige politische Organ einer Stadt von .'!0,0V0 Einwohnern ist nichts weiter als
die conservative oder ministerielle Metamorphose des fränkischen Merkurs. Dies war das
Organ der fränkischen Demokratie und an sinnlosem Wüthen gegen alles und jedes, was
nur noch eine Spur von Sinn in sich hatte, konnte er sich dreist neben seine badischen
und rheinischen Kollegen stellen. Jetzt wird der Redacteur steckbrieflich verfolgt, und
die Polizei hat einen neuen bestellt. Daraus erklärt sich die Haltung des Blattes
hinlänglich.
Die anderen ministeriellen Blätter erwähne ich nicht. Ihre Quellen sind stets
die beiden erwähnten, dazu kommt noch als dritte der Localklatsch. Nur eins noch.
Höchst komisch waren die Geberden dieser loyalen fränkischen Presse, als neulich der
Text des Interims bekannt wurde. Vorher strömten sie wie ihr Münchner Vorbild
über von Zärtlichkeiten gegen den Kaiserstaat. Jede Zeile war durch irgend einen Hieb
gegen die „Pickclhaubenpolitik" gewürzt. Die Verzückung erreichte ihren Gipfel, als die
Münchner Zeitung am 3. October groß gedruckt an der Spitze ihres Blattes die Notiz
brachte „endlich ist es den fortgesetzten Bemühungen Baierns gelungen, eine definitive
Lösung der zwischen Oestreich und Preußen vbschwebcuden Unterhandlungen über die
Neugestaltung des Bundes zu erzielen, gemäß welcher Baiern fortan die Stellung ein¬
nehmen wird, die ihm seine Geschichte und seine Kräfte zuweisen." Der Satz erschien
mit noch fettern Lettern den nächsten Morgen in allen Blättern. Nähere Details über
das Wie und Wo waren dort nicht gegeben, folglich wußten auch sie nichts weiter dar¬
über. Kurz daraus veröffentlichte die Kölner Zeitung den Text des Vertrags, der nach
bairischen Begriffen Baiern mediatisirt. Man sah und horchte nach München, aber das
Orakel blieb stumm und bald kam auch die offizielle Bestätigung von Wien und Berlin.
Nun ergriffen der Korrespondent und Konsorten den klügsten Ausweg; sie druckten ihn
stillschweigend ab und schrieben Leitartikel über die München-Salzburger Eisenbahn und
die Frequenz auf dem Ludwigscanal.
Die demokratische Presse der Provinz hat im Augenblick keinen nennenswerthen
Vertreter, seitdem der Merkur eingegangen ist. In den kleineren Mainstädten erscheinen
einige Stadtblätter, die meisten nur ein- oder zweimal in der Woche. Ihre Vcrbrei-
Greilzlivteu. IV. 1349. 6l
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