beiden Dampfschiffen "Enterprise" und "Jnvcstigator." Am 20. Juli desselben Jahres hatte er zum letzten Male von Upernadit (an der Nordwestküste von Grön¬ land) Kunde von sich gegeben. Von Franklin hatte er Nichts erfahren. Dagegen gelangte Anfangs October 1848 aus einer englischen Jactvrei ein vom l. März datirtes Schreiben an die Londoner Admiralität, in welchem mitgetheilt wurde, es hätten die Eskimos von zwei Schiffen gesprochen, die sie östlich von Mackenzie gesehen, "voll weißer Männer;" diese Eskimos hätten auch Messer, Zwirn und dergl. gezeigt, das sie von den "weißen Männern" erhalten hätten. ES war einige Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die Eskimos von Franklin's Schiffen gesprochen; die Theilnahme aber, die man überall dem Schicksale des Vermißten zollte, machte ans dieser Möglichkeit eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit, obschon der Mann, welcher u" die Admiralitätüber die Aussage der Eskimos berichtet hatte, hinzu- gefügt, daß derartigen Aussagen überhaupt kein unbedingter Glaube beizumessen sei.
Es verstrich mehr als ein Jahr, ohne daß man weder von Franklin noch von Roß irgend etwas erfuhr; als unverhofft am November dieses Jahres Sir James mit seinen beiden Schiffen wohlbehalten in England anlangte. Den eigentlichen Zweck seines Unternehmens hatte er nicht erreicht; trotz der sorgfäl¬ tigsten Nachforschungen hatte er keine Spur von John Franklin oder dessen Schif¬ fen zu entdecken vermocht. Wie es aber natürlich war, dachte man wenig hieran, sondern das Hauptinteresse richtete sich auf ihn und auf das von ihm auf dieser letzten Reise Erlebte. Er kehrte zurück ans dem Lande des Todes, von dort, wo selbst die Natur starr daliegt, wie eine schöne Leiche. Man hat, um sich jene Gegenden vorzustellen, nicht an unsere Winterlandschaften zu denken, oder man muß aus diesen Alles entfernen, was ihnen Reiz oder Anmuth verleiht; Nichts ist vorhanden von unsern Bäumen, die mit ihren verglasten Aesten und Zweigen noch ein Leben ahnen lassen, eine Nymphe, welche schlummert und in Kurzem erwachen wird; Nichts von Menschen, fast nichts von Thieren, nichts von der Thätigkeit eines lebendigen Organismus. Dagegen rings herum, bis an die Grenzen des Horizontes, Berge von starrem Eis, überdeckt mit Figuren und Schnörkeln, die man nicht entziffern kann, geformt dnrch die wilde Laune feindlicher Dämonen und dann wieder ein endloses Gefilde, bedeckt mit blendend weißem Schnee, blen¬ dend im wörtlichen Sinne deZ Wortes, denn der fortwährende Anblick verursacht Augcuweh und Blindheit. Wer dort Hütten banen will, muß sie bauen aus Quadern von Schnee, das Hausgeräthe ist von Eis oder von Schuee, waS ihr athmet, ist mit einem seinen Schneestaub untermischt, der euch denselben brennen¬ den Durst verursacht wie der Sand der Sahara; und wenn ihr diesen Durst löschen wollt, so müßt ihr den Schnee erst kochen, denn er ist kieselhart. Und das müßt ihr selbst während der drei Monate des Sommers. Des Sommers! das sind die Monate Juli, August, September, welche zum größten Theile un¬ serem Januar oder Februar gleichen; die wenigen Tage, welche davon cmsgenom-
beiden Dampfschiffen „Enterprise" und „Jnvcstigator." Am 20. Juli desselben Jahres hatte er zum letzten Male von Upernadit (an der Nordwestküste von Grön¬ land) Kunde von sich gegeben. Von Franklin hatte er Nichts erfahren. Dagegen gelangte Anfangs October 1848 aus einer englischen Jactvrei ein vom l. März datirtes Schreiben an die Londoner Admiralität, in welchem mitgetheilt wurde, es hätten die Eskimos von zwei Schiffen gesprochen, die sie östlich von Mackenzie gesehen, „voll weißer Männer;" diese Eskimos hätten auch Messer, Zwirn und dergl. gezeigt, das sie von den „weißen Männern" erhalten hätten. ES war einige Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die Eskimos von Franklin's Schiffen gesprochen; die Theilnahme aber, die man überall dem Schicksale des Vermißten zollte, machte ans dieser Möglichkeit eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit, obschon der Mann, welcher u» die Admiralitätüber die Aussage der Eskimos berichtet hatte, hinzu- gefügt, daß derartigen Aussagen überhaupt kein unbedingter Glaube beizumessen sei.
Es verstrich mehr als ein Jahr, ohne daß man weder von Franklin noch von Roß irgend etwas erfuhr; als unverhofft am November dieses Jahres Sir James mit seinen beiden Schiffen wohlbehalten in England anlangte. Den eigentlichen Zweck seines Unternehmens hatte er nicht erreicht; trotz der sorgfäl¬ tigsten Nachforschungen hatte er keine Spur von John Franklin oder dessen Schif¬ fen zu entdecken vermocht. Wie es aber natürlich war, dachte man wenig hieran, sondern das Hauptinteresse richtete sich auf ihn und auf das von ihm auf dieser letzten Reise Erlebte. Er kehrte zurück ans dem Lande des Todes, von dort, wo selbst die Natur starr daliegt, wie eine schöne Leiche. Man hat, um sich jene Gegenden vorzustellen, nicht an unsere Winterlandschaften zu denken, oder man muß aus diesen Alles entfernen, was ihnen Reiz oder Anmuth verleiht; Nichts ist vorhanden von unsern Bäumen, die mit ihren verglasten Aesten und Zweigen noch ein Leben ahnen lassen, eine Nymphe, welche schlummert und in Kurzem erwachen wird; Nichts von Menschen, fast nichts von Thieren, nichts von der Thätigkeit eines lebendigen Organismus. Dagegen rings herum, bis an die Grenzen des Horizontes, Berge von starrem Eis, überdeckt mit Figuren und Schnörkeln, die man nicht entziffern kann, geformt dnrch die wilde Laune feindlicher Dämonen und dann wieder ein endloses Gefilde, bedeckt mit blendend weißem Schnee, blen¬ dend im wörtlichen Sinne deZ Wortes, denn der fortwährende Anblick verursacht Augcuweh und Blindheit. Wer dort Hütten banen will, muß sie bauen aus Quadern von Schnee, das Hausgeräthe ist von Eis oder von Schuee, waS ihr athmet, ist mit einem seinen Schneestaub untermischt, der euch denselben brennen¬ den Durst verursacht wie der Sand der Sahara; und wenn ihr diesen Durst löschen wollt, so müßt ihr den Schnee erst kochen, denn er ist kieselhart. Und das müßt ihr selbst während der drei Monate des Sommers. Des Sommers! das sind die Monate Juli, August, September, welche zum größten Theile un¬ serem Januar oder Februar gleichen; die wenigen Tage, welche davon cmsgenom-
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beiden Dampfschiffen „Enterprise" und „Jnvcstigator." Am 20. Juli desselben
Jahres hatte er zum letzten Male von Upernadit (an der Nordwestküste von Grön¬
land) Kunde von sich gegeben. Von Franklin hatte er Nichts erfahren. Dagegen
gelangte Anfangs October 1848 aus einer englischen Jactvrei ein vom l. März
datirtes Schreiben an die Londoner Admiralität, in welchem mitgetheilt wurde,
es hätten die Eskimos von zwei Schiffen gesprochen, die sie östlich von Mackenzie
gesehen, „voll weißer Männer;" diese Eskimos hätten auch Messer, Zwirn und
dergl. gezeigt, das sie von den „weißen Männern" erhalten hätten. ES war einige
Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß die Eskimos von Franklin's Schiffen gesprochen;
die Theilnahme aber, die man überall dem Schicksale des Vermißten zollte, machte
ans dieser Möglichkeit eine an Gewißheit grenzende Wahrscheinlichkeit, obschon der
Mann, welcher u» die Admiralitätüber die Aussage der Eskimos berichtet hatte, hinzu-
gefügt, daß derartigen Aussagen überhaupt kein unbedingter Glaube beizumessen sei.
Es verstrich mehr als ein Jahr, ohne daß man weder von Franklin noch
von Roß irgend etwas erfuhr; als unverhofft am November dieses Jahres
Sir James mit seinen beiden Schiffen wohlbehalten in England anlangte. Den
eigentlichen Zweck seines Unternehmens hatte er nicht erreicht; trotz der sorgfäl¬
tigsten Nachforschungen hatte er keine Spur von John Franklin oder dessen Schif¬
fen zu entdecken vermocht. Wie es aber natürlich war, dachte man wenig hieran,
sondern das Hauptinteresse richtete sich auf ihn und auf das von ihm auf dieser
letzten Reise Erlebte. Er kehrte zurück ans dem Lande des Todes, von dort,
wo selbst die Natur starr daliegt, wie eine schöne Leiche. Man hat, um sich
jene Gegenden vorzustellen, nicht an unsere Winterlandschaften zu denken, oder
man muß aus diesen Alles entfernen, was ihnen Reiz oder Anmuth verleiht; Nichts ist
vorhanden von unsern Bäumen, die mit ihren verglasten Aesten und Zweigen noch
ein Leben ahnen lassen, eine Nymphe, welche schlummert und in Kurzem erwachen
wird; Nichts von Menschen, fast nichts von Thieren, nichts von der Thätigkeit
eines lebendigen Organismus. Dagegen rings herum, bis an die Grenzen des
Horizontes, Berge von starrem Eis, überdeckt mit Figuren und Schnörkeln, die
man nicht entziffern kann, geformt dnrch die wilde Laune feindlicher Dämonen
und dann wieder ein endloses Gefilde, bedeckt mit blendend weißem Schnee, blen¬
dend im wörtlichen Sinne deZ Wortes, denn der fortwährende Anblick verursacht
Augcuweh und Blindheit. Wer dort Hütten banen will, muß sie bauen aus
Quadern von Schnee, das Hausgeräthe ist von Eis oder von Schuee, waS ihr
athmet, ist mit einem seinen Schneestaub untermischt, der euch denselben brennen¬
den Durst verursacht wie der Sand der Sahara; und wenn ihr diesen Durst
löschen wollt, so müßt ihr den Schnee erst kochen, denn er ist kieselhart. Und
das müßt ihr selbst während der drei Monate des Sommers. Des Sommers!
das sind die Monate Juli, August, September, welche zum größten Theile un¬
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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/465>, abgerufen am 24.01.2025.
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