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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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es nach uns ginge, wir halfen morgen wieder den Schleswig-Holsteinern und
klopften auf die alten Dänen los, wo wir sie sähen, aber was hilft dies alles,
die Herren von der Feder in Berlin haben unserm Fritz was eingeredet." --
Wie ungern die preußischen Soldaten ohne Ausnahme diesen Polizeidienst, zu dem
die Landesvcrsammlung sie gebraucht, versehen, zeigen sie übrigens möglichst deut¬
lich, singen bei jeder Gelegenheit, möglichst kräftig und begeistert: "Schleswig-Hol¬
stein mecnlmschlungensogar wenn es gilt dänischgesinnte Beamte zu eskortiren
und diese vor dem Ausbruch des Volksuuwillens zu schützen, was eine Hauptbe¬
schäftigung der Soldaten ist. Auch die preußischen Oberoffiziere, namentlich der
General v. Hahn, ein echt deutscher Mann, fühlen die zweideutige Stellung, die
sie hier einnehmen müssen, schmerzlich und suchen dieselbe so viel an ihnen
liegt, zu verbessern. Wie die Landesverwaltung überhaupt darnach strebt, alle
Stellen, zumal die bei der Polizei mit dänischgeflnnten Personen zu besetzen, so
wollte sie auch nach Schleswig einen gewissen Baron Eggers als Polizeiminister
senden. Dieser aber war vor einigen Jahren wegen Unterschlagung öffentlicher
Gelder in Schleswig selbst schimpflich aus dem Dienst entlassen und war weite¬
rer Strafe nur durch den Ausbruch der Unruhen, vor welchen er nach Kopen¬
hagen flüchtete, befreit worden. Einen solchen Menschen wieder für eine solche
einflußreiche Stelle zu bestimmen, war doch zu stark, und General Hahn, der zum
Schutz desselben aufgefordert war, denn ohne Eskorte hätte Eggers sich keine
Stunde in Schleswig aufhalten können, sandte noch in der Nacht eine Stafette
nach Flensburg und protestirte kräftig gegen die Ankunft desselben: "Offenbare Be¬
trüger zu schützen sei für preußische Waffen doch zu schmachvoll," ließ er sagen. In
Folge dieser Weigerung mußte die Anstellung unterbleiben. Sonst freilich müssen
die preußischen Truppen für die Landesverwaltung Befehle ausführen, die für
ihr militärisches Gefühl sehr schmerzlich sein können. Dahin gehören besonders die
Executionen gegen alle Ortschaften, welche die Befehle der Flensburger Herren
nicht ausführen wollen. Da nnn im ganzen südlichen Schleswig fast jedes Amt,
jede Stadtbehörde nnr gezwungen gehorcht, so ist dieser Dienst weder besonders
angenehm noch ehrenvoll für die Preußen. Natürlich trägt sich das Gehässige solcher
Aufträge unwillkürlich auf die unfreiwilligen Ausführer derselben über und gibt
der Stellung der preußische" Truppen hier etwas Peinliches, Gezwungenes. Mit
welchem freudigen Enthusiasmus wurden im vorigen Frühling die ersten preußi¬
schen Bataillone hier empfangen. Jetzt freilich kann man nicht leugnen, daß die
große Mehrzahl der Bevölkerung den Abmarsch derselben sehr gerne sehen würde.
Uebrigens ist man im Allgemeinen auch hier gerecht genug, dem bewiesenen Muth,
der tresslichen Disciplin ni^d der großen Gesittung des preußischen Heeres selbst,
die verdiente Anerkennung zsu zollen. Die Kosten der Executionen betreffend, so
werden diese größtentheils gemeinschaftlich vom ganzen Lande durch freiwillige


Grcnjbowl. IV. 1349. 58

es nach uns ginge, wir halfen morgen wieder den Schleswig-Holsteinern und
klopften auf die alten Dänen los, wo wir sie sähen, aber was hilft dies alles,
die Herren von der Feder in Berlin haben unserm Fritz was eingeredet." —
Wie ungern die preußischen Soldaten ohne Ausnahme diesen Polizeidienst, zu dem
die Landesvcrsammlung sie gebraucht, versehen, zeigen sie übrigens möglichst deut¬
lich, singen bei jeder Gelegenheit, möglichst kräftig und begeistert: „Schleswig-Hol¬
stein mecnlmschlungensogar wenn es gilt dänischgesinnte Beamte zu eskortiren
und diese vor dem Ausbruch des Volksuuwillens zu schützen, was eine Hauptbe¬
schäftigung der Soldaten ist. Auch die preußischen Oberoffiziere, namentlich der
General v. Hahn, ein echt deutscher Mann, fühlen die zweideutige Stellung, die
sie hier einnehmen müssen, schmerzlich und suchen dieselbe so viel an ihnen
liegt, zu verbessern. Wie die Landesverwaltung überhaupt darnach strebt, alle
Stellen, zumal die bei der Polizei mit dänischgeflnnten Personen zu besetzen, so
wollte sie auch nach Schleswig einen gewissen Baron Eggers als Polizeiminister
senden. Dieser aber war vor einigen Jahren wegen Unterschlagung öffentlicher
Gelder in Schleswig selbst schimpflich aus dem Dienst entlassen und war weite¬
rer Strafe nur durch den Ausbruch der Unruhen, vor welchen er nach Kopen¬
hagen flüchtete, befreit worden. Einen solchen Menschen wieder für eine solche
einflußreiche Stelle zu bestimmen, war doch zu stark, und General Hahn, der zum
Schutz desselben aufgefordert war, denn ohne Eskorte hätte Eggers sich keine
Stunde in Schleswig aufhalten können, sandte noch in der Nacht eine Stafette
nach Flensburg und protestirte kräftig gegen die Ankunft desselben: „Offenbare Be¬
trüger zu schützen sei für preußische Waffen doch zu schmachvoll," ließ er sagen. In
Folge dieser Weigerung mußte die Anstellung unterbleiben. Sonst freilich müssen
die preußischen Truppen für die Landesverwaltung Befehle ausführen, die für
ihr militärisches Gefühl sehr schmerzlich sein können. Dahin gehören besonders die
Executionen gegen alle Ortschaften, welche die Befehle der Flensburger Herren
nicht ausführen wollen. Da nnn im ganzen südlichen Schleswig fast jedes Amt,
jede Stadtbehörde nnr gezwungen gehorcht, so ist dieser Dienst weder besonders
angenehm noch ehrenvoll für die Preußen. Natürlich trägt sich das Gehässige solcher
Aufträge unwillkürlich auf die unfreiwilligen Ausführer derselben über und gibt
der Stellung der preußische» Truppen hier etwas Peinliches, Gezwungenes. Mit
welchem freudigen Enthusiasmus wurden im vorigen Frühling die ersten preußi¬
schen Bataillone hier empfangen. Jetzt freilich kann man nicht leugnen, daß die
große Mehrzahl der Bevölkerung den Abmarsch derselben sehr gerne sehen würde.
Uebrigens ist man im Allgemeinen auch hier gerecht genug, dem bewiesenen Muth,
der tresslichen Disciplin ni^d der großen Gesittung des preußischen Heeres selbst,
die verdiente Anerkennung zsu zollen. Die Kosten der Executionen betreffend, so
werden diese größtentheils gemeinschaftlich vom ganzen Lande durch freiwillige


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/460>, abgerufen am 15.01.2025.