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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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Aus Schleswig-Holstein.



Ein belebtes Ansehen hat jetzt die Festung Rendsburg, die beim Beginn
des Frciheitskampfes eine so bedeutende Rolle spielte. Ein großer Theil des
Schleswig-holsteinschen Heeres, das sich nach den Waffenstillstandsbcdingunge" ganz
aus Schleswig zurückziehen mußte, garnisonirt hier. Stattliche Truppen, die sich
mit den besten, die Deutschland besitzt, kühn vergleichen können; ein frischer kräf¬
tiger Geist, sehr strenge Disciplin, ohne jedes Kamaschenthum. Es ist eine Freude,
dies kleine, wackere Heer zu sehen, welches seine Tüchtigkeit schon in heißem Kampf
gezeigt hat. Besonders das Offiziercorps desselben enthält viel treffliche Elemente,
erfahrene, gebildete Männer, wie man sie nicht in alleu unseren deutschen Contin-
genten allzuhäufig findet. Von militärischem Dünkel, übermüthigem Kastengeist
keine Spur; daher auch überall das beste Einvernehmen mit allen übrigen Stän¬
den stattfindet. Die Bekleidung derselben gleicht fast ganz der preußische", sie ist
zweckmäßig und dem Auge wohlgefällig. Auch sonst sind die preußischen Militär-
einrichtungen, die sich so gut bewährt haben, nachgebildet und man kann die
Weswig-Hvlsteinsche Armee als eine Tochter der preußischen betrachten. All das
Gute der Mutter hat sie angenommen, einzelne Schroffheiten aber glücklich ver¬
mieden. Großes Verdienst haben bei der Organisation derselben der wackere Ge¬
neral v. Bonin und seine thätigen Gehilfen, der Oberst v. Se. Paul und der
Hauptmann v. Delius, die beide in diesem Sommer den Heldentod fanden. Die
Stärke des Heeres ist jetzt auf dem Kriegsfuß vou 34,000 Maun mit 96 Geschützen,
ein Beweis, welche Anstrengung das kleine Land gemacht hat. In allen Abthei¬
lungen der Schleswig-holsteinschen Armee lebt der eifrigste Wunsch nach neuem
Kampf und man hofft, daß derselbe noch im Lauf dieses Winters wieder beginnen
werde. Ohne fremde durch eigene Hilfe will man den Krieg ausfechten. Verhindert
Deutschland uur, daß Dänemark von fremden Staaten unterstützt wird, so wollen
wir allein schon mit demselben fertig werden. Soldaten steht solche Rede unter
allen Umständen gut. Vor der Hilfe anderer deutscher Kontingente hat man jetzt
überall gehörigen Widerwillen. Nicht als wenn man die Soldaten als tapfere
Waffenbrüder verschmähte, aber die vielen diplomatischen Rücksichten, das Zander¬
system, die heimliche" Intriguen aller Art, die mit denselben wieder einziehen wür¬
den, haßt man und will man um jeden Preis vermeiden. Zweimal hat man Trup¬
pen aus alleu möglichen Theilen Deutschlands gehabt und nichts mit denselben aus¬
richten dürfen, das dritte Mal will mau versuchen, ob es nicht mit eigenen Kräften
besser glückt. Wenn auch die Dänen am Meisten fürchten, allein mit der Schles¬
wig-holsteinschen Armee kämpfen zu müssen, welche man bis aus 40,000 Mann


Aus Schleswig-Holstein.



Ein belebtes Ansehen hat jetzt die Festung Rendsburg, die beim Beginn
des Frciheitskampfes eine so bedeutende Rolle spielte. Ein großer Theil des
Schleswig-holsteinschen Heeres, das sich nach den Waffenstillstandsbcdingunge» ganz
aus Schleswig zurückziehen mußte, garnisonirt hier. Stattliche Truppen, die sich
mit den besten, die Deutschland besitzt, kühn vergleichen können; ein frischer kräf¬
tiger Geist, sehr strenge Disciplin, ohne jedes Kamaschenthum. Es ist eine Freude,
dies kleine, wackere Heer zu sehen, welches seine Tüchtigkeit schon in heißem Kampf
gezeigt hat. Besonders das Offiziercorps desselben enthält viel treffliche Elemente,
erfahrene, gebildete Männer, wie man sie nicht in alleu unseren deutschen Contin-
genten allzuhäufig findet. Von militärischem Dünkel, übermüthigem Kastengeist
keine Spur; daher auch überall das beste Einvernehmen mit allen übrigen Stän¬
den stattfindet. Die Bekleidung derselben gleicht fast ganz der preußische», sie ist
zweckmäßig und dem Auge wohlgefällig. Auch sonst sind die preußischen Militär-
einrichtungen, die sich so gut bewährt haben, nachgebildet und man kann die
Weswig-Hvlsteinsche Armee als eine Tochter der preußischen betrachten. All das
Gute der Mutter hat sie angenommen, einzelne Schroffheiten aber glücklich ver¬
mieden. Großes Verdienst haben bei der Organisation derselben der wackere Ge¬
neral v. Bonin und seine thätigen Gehilfen, der Oberst v. Se. Paul und der
Hauptmann v. Delius, die beide in diesem Sommer den Heldentod fanden. Die
Stärke des Heeres ist jetzt auf dem Kriegsfuß vou 34,000 Maun mit 96 Geschützen,
ein Beweis, welche Anstrengung das kleine Land gemacht hat. In allen Abthei¬
lungen der Schleswig-holsteinschen Armee lebt der eifrigste Wunsch nach neuem
Kampf und man hofft, daß derselbe noch im Lauf dieses Winters wieder beginnen
werde. Ohne fremde durch eigene Hilfe will man den Krieg ausfechten. Verhindert
Deutschland uur, daß Dänemark von fremden Staaten unterstützt wird, so wollen
wir allein schon mit demselben fertig werden. Soldaten steht solche Rede unter
allen Umständen gut. Vor der Hilfe anderer deutscher Kontingente hat man jetzt
überall gehörigen Widerwillen. Nicht als wenn man die Soldaten als tapfere
Waffenbrüder verschmähte, aber die vielen diplomatischen Rücksichten, das Zander¬
system, die heimliche» Intriguen aller Art, die mit denselben wieder einziehen wür¬
den, haßt man und will man um jeden Preis vermeiden. Zweimal hat man Trup¬
pen aus alleu möglichen Theilen Deutschlands gehabt und nichts mit denselben aus¬
richten dürfen, das dritte Mal will mau versuchen, ob es nicht mit eigenen Kräften
besser glückt. Wenn auch die Dänen am Meisten fürchten, allein mit der Schles¬
wig-holsteinschen Armee kämpfen zu müssen, welche man bis aus 40,000 Mann


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/458>, abgerufen am 15.01.2025.