Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.oder Entrüstung; an öffentlichen Orten fiel kein Wort dagegen, obwohl es ü hereilt Mit Vorliebe schildert Heine die Begeisterung des Wiener Volkes für das Dasselbe pathetische Hochdeutsch entwickelt dieser patriarchalische Ritter der Blutdürstig gegen den gefangenen Fischhoff, zart und gemüthvoll gegen ein M. C. et. oder Entrüstung; an öffentlichen Orten fiel kein Wort dagegen, obwohl es ü hereilt Mit Vorliebe schildert Heine die Begeisterung des Wiener Volkes für das Dasselbe pathetische Hochdeutsch entwickelt dieser patriarchalische Ritter der Blutdürstig gegen den gefangenen Fischhoff, zart und gemüthvoll gegen ein M. C. et. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0439" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279987"/> <p xml:id="ID_1540" prev="#ID_1539"> oder Entrüstung; an öffentlichen Orten fiel kein Wort dagegen, obwohl es ü hereilt<lb/> gehalten wurde und Niemand — wie bei ähnlichen Blättern anderwärts zu geschehen<lb/> pflegt — so viel Scham zeigte, sich damit in einen einsamen Winkel deö Gast-<lb/> vder Kaffeehauses zu sejzen, wenn er es lesen wollte. Zweitens hat Herr Heine<lb/> sich einige Mal gröblich compromittirt, wie wir noch sehen werden, ohne dadurch<lb/> die Protection, die er genießt, zu verscherze».</p><lb/> <p xml:id="ID_1541"> Mit Vorliebe schildert Heine die Begeisterung des Wiener Volkes für das<lb/> Militär, welches Wien erstürmt hat. Die Kroaten wurden bei ihrer Einquartierung<lb/> in der Vorstadt Landstraße in allen Häusern wie die leiblichen Kinder empfange«,<lb/> „und alle Parteien kochten ihnen Knötel!" Goldmark veröffentlichte eine Erklä¬<lb/> rung in Leipziger Zeitungen und sagte, daß er sein Vaterland „mit blutendem<lb/> Herzen" verlasse. Ha, ruft das Fremdenblatt, welches aus Goldmark gern einen<lb/> Mörder machen möchte, „nicht mit blutendem Herzen, sondern mit blutenden<lb/> Händen" ist er davon gelaufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1542"> Dasselbe pathetische Hochdeutsch entwickelt dieser patriarchalische Ritter der<lb/> Ruh und Ordnung auf seinen Gängen dnrch Stadt und Vorstädte, wo er bald<lb/> „ein noch kleines Mädchen vou einem in der Geschwindigkeit betrunkenen, unvor¬<lb/> sichtigen Fiaker überführt" findet, bald zu seiner Befriedigung sich überzeugt, daß<lb/> der Skandal des Holzhauer Natzi, Alteugasse, Ur. so und so „nicht durch<lb/> ein unmoralisches Nothzuchtattentat producirt worden ist," oder daß „der<lb/> durch das Einquetschen eines umgcsnnkenen Fuhrmannspserdes mit seinem rücksei¬<lb/> tigen Körpertheil in ein offen gelassenes Caualloch entsprungene Menschenauflauf"<lb/> in der Bogner Gasse keine politische Bedeutung hatte, wie die Radikalen glaub¬<lb/> ten, die sich bereits mit schadenfroher Neugierde um das „unglückliche Pferd" her-<lb/> inustellten! — Vor einigen Monaten sprach das Fremdenblatt mit solcher Be¬<lb/> stimmtheit über Fischhoff's Aussagen, Schuld und unzweifelhafte Verurteilung,<lb/> daß anzunehmen war,, der Untersuchungsrichter habe das Amtsgeheimnis) verletzt<lb/> und geplaudert. Er citirte H. Heine, um ihn zur Verantwortung zu ziehen; —<lb/> einige Zeitungen meldeten diese Thatsache. Da ergrimmte der Patriot und er¬<lb/> klärte: l) Er sei weder citirt worden noch dürfe ihn Jemand citiren; 2) Die<lb/> Herren im Criminalnmt draußen würde» wohl thun, in ihren Citationen künftig<lb/> höflicher zu sei»! —</p><lb/> <p xml:id="ID_1543"> Blutdürstig gegen den gefangenen Fischhoff, zart und gemüthvoll gegen ein<lb/> Fuhrmcmuspferd, halb Cretin, halb Jesuit, das ist der „schwarzgelbe, wie er<lb/> sei» soll!"</p><lb/> <note type="byline"> M. C. et.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0439]
oder Entrüstung; an öffentlichen Orten fiel kein Wort dagegen, obwohl es ü hereilt
gehalten wurde und Niemand — wie bei ähnlichen Blättern anderwärts zu geschehen
pflegt — so viel Scham zeigte, sich damit in einen einsamen Winkel deö Gast-
vder Kaffeehauses zu sejzen, wenn er es lesen wollte. Zweitens hat Herr Heine
sich einige Mal gröblich compromittirt, wie wir noch sehen werden, ohne dadurch
die Protection, die er genießt, zu verscherze».
Mit Vorliebe schildert Heine die Begeisterung des Wiener Volkes für das
Militär, welches Wien erstürmt hat. Die Kroaten wurden bei ihrer Einquartierung
in der Vorstadt Landstraße in allen Häusern wie die leiblichen Kinder empfange«,
„und alle Parteien kochten ihnen Knötel!" Goldmark veröffentlichte eine Erklä¬
rung in Leipziger Zeitungen und sagte, daß er sein Vaterland „mit blutendem
Herzen" verlasse. Ha, ruft das Fremdenblatt, welches aus Goldmark gern einen
Mörder machen möchte, „nicht mit blutendem Herzen, sondern mit blutenden
Händen" ist er davon gelaufen.
Dasselbe pathetische Hochdeutsch entwickelt dieser patriarchalische Ritter der
Ruh und Ordnung auf seinen Gängen dnrch Stadt und Vorstädte, wo er bald
„ein noch kleines Mädchen vou einem in der Geschwindigkeit betrunkenen, unvor¬
sichtigen Fiaker überführt" findet, bald zu seiner Befriedigung sich überzeugt, daß
der Skandal des Holzhauer Natzi, Alteugasse, Ur. so und so „nicht durch
ein unmoralisches Nothzuchtattentat producirt worden ist," oder daß „der
durch das Einquetschen eines umgcsnnkenen Fuhrmannspserdes mit seinem rücksei¬
tigen Körpertheil in ein offen gelassenes Caualloch entsprungene Menschenauflauf"
in der Bogner Gasse keine politische Bedeutung hatte, wie die Radikalen glaub¬
ten, die sich bereits mit schadenfroher Neugierde um das „unglückliche Pferd" her-
inustellten! — Vor einigen Monaten sprach das Fremdenblatt mit solcher Be¬
stimmtheit über Fischhoff's Aussagen, Schuld und unzweifelhafte Verurteilung,
daß anzunehmen war,, der Untersuchungsrichter habe das Amtsgeheimnis) verletzt
und geplaudert. Er citirte H. Heine, um ihn zur Verantwortung zu ziehen; —
einige Zeitungen meldeten diese Thatsache. Da ergrimmte der Patriot und er¬
klärte: l) Er sei weder citirt worden noch dürfe ihn Jemand citiren; 2) Die
Herren im Criminalnmt draußen würde» wohl thun, in ihren Citationen künftig
höflicher zu sei»! —
Blutdürstig gegen den gefangenen Fischhoff, zart und gemüthvoll gegen ein
Fuhrmcmuspferd, halb Cretin, halb Jesuit, das ist der „schwarzgelbe, wie er
sei» soll!"
M. C. et.
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