Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.nachdem die Basis seiner Kraft, die Unabhängigkeit verloren gegangen war. Nicht Der romantische Nvvalismns mußte zuletzt mit dem realen Königthum in Die verletzte Eitelkeit des Dichters macht übrigens erklärlich, was bei einem Wir verlassen das politische Gebiet und wenden uns zu den litercmschcn Die neue Lyrik. Die Reform, welche Victor Hugo in der poetischen Sprache und Darstellungs- Jene drei Schriftsteller, die Chorführer einer werdenden Zeit, in welcher Grenjbvte". >V. 1849.
nachdem die Basis seiner Kraft, die Unabhängigkeit verloren gegangen war. Nicht Der romantische Nvvalismns mußte zuletzt mit dem realen Königthum in Die verletzte Eitelkeit des Dichters macht übrigens erklärlich, was bei einem Wir verlassen das politische Gebiet und wenden uns zu den litercmschcn Die neue Lyrik. Die Reform, welche Victor Hugo in der poetischen Sprache und Darstellungs- Jene drei Schriftsteller, die Chorführer einer werdenden Zeit, in welcher Grenjbvte». >V. 1849.
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nachdem die Basis seiner Kraft, die Unabhängigkeit verloren gegangen war. Nicht
das Königthum NichelieuS, Ludwigs XIV. war es, für welches Victor Hugo
schwärmte, wie hätte er sich mit der Perrücke n»d den beschnittenen Alleen von
Versailles aussöhnen können! — sondern das Königthum der Fronde, der Larochc-
Jacqnelin, des spanische» Trappisten, das Königthum, welches sein Hoflager in
der Mitte alter Ritterburgen hielt, umgeben von funkelnden Helmen und gehar¬
nischten Rossen. Sehr deutlich kaun man in seinen Dramen die Ruy Gomez
und die andern Gestalten des feudalen Königthums erkennen, an denen sein
Herz hing.
Der romantische Nvvalismns mußte zuletzt mit dem realen Königthum in
Conflict kommen, denn er war Opposition gegen die Regel, die Schule, also
auch gegen die Etikette. Als die Thcaterccnsnr Marion de Lorme und Hernani
beschnitt, brach die Romantik mit dem Königthum, und da sie, ihrer Caldervnschcu
Weltanschauung »ach, die nur Edelleute und Volk kannte, keine Bürger, mit der
herrschenden Klasse, der Bourgeoisie, in ein näheres Verhältniß nicht treten
konnte, so liebäugelte sie mit dem Socialismus, freilich nnr mit der Leichtfertig¬
keit einer Schönen, die aus Caprice sich einmal auch mit der Espece der Kutscher
zu thun macht.
Die verletzte Eitelkeit des Dichters macht übrigens erklärlich, was bei einem
bloßen Wechsel politischer Ueberzeugung befremden würde, die cynische Rücksichts¬
losigkeit, mit der sich Victor Hugo nach dem Sturz der Bourbonen über seine
alten Gönner aussprach.
Wir verlassen das politische Gebiet und wenden uns zu den litercmschcn
Reformen der neuen Schule.
Die neue Lyrik.
Die Reform, welche Victor Hugo in der poetischen Sprache und Darstellungs-
weise unternahm, war nicht etwas unbedingt Neues. Es war die Erneuerung der
Ronsard'schen Schule, mit der mau uuter den Prosaikern der Renaissance Mon¬
taigne und Rabelais füglich zusammenstellen kann, und es war nur eine Pflicht
der Pietät, wenn einer der geistvollsten Kritiker der neuen Richtung, Se. Beroe,
in seiner Literaturgeschichte den Versuch machte, diese« durch Malherbe und Boi-
leau so heftig angefochtenen Dichter in der öffentlichen Meinung wieder herzustellen.
Jene drei Schriftsteller, die Chorführer einer werdenden Zeit, in welcher
durch die Wiederherstellung der Philologie und das im Kampf der Revolution
neu angeregte theologische Interesse eine Fülle neuer Vorstellungen aus eine noch
ganz unsichere und prineiplose Bildung einströmte, haben für den Reichthum der
Grenjbvte». >V. 1849.
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