Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Aber die Spitze der ganzen Bewegung, wenn sie je eine gehabt hatte, war Nachdem die Preußen die fideler Nheinpfälzer Schöppli'shelden auseinander¬ Wie rasch das Absteige" der Bewegung erfolgte, ergibt sich ans dem geringen Aber die Spitze der ganzen Bewegung, wenn sie je eine gehabt hatte, war Nachdem die Preußen die fideler Nheinpfälzer Schöppli'shelden auseinander¬ Wie rasch das Absteige» der Bewegung erfolgte, ergibt sich ans dem geringen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0378" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279926"/> <p xml:id="ID_1351"> Aber die Spitze der ganzen Bewegung, wenn sie je eine gehabt hatte, war<lb/> dnrch den nüchternen Ausgang des Tags auf dem Judcnbnhl abgebrochen. Vor<lb/> wie nach setzte es zwar uoch allsonntäglich Volksversammlungen fast in jedem Städt¬<lb/> chen des Landes und jede redigirte eine Adresse nach dem Zuschnitt der erwähnten.<lb/> Indessen wurden der Zuhörer immer weniger, trotzdem daß man in München<lb/> nicht einmal scheinbar den Wünschen der Franken entgegenkam. Selbst als der<lb/> Unfug int übrigen südlichen Deutschland noch immer höher stieg, als mich Baden<lb/> losbrach und man täglich von der Flucht oder Enthauptung des Königs von<lb/> Würtemberg sprach, nahm die Bewegung in Franken ganz von innen heraus,<lb/> ohne Zuthun der Negierung fortwährend ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_1352"> Nachdem die Preußen die fideler Nheinpfälzer Schöppli'shelden auseinander¬<lb/> gesprengt und in Baden festen Fuß gefaßt hatten, ermannte sich endlich anch die<lb/> bairische Regierung. Es wurden in aller Eile Truppen nach Franken geschickt und<lb/> mit den vorhandenen zu einer westfränkischen Operativnsarmee formut. Ein Theil<lb/> derselben löste die Preußen in der Rheinpfalz ab, der andere verbreitete sich über<lb/> die Gegenden von Franken, die man als den Hauptsitz der Malcontenten mit Recht<lb/> und mit Unrecht ansah, Würzburg, Bamberg, die Grenzstrichc gegen Thüringen,<lb/> Nürnberg und seine Umgebung. Unter dem Schutz dieser Bayonuctte traute sich<lb/> auch die Polizei wieder hervor und es erfolgten nun erst jene massenhaften Ver¬<lb/> haftungen von Landtagsabgeordneten, Zeitnngsrcdaktcuren, Turnern, Malern,<lb/> Fabrikarbeitern, die seiner Zeit viel von sich reden machten. — Auf den meisten<lb/> Volksversammlungen hatten immer dieselben Redner gesprochen, im Ganzen viel¬<lb/> leicht zwei oder drei Dutzend, die anderen verhielten sich bis auf die obligaten<lb/> Bravo's still. Jetzt wurden nicht blos jene wohlbekannten Acteure des Drama's,<lb/> sondern auch vou dem Publikum alle diejenigen herausgegriffen, welche sich die<lb/> Gensdarmen oder nicht offizielle wohlgesinnte Beobachter notirt hatten. Mit dem¬<lb/> selben Rechte hätte man fast die ganze männliche Bevölkerung des Landes arreti-<lb/> ren können, denn es gab wohl kaum einen Mensch-in in ganz Franken, der nicht<lb/> wenigstens bei einer Volksversammlung zugegen gewesen und nur wenige, die uicht<lb/> eine und die andere jener Petitionen unterschrieben gehabt hätten. Die einfache<lb/> Erwägung dieses Umstandes, den die Regierung im ersten Eifer nach dem Ab¬<lb/> lauf ihres unfreiwilligen Jnstititinms wohl übersehen hatte, war denn anch die<lb/> Veranlassung zu der vor kurzem ertheilten Amnestie. Sie trifft fast lauter solche<lb/> Juhaftirte, die sich dem Gericht gegenüber ans viele tausend frei herumgehende<lb/> Mitschuldige berufen konnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1353" next="#ID_1354"> Wie rasch das Absteige» der Bewegung erfolgte, ergibt sich ans dem geringen<lb/> Eindruck, den jene Verhaftungen hervorbrachten. Jetzt, kaum fünf Monate, nachdem<lb/> Franken seine Nevolntum machen wollte, sind wenigstens jene Selbststäudigkcits-<lb/> träume vollkommen ausgeschlafen und auch außerdem eine politische Abspannung<lb/> eingetreten, die in ähnlicher Weise wohl überall vorhanden ist, aber hier doch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0378]
Aber die Spitze der ganzen Bewegung, wenn sie je eine gehabt hatte, war
dnrch den nüchternen Ausgang des Tags auf dem Judcnbnhl abgebrochen. Vor
wie nach setzte es zwar uoch allsonntäglich Volksversammlungen fast in jedem Städt¬
chen des Landes und jede redigirte eine Adresse nach dem Zuschnitt der erwähnten.
Indessen wurden der Zuhörer immer weniger, trotzdem daß man in München
nicht einmal scheinbar den Wünschen der Franken entgegenkam. Selbst als der
Unfug int übrigen südlichen Deutschland noch immer höher stieg, als mich Baden
losbrach und man täglich von der Flucht oder Enthauptung des Königs von
Würtemberg sprach, nahm die Bewegung in Franken ganz von innen heraus,
ohne Zuthun der Negierung fortwährend ab.
Nachdem die Preußen die fideler Nheinpfälzer Schöppli'shelden auseinander¬
gesprengt und in Baden festen Fuß gefaßt hatten, ermannte sich endlich anch die
bairische Regierung. Es wurden in aller Eile Truppen nach Franken geschickt und
mit den vorhandenen zu einer westfränkischen Operativnsarmee formut. Ein Theil
derselben löste die Preußen in der Rheinpfalz ab, der andere verbreitete sich über
die Gegenden von Franken, die man als den Hauptsitz der Malcontenten mit Recht
und mit Unrecht ansah, Würzburg, Bamberg, die Grenzstrichc gegen Thüringen,
Nürnberg und seine Umgebung. Unter dem Schutz dieser Bayonuctte traute sich
auch die Polizei wieder hervor und es erfolgten nun erst jene massenhaften Ver¬
haftungen von Landtagsabgeordneten, Zeitnngsrcdaktcuren, Turnern, Malern,
Fabrikarbeitern, die seiner Zeit viel von sich reden machten. — Auf den meisten
Volksversammlungen hatten immer dieselben Redner gesprochen, im Ganzen viel¬
leicht zwei oder drei Dutzend, die anderen verhielten sich bis auf die obligaten
Bravo's still. Jetzt wurden nicht blos jene wohlbekannten Acteure des Drama's,
sondern auch vou dem Publikum alle diejenigen herausgegriffen, welche sich die
Gensdarmen oder nicht offizielle wohlgesinnte Beobachter notirt hatten. Mit dem¬
selben Rechte hätte man fast die ganze männliche Bevölkerung des Landes arreti-
ren können, denn es gab wohl kaum einen Mensch-in in ganz Franken, der nicht
wenigstens bei einer Volksversammlung zugegen gewesen und nur wenige, die uicht
eine und die andere jener Petitionen unterschrieben gehabt hätten. Die einfache
Erwägung dieses Umstandes, den die Regierung im ersten Eifer nach dem Ab¬
lauf ihres unfreiwilligen Jnstititinms wohl übersehen hatte, war denn anch die
Veranlassung zu der vor kurzem ertheilten Amnestie. Sie trifft fast lauter solche
Juhaftirte, die sich dem Gericht gegenüber ans viele tausend frei herumgehende
Mitschuldige berufen konnten.
Wie rasch das Absteige» der Bewegung erfolgte, ergibt sich ans dem geringen
Eindruck, den jene Verhaftungen hervorbrachten. Jetzt, kaum fünf Monate, nachdem
Franken seine Nevolntum machen wollte, sind wenigstens jene Selbststäudigkcits-
träume vollkommen ausgeschlafen und auch außerdem eine politische Abspannung
eingetreten, die in ähnlicher Weise wohl überall vorhanden ist, aber hier doch
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |