Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.echt Zairischer Grobheit gewürzt, und drohte schließlich mit einem Abfall des Höchst charakteristisch für diese fränkischen Maitage mit ihren TrennnugSphan- So ging der 1!!. Mai zu Grabe, ohne ein fränkisches Reich geschaffen zu Die bairische Negierung befand sich übrigens damals so sehr im Gedränge, echt Zairischer Grobheit gewürzt, und drohte schließlich mit einem Abfall des Höchst charakteristisch für diese fränkischen Maitage mit ihren TrennnugSphan- So ging der 1!!. Mai zu Grabe, ohne ein fränkisches Reich geschaffen zu Die bairische Negierung befand sich übrigens damals so sehr im Gedränge, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0377" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279925"/> <p xml:id="ID_1347" prev="#ID_1346"> echt Zairischer Grobheit gewürzt, und drohte schließlich mit einem Abfall des<lb/> ganzen fränkischen Landes, nud der Constituirung eines sclbststündigen Königreichs<lb/> oder Republik der Franken. Ueber letzteren Punkt waltete noch einige Meinungs¬<lb/> verschiedenheit, so einverstanden anch Alle mit der Trennung von Baiern waren.<lb/> Es schien, als wenn jetzt mit einem Schlag das lange Sündenregister der Münchner<lb/> Negierung, das von 1803 bis 1849 fortlief, in Aller Gedächtniß lebte, während<lb/> es zur Zeit der Märzbeweguug ganz in Vergessenheit geruht hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1348"> Höchst charakteristisch für diese fränkischen Maitage mit ihren TrennnugSphan-<lb/> tasien ist es, daß Vogt, der von dem Donnersberg abgeschickt war, um das Ter¬<lb/> rain zu sondiren, ans jener Nürnberger Versammlung entschieden zur Mäßigung<lb/> riech, nicht etwa in Folge der gewöhnlichen Taktik der Straßendemagogie, sondern<lb/> weil er doch noch unbefangenes Urtheil genug übrig hatte, um zu sehen, daß wie<lb/> Land und Leute in Franken beschaffen sind, ein gewaltsamer Schritt zu einem<lb/> lächerlichen Resultate führen mußte. Es fehlte durchaus an aller Organisation<lb/> für einen Pulses, um die Leute, wenn der erste Rausch verflogen war, auch dann<lb/> noch zusammenzuhalten. Unter den krawallireuden Rednern war auch kein einziger,<lb/> der von früher her mit der Pntschpraxis vertraut war, oder auch nnr eine Spur<lb/> von dem Nevvlutivnstalente besaß, das im Nothfall die Routine ersetzen kann.<lb/> Darum mußte Vogt in wohlverstandenen Interesse seiner Partei zur Ruhe und<lb/> Mäßigung mahnen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1349"> So ging der 1!!. Mai zu Grabe, ohne ein fränkisches Reich geschaffen zu<lb/> haben. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1350"> Die bairische Negierung befand sich übrigens damals so sehr im Gedränge,<lb/> daß sie die ganze Agitation passiv mit ansah. Höchstens consignirte man die<lb/> Truppen in den Kasernen und verstärkte die Gensdarmerie. Die Vorgänge in<lb/> der Rheinpfalz und Dresden, noch mehr aber die Hivbsposten aus Ungarn hatten<lb/> die Münchner Staatslenker vollständig niedergeschmettert. König und Minister,<lb/> die sonst so laut auf die Selbstständigkeit und Größe Baierns gepocht, nahmen<lb/> die Adressen, worin eine ganze Provinz unumwunden ihren Abfall erklärte, demü¬<lb/> thig hin. Das Vertrauen zu der bis dahin felsenfest geglaubten Stütze des<lb/> Throns, dem bairischen Heere, war verloren. Ein volles Fünftheil desselben,<lb/> die Truppen in der Rheinpfalz, befanden sich unter den Fahnen der Insurgenten;<lb/> die Regimenter in Schwaben erklärten laut ihre Sympathie mit den pfälzischen<lb/> Brüdern und daß sie nicht auf sie schießen würden. Franken war schwach besetzt<lb/> und die Hälfte der dortigen Truppen harrte nur auf ein Signal zum Abfall.<lb/> Die andere Hälfte war wenigstens nicht gesonnen, sich für ihren angestammten<lb/> König vom Volke massacriren zu lassen. So hätte man sich dann in München in<lb/> den Abfall Frankens mit derselben Resignation und demselben Gottvertrauen auf<lb/> die damals unschätzbaren preußischen Pickelhauben gefunden, wie man sich<lb/> die pfälzische Jnsurrection fügte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0377]
echt Zairischer Grobheit gewürzt, und drohte schließlich mit einem Abfall des
ganzen fränkischen Landes, nud der Constituirung eines sclbststündigen Königreichs
oder Republik der Franken. Ueber letzteren Punkt waltete noch einige Meinungs¬
verschiedenheit, so einverstanden anch Alle mit der Trennung von Baiern waren.
Es schien, als wenn jetzt mit einem Schlag das lange Sündenregister der Münchner
Negierung, das von 1803 bis 1849 fortlief, in Aller Gedächtniß lebte, während
es zur Zeit der Märzbeweguug ganz in Vergessenheit geruht hatte.
Höchst charakteristisch für diese fränkischen Maitage mit ihren TrennnugSphan-
tasien ist es, daß Vogt, der von dem Donnersberg abgeschickt war, um das Ter¬
rain zu sondiren, ans jener Nürnberger Versammlung entschieden zur Mäßigung
riech, nicht etwa in Folge der gewöhnlichen Taktik der Straßendemagogie, sondern
weil er doch noch unbefangenes Urtheil genug übrig hatte, um zu sehen, daß wie
Land und Leute in Franken beschaffen sind, ein gewaltsamer Schritt zu einem
lächerlichen Resultate führen mußte. Es fehlte durchaus an aller Organisation
für einen Pulses, um die Leute, wenn der erste Rausch verflogen war, auch dann
noch zusammenzuhalten. Unter den krawallireuden Rednern war auch kein einziger,
der von früher her mit der Pntschpraxis vertraut war, oder auch nnr eine Spur
von dem Nevvlutivnstalente besaß, das im Nothfall die Routine ersetzen kann.
Darum mußte Vogt in wohlverstandenen Interesse seiner Partei zur Ruhe und
Mäßigung mahnen. —
So ging der 1!!. Mai zu Grabe, ohne ein fränkisches Reich geschaffen zu
haben. —
Die bairische Negierung befand sich übrigens damals so sehr im Gedränge,
daß sie die ganze Agitation passiv mit ansah. Höchstens consignirte man die
Truppen in den Kasernen und verstärkte die Gensdarmerie. Die Vorgänge in
der Rheinpfalz und Dresden, noch mehr aber die Hivbsposten aus Ungarn hatten
die Münchner Staatslenker vollständig niedergeschmettert. König und Minister,
die sonst so laut auf die Selbstständigkeit und Größe Baierns gepocht, nahmen
die Adressen, worin eine ganze Provinz unumwunden ihren Abfall erklärte, demü¬
thig hin. Das Vertrauen zu der bis dahin felsenfest geglaubten Stütze des
Throns, dem bairischen Heere, war verloren. Ein volles Fünftheil desselben,
die Truppen in der Rheinpfalz, befanden sich unter den Fahnen der Insurgenten;
die Regimenter in Schwaben erklärten laut ihre Sympathie mit den pfälzischen
Brüdern und daß sie nicht auf sie schießen würden. Franken war schwach besetzt
und die Hälfte der dortigen Truppen harrte nur auf ein Signal zum Abfall.
Die andere Hälfte war wenigstens nicht gesonnen, sich für ihren angestammten
König vom Volke massacriren zu lassen. So hätte man sich dann in München in
den Abfall Frankens mit derselben Resignation und demselben Gottvertrauen auf
die damals unschätzbaren preußischen Pickelhauben gefunden, wie man sich
die pfälzische Jnsurrection fügte.
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