Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.politischen Nedevcrcin zu Wien durch seinen Liberalismus und sein Talent bemerkbar, nen Jahre an der hiesigen Universität vor sehr zahlreichen Auditorien geistreiche Vor¬ Siegfried Kapp er leistet als Feuilletonist Vortreffliches; anziehend sind seine Ein Journal, auf welches die Deutschen in Böhmen einst große Hoffnungen setz politischen Nedevcrcin zu Wien durch seinen Liberalismus und sein Talent bemerkbar, nen Jahre an der hiesigen Universität vor sehr zahlreichen Auditorien geistreiche Vor¬ Siegfried Kapp er leistet als Feuilletonist Vortreffliches; anziehend sind seine Ein Journal, auf welches die Deutschen in Böhmen einst große Hoffnungen setz <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279905"/> <p xml:id="ID_1279" prev="#ID_1278"> politischen Nedevcrcin zu Wien durch seinen Liberalismus und sein Talent bemerkbar,<lb/> rind wir können letzteres auch dem Redakteur zuerkennen. Er liest nun, von der Regie¬<lb/> rung dazu berufen, als außerordentlicher Professor mit einem bedeutenden Gehalte ho-<lb/> norirt, über „Staatsrecht." Da unsere juridischen Lehrstühle ohnehin keinen Ueberfluß<lb/> um Talenten aufzuweisen haben, so wird Hafner von seinen Kollegen mindestens nicht<lb/> verdunkelt werden. Ein Blatt, das mit großartigen Mitteln gegründet wurde und unter<lb/> seinen Federn noch jetzt hervorragende Kapacitäten zählt, ist das „Eonstitntionelle Blatt<lb/> aus Böhmen." Es war ein glückliches Unternehmen der Gebrüder Haase, in der in¬<lb/> teressantesten Zeit des Jahres >848, im Monate April, mit einem Journal hervorzu¬<lb/> treten, das aus die schnellste und ausführlichste Weise die allgemeine Neugierde der<lb/> politischen Welt zu befriedigen versprach. Durch die Belletristik der „Bohemia" mit<lb/> großen literarischen Kräften des In-und Auslandes in Verbindung gelang es den Heraus¬<lb/> gebern des Constitutionellen Blattes, dieselben Kräfte auch für die politische Sphäre<lb/> zu gewinnen, wobei die Zeno'g ebensowohl durch ihre wohlunterrichteten auswärtigen<lb/> Korrespondenten als durch die Schnelligkeit, womit sie wichtige Ereignisse dem Publi¬<lb/> kum mitzutheilen sich beeilte, bedeutend gedieh. Der Absatz des Blattes ward bald ein<lb/> reißender, und wiewohl es eigentlich keine selbstständige Partei vertrat, löste es dennoch<lb/> als historische Quelle seine Aufgabe vollkommen. Die Leitung der Redaktion führt<lb/> Franz Klntschak, ein Mann von viel Verstand und Nildung. Wie ich mit Bestimmt¬<lb/> heit höre, wird das Blatt nächstens auch regelmäßig leitende Artikel bringen. Drei<lb/> seiner vorzüglichsten Mitarbeiter sind: Anton Springer, Adolf Neustadt und<lb/> Siegfried Kapp er. Springer ist el» junger Gelehrter, der im verflosse¬</p><lb/> <p xml:id="ID_1280"> nen Jahre an der hiesigen Universität vor sehr zahlreichen Auditorien geistreiche Vor¬<lb/> träge über die Geschichte der Revolution des letzten Jahrhunderts hielt und sie auch<lb/> als ein ganzes Werk im Drucke herausgab. Er unternahm vor einigen Monaten eine<lb/> Reise durch Deutschland und die Niederlande nach Frankreich, wo er sich noch jetzt auf¬<lb/> hält, und bisweilen den Leser des Constitutionellen Blattes durch seine schönen Briefe<lb/> anzieht. — Adolf Neustadt zeichnet sich in seinen Aufsätzen durch treffende Gedan¬<lb/> ken und politischen Scharfblick ans. Letzterer hat ihm aber im vorigen Jahre viele<lb/> Feinde zugezogen, und weil er in seinen Briefen nicht alle Schritte der Phantasten<lb/> billigte, Italien und Ungarn für Oestreich vindizirte, nud überall zur Besonnenheit<lb/> rieth, ward er alö illiberal verschrieen, bis er diesen Leumund durch seine „politischen<lb/> Briefe" widerlegte. Leider war das Leben der „politischen Briefe" nur kurz, denn die<lb/> Parze des freien Wortes in Oestreich, das Schwarzenberg'sche Preßgcsctz, machte ihre<lb/> Existenz »»möglich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1281"> Siegfried Kapp er leistet als Feuilletonist Vortreffliches; anziehend sind seine<lb/> Schilderungen südslavischen Lebens. — Außerdem hat dieses Blatt ein Cvrrcspondenznctz<lb/> dnrch Europa gezogen, wie gewiß kein zweites Blatt in Oestreich. >— Im Ganzen ist<lb/> seine Tendenz constitutionelle Entwickelung und Gleichberechtigung beider Nationalitäten.<lb/> Die „Bohemia" ist blos als Fcnilletonbeilage dieses Journals 'zu betrachten. Andere<lb/> hier erscheinende belletristische Schriften, wie das „Panorama", „Bild und Leben" und<lb/> die „Erinnerungen" sind periodischer Natur und von geringer Bedeutung.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1282" next="#ID_1283"> Ein Journal, auf welches die Deutschen in Böhmen einst große Hoffnungen setz<lb/> ten, ist die „Deutsche Zeitung aus Böhmen." Es gibt kaum ein größeres<lb/> Mißgeschick für ein politisches Blatt, als häufiger Ncdaktionswcchsel. Wie ein Knabe,<lb/> der mit Lehrern hcinfig wechselt, selbst wenn sie nach denselben Grundsätzen der Päda¬<lb/> gogik vorgehen, in seiner Bildung dennoch schwankend wird, so' existirte ein solche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
politischen Nedevcrcin zu Wien durch seinen Liberalismus und sein Talent bemerkbar,
rind wir können letzteres auch dem Redakteur zuerkennen. Er liest nun, von der Regie¬
rung dazu berufen, als außerordentlicher Professor mit einem bedeutenden Gehalte ho-
norirt, über „Staatsrecht." Da unsere juridischen Lehrstühle ohnehin keinen Ueberfluß
um Talenten aufzuweisen haben, so wird Hafner von seinen Kollegen mindestens nicht
verdunkelt werden. Ein Blatt, das mit großartigen Mitteln gegründet wurde und unter
seinen Federn noch jetzt hervorragende Kapacitäten zählt, ist das „Eonstitntionelle Blatt
aus Böhmen." Es war ein glückliches Unternehmen der Gebrüder Haase, in der in¬
teressantesten Zeit des Jahres >848, im Monate April, mit einem Journal hervorzu¬
treten, das aus die schnellste und ausführlichste Weise die allgemeine Neugierde der
politischen Welt zu befriedigen versprach. Durch die Belletristik der „Bohemia" mit
großen literarischen Kräften des In-und Auslandes in Verbindung gelang es den Heraus¬
gebern des Constitutionellen Blattes, dieselben Kräfte auch für die politische Sphäre
zu gewinnen, wobei die Zeno'g ebensowohl durch ihre wohlunterrichteten auswärtigen
Korrespondenten als durch die Schnelligkeit, womit sie wichtige Ereignisse dem Publi¬
kum mitzutheilen sich beeilte, bedeutend gedieh. Der Absatz des Blattes ward bald ein
reißender, und wiewohl es eigentlich keine selbstständige Partei vertrat, löste es dennoch
als historische Quelle seine Aufgabe vollkommen. Die Leitung der Redaktion führt
Franz Klntschak, ein Mann von viel Verstand und Nildung. Wie ich mit Bestimmt¬
heit höre, wird das Blatt nächstens auch regelmäßig leitende Artikel bringen. Drei
seiner vorzüglichsten Mitarbeiter sind: Anton Springer, Adolf Neustadt und
Siegfried Kapp er. Springer ist el» junger Gelehrter, der im verflosse¬
nen Jahre an der hiesigen Universität vor sehr zahlreichen Auditorien geistreiche Vor¬
träge über die Geschichte der Revolution des letzten Jahrhunderts hielt und sie auch
als ein ganzes Werk im Drucke herausgab. Er unternahm vor einigen Monaten eine
Reise durch Deutschland und die Niederlande nach Frankreich, wo er sich noch jetzt auf¬
hält, und bisweilen den Leser des Constitutionellen Blattes durch seine schönen Briefe
anzieht. — Adolf Neustadt zeichnet sich in seinen Aufsätzen durch treffende Gedan¬
ken und politischen Scharfblick ans. Letzterer hat ihm aber im vorigen Jahre viele
Feinde zugezogen, und weil er in seinen Briefen nicht alle Schritte der Phantasten
billigte, Italien und Ungarn für Oestreich vindizirte, nud überall zur Besonnenheit
rieth, ward er alö illiberal verschrieen, bis er diesen Leumund durch seine „politischen
Briefe" widerlegte. Leider war das Leben der „politischen Briefe" nur kurz, denn die
Parze des freien Wortes in Oestreich, das Schwarzenberg'sche Preßgcsctz, machte ihre
Existenz »»möglich.
Siegfried Kapp er leistet als Feuilletonist Vortreffliches; anziehend sind seine
Schilderungen südslavischen Lebens. — Außerdem hat dieses Blatt ein Cvrrcspondenznctz
dnrch Europa gezogen, wie gewiß kein zweites Blatt in Oestreich. >— Im Ganzen ist
seine Tendenz constitutionelle Entwickelung und Gleichberechtigung beider Nationalitäten.
Die „Bohemia" ist blos als Fcnilletonbeilage dieses Journals 'zu betrachten. Andere
hier erscheinende belletristische Schriften, wie das „Panorama", „Bild und Leben" und
die „Erinnerungen" sind periodischer Natur und von geringer Bedeutung.'
Ein Journal, auf welches die Deutschen in Böhmen einst große Hoffnungen setz
ten, ist die „Deutsche Zeitung aus Böhmen." Es gibt kaum ein größeres
Mißgeschick für ein politisches Blatt, als häufiger Ncdaktionswcchsel. Wie ein Knabe,
der mit Lehrern hcinfig wechselt, selbst wenn sie nach denselben Grundsätzen der Päda¬
gogik vorgehen, in seiner Bildung dennoch schwankend wird, so' existirte ein solche
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