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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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russischen Regierung die Auszeichnung einräumen sollen, die einzige constszirende
zu sein in Europa. Die alte ungarische Verfassung läßt zwar allerdings die Con¬
fiscation zu, man hat aber in Ungarn die neue Verfassung bereits zweimal
publizirt, zum Coufiszireu aber hält man sich noch an die alte!
Selbst Herr v. Kraus, der immer lächelnde und zufrieden-ruhige, dürste erröthen
bei Empfang der auf diesem unlautern Wege ihm zugeführten Finanzznschnsse.

Wir beurtheilen Herrn v. Kraus uicht als Staatsmann, das ist er uicht,
aber als Geldmann ist er eine unschätzbare Specialität; wir zweifeln, daß Oestreich
eine zweite aufzutreiben vermöchte, er hat die Wiener Geldfürsten und Bankkönige
nicht angetastet, so lange er sie nothwendig brauchte; als sie ihm die Anleihe
abdrücken wollten, scheute er kein Mittel, kein Kunststück, um den Abschluß bis
nach Beendigung des Krieges in Ungarn zu verschieben, und es gelang ihm in
so kritischer Zeit, die Anleihe, und überdies eine vier und einhulbprozentige zum
Course von 85 durch freiwillige Subscnptivnen zu decken, während in vormärz¬
licher ruhiger Zeit seine Vorgänger dies für ein Wagniß erklärt hätten, freilich
ans Gründen, welche sich begreifen lassen. Nicht lange wird es währen, und es
überrascht der Finanzminister die Bank mit dem Befehle, die Neserveactien zu
emittiren und hilft dadurch der Silbernvth voraussichtlich ab.

Wollte Minister Schwarzenberg dem Rufe nach ehrlicher Freiheit, nach HHu¬
manität, nach Rücksicht für die würdige Stellung der Krone eben so bereitwillig
entsprechen, als Herr v. Kraus dem Rufe nach Geld entsprochen hat, und vor¬
aussichtlich in Ewigkeit entsprechen wird, wie glücklich könnte sich Alles formen.


- N.


Korrespondenzen und Notizen.



Ein Wort über den waldeck'schen Prozeß.

Die Anklageschrift gegen Waldeck, welche nun auch durch die ministeriellen
tungen veröffentlicht wird, gibt zu einigen eben so überraschenden als traurigen Bemer-
kungen Veranlassung.

Waldeck wird angeklagt, "von einem-hochverrätherischen Unternehmen Wiisenscha>
erhalten, es aber unterlassen zu haben, davon der Obrigkeit Anzeige zu machen-" ^
Sowohl die Existenz dieses hochverräterischen Unternehmens als die Mitwisst'^
schaft Waldeck's wird durch ein Papier erwiesen, welches sich bei dem Handlungsrelse>^
den Ohm vorgefunden hat -- denn sowohl die gesetzliche Wirksamkeit WaM"
Jahres
ebenfalls gesetzlichen Agitationen zu Bildung einer demokratischen Partei, bei denen erin der Nationalversammlung, als seine, nach den Grundsätzen des vorigen - ^


russischen Regierung die Auszeichnung einräumen sollen, die einzige constszirende
zu sein in Europa. Die alte ungarische Verfassung läßt zwar allerdings die Con¬
fiscation zu, man hat aber in Ungarn die neue Verfassung bereits zweimal
publizirt, zum Coufiszireu aber hält man sich noch an die alte!
Selbst Herr v. Kraus, der immer lächelnde und zufrieden-ruhige, dürste erröthen
bei Empfang der auf diesem unlautern Wege ihm zugeführten Finanzznschnsse.

Wir beurtheilen Herrn v. Kraus uicht als Staatsmann, das ist er uicht,
aber als Geldmann ist er eine unschätzbare Specialität; wir zweifeln, daß Oestreich
eine zweite aufzutreiben vermöchte, er hat die Wiener Geldfürsten und Bankkönige
nicht angetastet, so lange er sie nothwendig brauchte; als sie ihm die Anleihe
abdrücken wollten, scheute er kein Mittel, kein Kunststück, um den Abschluß bis
nach Beendigung des Krieges in Ungarn zu verschieben, und es gelang ihm in
so kritischer Zeit, die Anleihe, und überdies eine vier und einhulbprozentige zum
Course von 85 durch freiwillige Subscnptivnen zu decken, während in vormärz¬
licher ruhiger Zeit seine Vorgänger dies für ein Wagniß erklärt hätten, freilich
ans Gründen, welche sich begreifen lassen. Nicht lange wird es währen, und es
überrascht der Finanzminister die Bank mit dem Befehle, die Neserveactien zu
emittiren und hilft dadurch der Silbernvth voraussichtlich ab.

Wollte Minister Schwarzenberg dem Rufe nach ehrlicher Freiheit, nach HHu¬
manität, nach Rücksicht für die würdige Stellung der Krone eben so bereitwillig
entsprechen, als Herr v. Kraus dem Rufe nach Geld entsprochen hat, und vor¬
aussichtlich in Ewigkeit entsprechen wird, wie glücklich könnte sich Alles formen.


- N.


Korrespondenzen und Notizen.



Ein Wort über den waldeck'schen Prozeß.

Die Anklageschrift gegen Waldeck, welche nun auch durch die ministeriellen
tungen veröffentlicht wird, gibt zu einigen eben so überraschenden als traurigen Bemer-
kungen Veranlassung.

Waldeck wird angeklagt, „von einem-hochverrätherischen Unternehmen Wiisenscha>
erhalten, es aber unterlassen zu haben, davon der Obrigkeit Anzeige zu machen-" ^
Sowohl die Existenz dieses hochverräterischen Unternehmens als die Mitwisst'^
schaft Waldeck's wird durch ein Papier erwiesen, welches sich bei dem Handlungsrelse>^
den Ohm vorgefunden hat — denn sowohl die gesetzliche Wirksamkeit WaM»
Jahres
ebenfalls gesetzlichen Agitationen zu Bildung einer demokratischen Partei, bei denen erin der Nationalversammlung, als seine, nach den Grundsätzen des vorigen - ^


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[0353] russischen Regierung die Auszeichnung einräumen sollen, die einzige constszirende zu sein in Europa. Die alte ungarische Verfassung läßt zwar allerdings die Con¬ fiscation zu, man hat aber in Ungarn die neue Verfassung bereits zweimal publizirt, zum Coufiszireu aber hält man sich noch an die alte! Selbst Herr v. Kraus, der immer lächelnde und zufrieden-ruhige, dürste erröthen bei Empfang der auf diesem unlautern Wege ihm zugeführten Finanzznschnsse. Wir beurtheilen Herrn v. Kraus uicht als Staatsmann, das ist er uicht, aber als Geldmann ist er eine unschätzbare Specialität; wir zweifeln, daß Oestreich eine zweite aufzutreiben vermöchte, er hat die Wiener Geldfürsten und Bankkönige nicht angetastet, so lange er sie nothwendig brauchte; als sie ihm die Anleihe abdrücken wollten, scheute er kein Mittel, kein Kunststück, um den Abschluß bis nach Beendigung des Krieges in Ungarn zu verschieben, und es gelang ihm in so kritischer Zeit, die Anleihe, und überdies eine vier und einhulbprozentige zum Course von 85 durch freiwillige Subscnptivnen zu decken, während in vormärz¬ licher ruhiger Zeit seine Vorgänger dies für ein Wagniß erklärt hätten, freilich ans Gründen, welche sich begreifen lassen. Nicht lange wird es währen, und es überrascht der Finanzminister die Bank mit dem Befehle, die Neserveactien zu emittiren und hilft dadurch der Silbernvth voraussichtlich ab. Wollte Minister Schwarzenberg dem Rufe nach ehrlicher Freiheit, nach HHu¬ manität, nach Rücksicht für die würdige Stellung der Krone eben so bereitwillig entsprechen, als Herr v. Kraus dem Rufe nach Geld entsprochen hat, und vor¬ aussichtlich in Ewigkeit entsprechen wird, wie glücklich könnte sich Alles formen. - N. Korrespondenzen und Notizen. Ein Wort über den waldeck'schen Prozeß. Die Anklageschrift gegen Waldeck, welche nun auch durch die ministeriellen tungen veröffentlicht wird, gibt zu einigen eben so überraschenden als traurigen Bemer- kungen Veranlassung. Waldeck wird angeklagt, „von einem-hochverrätherischen Unternehmen Wiisenscha> erhalten, es aber unterlassen zu haben, davon der Obrigkeit Anzeige zu machen-" ^ Sowohl die Existenz dieses hochverräterischen Unternehmens als die Mitwisst'^ schaft Waldeck's wird durch ein Papier erwiesen, welches sich bei dem Handlungsrelse>^ den Ohm vorgefunden hat — denn sowohl die gesetzliche Wirksamkeit WaM» Jahres ebenfalls gesetzlichen Agitationen zu Bildung einer demokratischen Partei, bei denen erin der Nationalversammlung, als seine, nach den Grundsätzen des vorigen - ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/353>, abgerufen am 15.01.2025.