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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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Phlegma nichl im mindesten berührt, schritt jeden Morgen, nach eingenommenem
Frühstücke zur Messe und dann in sein Bureau, um Geld zu schaffen von allen
Sorte", von alle" Farben mit Größe", "ur "icht von Gold und Silber. Frei¬
lich wird el" künftiger Reichstag die Miene arg verziehen, wenn ihm die Rech¬
nung vorgelegt wird und er die Spesen wird zahlen müssen, durch welche ihm der
enge Vogelbauer angeschafft worden; doch das hat der Ministerrath nebst verschie¬
denen andern Personen zu verantworten; der Finanzminister als angestellter Alchy¬
mist des Staates hat seine Aufgabe gelöst, er hat Geld gemacht, aus billigem
Material und das eben war die Kunst, die ihm ein zweiter nicht so leicht nach¬
zumachen verstände.

Freiherr Philipp Kraus nennt sich selbst das Beständige im Wandelbaren;
denn seit dem Abtreten Kübecks, gleich im Beginne der Bewegung, wurde er an
die Spitze der Finanzverwaltung berufen und hat das Ministerium Pillersdorf,
das Ministerium Wessenberg-Dobblhof rede" sich zusammenfallen, das steinerne
Ministerium Schwarzenberg neben sich aufrichten sehen, in unangefochtener Ge-
müthsruhe und äußerlicher Gemüthlichkeit; er blieb fortan der unausweichliche, der
unentbehrliche, ja sogar der vom Reichstage stets acclamirte Finanzminister, und
trieb sein Zaubergeschäst ununterbrochen fort, statt deö Schmelztiegcls aber mußte
ihm eine Handpapiermühle zu seinen Arbeiten dienen.

Ja er ist ein seltenes Talent, wer Oestreichs Fiuanzverhältnisse näher kennt,
muß den Mann bewundern in seiner schlichten Weise, hinter welcher er List,
Scharfsinn und Verschlagenheit i" wunderbarem Maße verbirgt. Kraus ist ein
sogenannter Galizianer, nämlich ans einer deutschen Beamtenfamilie Galiziens
stammend, hat seine Studien in Lemberg und Wien gemacht und früher als
Beamter in Galizien verwendet, später als Hofrath der allgemeine" Hofkammer
zu Wien angestellt, hat Kraus seine College" alle weit überflügelt, hat tief ein¬
greifende Reformen i" dem Gefälls- und dem Staatsmvnvpvlswese" entworfen
u"d durchgeführt; er ist der Schöpfer und Verfasser der damals neuen Monopols-
ordnung, des Strafgesetzes für Gefällsübertrctungen, und mögen diese Schöpfun¬
gen in der Detailanweuduug ihre Fehler haben, wie jedes Menschenwerk, so muß
dock die scharfsinnige Auffassung, die strenge Konsequenz, die bewunderungswür¬
dige Systematik dieser Einrichtungen den Mano als großes Talent erscheinen
lasse".

Nach de" blutigen Wirren Galiziens im Jahre >84ti wurde Kraus dem
Grafen Stadion als zweiter Präsident der galizischen Landesregierung beigegeben,
vielleicht hätte er als erster und einziger Präsident Ersprießliches leisten können,
vielleicht hätte sich in dem polnischen und polnisch fühlenden Theile der Bevölke¬
rung nicht jener bittere fanatische Haß gege" Oestreich ausgebildet, welchen diese
vou des Hasses nächstem Gegenstände Stadion, auf die Regierung selber übertrug
und im Reichstage zum Verderben der guten Sache gelt d machte.


Phlegma nichl im mindesten berührt, schritt jeden Morgen, nach eingenommenem
Frühstücke zur Messe und dann in sein Bureau, um Geld zu schaffen von allen
Sorte», von alle» Farben mit Größe», »ur »icht von Gold und Silber. Frei¬
lich wird el» künftiger Reichstag die Miene arg verziehen, wenn ihm die Rech¬
nung vorgelegt wird und er die Spesen wird zahlen müssen, durch welche ihm der
enge Vogelbauer angeschafft worden; doch das hat der Ministerrath nebst verschie¬
denen andern Personen zu verantworten; der Finanzminister als angestellter Alchy¬
mist des Staates hat seine Aufgabe gelöst, er hat Geld gemacht, aus billigem
Material und das eben war die Kunst, die ihm ein zweiter nicht so leicht nach¬
zumachen verstände.

Freiherr Philipp Kraus nennt sich selbst das Beständige im Wandelbaren;
denn seit dem Abtreten Kübecks, gleich im Beginne der Bewegung, wurde er an
die Spitze der Finanzverwaltung berufen und hat das Ministerium Pillersdorf,
das Ministerium Wessenberg-Dobblhof rede» sich zusammenfallen, das steinerne
Ministerium Schwarzenberg neben sich aufrichten sehen, in unangefochtener Ge-
müthsruhe und äußerlicher Gemüthlichkeit; er blieb fortan der unausweichliche, der
unentbehrliche, ja sogar der vom Reichstage stets acclamirte Finanzminister, und
trieb sein Zaubergeschäst ununterbrochen fort, statt deö Schmelztiegcls aber mußte
ihm eine Handpapiermühle zu seinen Arbeiten dienen.

Ja er ist ein seltenes Talent, wer Oestreichs Fiuanzverhältnisse näher kennt,
muß den Mann bewundern in seiner schlichten Weise, hinter welcher er List,
Scharfsinn und Verschlagenheit i» wunderbarem Maße verbirgt. Kraus ist ein
sogenannter Galizianer, nämlich ans einer deutschen Beamtenfamilie Galiziens
stammend, hat seine Studien in Lemberg und Wien gemacht und früher als
Beamter in Galizien verwendet, später als Hofrath der allgemeine» Hofkammer
zu Wien angestellt, hat Kraus seine College» alle weit überflügelt, hat tief ein¬
greifende Reformen i» dem Gefälls- und dem Staatsmvnvpvlswese» entworfen
u»d durchgeführt; er ist der Schöpfer und Verfasser der damals neuen Monopols-
ordnung, des Strafgesetzes für Gefällsübertrctungen, und mögen diese Schöpfun¬
gen in der Detailanweuduug ihre Fehler haben, wie jedes Menschenwerk, so muß
dock die scharfsinnige Auffassung, die strenge Konsequenz, die bewunderungswür¬
dige Systematik dieser Einrichtungen den Mano als großes Talent erscheinen
lasse».

Nach de» blutigen Wirren Galiziens im Jahre >84ti wurde Kraus dem
Grafen Stadion als zweiter Präsident der galizischen Landesregierung beigegeben,
vielleicht hätte er als erster und einziger Präsident Ersprießliches leisten können,
vielleicht hätte sich in dem polnischen und polnisch fühlenden Theile der Bevölke¬
rung nicht jener bittere fanatische Haß gege» Oestreich ausgebildet, welchen diese
vou des Hasses nächstem Gegenstände Stadion, auf die Regierung selber übertrug
und im Reichstage zum Verderben der guten Sache gelt d machte.


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[0349] Phlegma nichl im mindesten berührt, schritt jeden Morgen, nach eingenommenem Frühstücke zur Messe und dann in sein Bureau, um Geld zu schaffen von allen Sorte», von alle» Farben mit Größe», »ur »icht von Gold und Silber. Frei¬ lich wird el» künftiger Reichstag die Miene arg verziehen, wenn ihm die Rech¬ nung vorgelegt wird und er die Spesen wird zahlen müssen, durch welche ihm der enge Vogelbauer angeschafft worden; doch das hat der Ministerrath nebst verschie¬ denen andern Personen zu verantworten; der Finanzminister als angestellter Alchy¬ mist des Staates hat seine Aufgabe gelöst, er hat Geld gemacht, aus billigem Material und das eben war die Kunst, die ihm ein zweiter nicht so leicht nach¬ zumachen verstände. Freiherr Philipp Kraus nennt sich selbst das Beständige im Wandelbaren; denn seit dem Abtreten Kübecks, gleich im Beginne der Bewegung, wurde er an die Spitze der Finanzverwaltung berufen und hat das Ministerium Pillersdorf, das Ministerium Wessenberg-Dobblhof rede» sich zusammenfallen, das steinerne Ministerium Schwarzenberg neben sich aufrichten sehen, in unangefochtener Ge- müthsruhe und äußerlicher Gemüthlichkeit; er blieb fortan der unausweichliche, der unentbehrliche, ja sogar der vom Reichstage stets acclamirte Finanzminister, und trieb sein Zaubergeschäst ununterbrochen fort, statt deö Schmelztiegcls aber mußte ihm eine Handpapiermühle zu seinen Arbeiten dienen. Ja er ist ein seltenes Talent, wer Oestreichs Fiuanzverhältnisse näher kennt, muß den Mann bewundern in seiner schlichten Weise, hinter welcher er List, Scharfsinn und Verschlagenheit i» wunderbarem Maße verbirgt. Kraus ist ein sogenannter Galizianer, nämlich ans einer deutschen Beamtenfamilie Galiziens stammend, hat seine Studien in Lemberg und Wien gemacht und früher als Beamter in Galizien verwendet, später als Hofrath der allgemeine» Hofkammer zu Wien angestellt, hat Kraus seine College» alle weit überflügelt, hat tief ein¬ greifende Reformen i» dem Gefälls- und dem Staatsmvnvpvlswese» entworfen u»d durchgeführt; er ist der Schöpfer und Verfasser der damals neuen Monopols- ordnung, des Strafgesetzes für Gefällsübertrctungen, und mögen diese Schöpfun¬ gen in der Detailanweuduug ihre Fehler haben, wie jedes Menschenwerk, so muß dock die scharfsinnige Auffassung, die strenge Konsequenz, die bewunderungswür¬ dige Systematik dieser Einrichtungen den Mano als großes Talent erscheinen lasse». Nach de» blutigen Wirren Galiziens im Jahre >84ti wurde Kraus dem Grafen Stadion als zweiter Präsident der galizischen Landesregierung beigegeben, vielleicht hätte er als erster und einziger Präsident Ersprießliches leisten können, vielleicht hätte sich in dem polnischen und polnisch fühlenden Theile der Bevölke¬ rung nicht jener bittere fanatische Haß gege» Oestreich ausgebildet, welchen diese vou des Hasses nächstem Gegenstände Stadion, auf die Regierung selber übertrug und im Reichstage zum Verderben der guten Sache gelt d machte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/349>, abgerufen am 15.01.2025.