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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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Der k. k. FiuaNzmittister v. Kraus.



Die schwere Wolke des Ansuahmszustandes, welche seit einem langen bangen
Jahre ni'er der guten Stadt Wien steht und sich früherhin in tödtenden Blitzen
entlud, während sie jetzt nur in Verurteilungen zu Schanzarbeit mit schweren
oder leichten Eisen wetterleuchtet, hat der Wiener Journalistik gar engen Spiel¬
raum gelassen, sofern es sich nicht um Lobhudelei, nicht um Schimpf der libera¬
len Idee, uicht um Forderung ultramontaner, aristokratischer Interessen, oder um
Weihrauchspenden für die hohe (Neutralität handelt, welch letztere, mag sie ihrer
hohen Verdienste sich noch so unbändig bewußt sein, dennoch mit Ekel erfüllt sein
!Unß, gegen den speichclleckendcn Wiener Gemeinderath und die gutgesinnten
Hausherren Wiens. Im Tadel der Negicruugsmaßregcln, besonders in Aussicht
ans das gerechte Verlangen nach den am 4. März verheißenen und noch immer
nicht gegebenen politischen Rechten müssen die armen Journale, welche gerne libe¬
raler oder gar oppositioneller Färbung gelten möchten, von Tag zu Tag gefähr¬
liche Eiertänze tanzen, um zwischen den Klippen und Fangeisen, welche die Presse
Anstellen, sich durchzuwinden. Die Redacteure sind sämmtlich mager geworden,
denn sie und ihre Blätter leben von heute auf morgen, jeder Augenblick kann
ihnen eine Ladung von der Kriegszucht bringen. Hat der Herr Gouverneur schlecht
geschlafen, war sein Koch ungeschickt und hat ihm die Suppe versalzen, wie ganz
anders saßt der gute Herr ein "der den andern Artikel auf in solcher Laune, als er
ehr im entgegengesetzten Falle aufgefaßt haben würde. Ohne Zweifel machen die Re¬
dakteure lehrreiche Studien für die Folgezeit, sie werden die Paragraph" des Preß-
Tesetzes zu umschiffen und zu unterkriechen verstehen, in einer Weise, die das
Preßgericht ganz unnöthig machen dürfte; denn was ist ein Preßgesetz mit stehenden
festen Paragraphen vergliche" mit einem Gouverneur, der vielleicht die Gicht oder
Hühneraugen besitzt, die im Novemberwetter hente mehr, morgen weniger schmer¬
zn und die Laune, den AuffassnngS- und Juterpretationshumor von Moment zu
Romme anders gestalten. -- In dieser Calamirät haben sich die Journale meist
^uf das Concrete und Praktische geworfen und haben die letzten Monate hindurch die
Operationen des Finanzministeriums zum Gegenstande ihrer Angriffe gemacht; der
Llohd besonders hat in landsmannschaftlicher Sympathie seiner Geburtsstätte Trieft
^'gedenk, einem audern Mitgliede des Ministeriums ergebe", den Finanzminister
^aus und seine Operationen dem herbsten Tadel unterzogen.

Finanzminister Kraus ging indessen seinen gemessenen ruhigen Weg, ließ sich
^dein, ließ sich angreifen, wurde aber durch dies alles in seinem impertnrbablcn


Grenzboten. to. 1849. 44
Der k. k. FiuaNzmittister v. Kraus.



Die schwere Wolke des Ansuahmszustandes, welche seit einem langen bangen
Jahre ni'er der guten Stadt Wien steht und sich früherhin in tödtenden Blitzen
entlud, während sie jetzt nur in Verurteilungen zu Schanzarbeit mit schweren
oder leichten Eisen wetterleuchtet, hat der Wiener Journalistik gar engen Spiel¬
raum gelassen, sofern es sich nicht um Lobhudelei, nicht um Schimpf der libera¬
len Idee, uicht um Forderung ultramontaner, aristokratischer Interessen, oder um
Weihrauchspenden für die hohe (Neutralität handelt, welch letztere, mag sie ihrer
hohen Verdienste sich noch so unbändig bewußt sein, dennoch mit Ekel erfüllt sein
!Unß, gegen den speichclleckendcn Wiener Gemeinderath und die gutgesinnten
Hausherren Wiens. Im Tadel der Negicruugsmaßregcln, besonders in Aussicht
ans das gerechte Verlangen nach den am 4. März verheißenen und noch immer
nicht gegebenen politischen Rechten müssen die armen Journale, welche gerne libe¬
raler oder gar oppositioneller Färbung gelten möchten, von Tag zu Tag gefähr¬
liche Eiertänze tanzen, um zwischen den Klippen und Fangeisen, welche die Presse
Anstellen, sich durchzuwinden. Die Redacteure sind sämmtlich mager geworden,
denn sie und ihre Blätter leben von heute auf morgen, jeder Augenblick kann
ihnen eine Ladung von der Kriegszucht bringen. Hat der Herr Gouverneur schlecht
geschlafen, war sein Koch ungeschickt und hat ihm die Suppe versalzen, wie ganz
anders saßt der gute Herr ein »der den andern Artikel auf in solcher Laune, als er
ehr im entgegengesetzten Falle aufgefaßt haben würde. Ohne Zweifel machen die Re¬
dakteure lehrreiche Studien für die Folgezeit, sie werden die Paragraph« des Preß-
Tesetzes zu umschiffen und zu unterkriechen verstehen, in einer Weise, die das
Preßgericht ganz unnöthig machen dürfte; denn was ist ein Preßgesetz mit stehenden
festen Paragraphen vergliche» mit einem Gouverneur, der vielleicht die Gicht oder
Hühneraugen besitzt, die im Novemberwetter hente mehr, morgen weniger schmer¬
zn und die Laune, den AuffassnngS- und Juterpretationshumor von Moment zu
Romme anders gestalten. — In dieser Calamirät haben sich die Journale meist
^uf das Concrete und Praktische geworfen und haben die letzten Monate hindurch die
Operationen des Finanzministeriums zum Gegenstande ihrer Angriffe gemacht; der
Llohd besonders hat in landsmannschaftlicher Sympathie seiner Geburtsstätte Trieft
^'gedenk, einem audern Mitgliede des Ministeriums ergebe«, den Finanzminister
^aus und seine Operationen dem herbsten Tadel unterzogen.

Finanzminister Kraus ging indessen seinen gemessenen ruhigen Weg, ließ sich
^dein, ließ sich angreifen, wurde aber durch dies alles in seinem impertnrbablcn


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[0348] Der k. k. FiuaNzmittister v. Kraus. Die schwere Wolke des Ansuahmszustandes, welche seit einem langen bangen Jahre ni'er der guten Stadt Wien steht und sich früherhin in tödtenden Blitzen entlud, während sie jetzt nur in Verurteilungen zu Schanzarbeit mit schweren oder leichten Eisen wetterleuchtet, hat der Wiener Journalistik gar engen Spiel¬ raum gelassen, sofern es sich nicht um Lobhudelei, nicht um Schimpf der libera¬ len Idee, uicht um Forderung ultramontaner, aristokratischer Interessen, oder um Weihrauchspenden für die hohe (Neutralität handelt, welch letztere, mag sie ihrer hohen Verdienste sich noch so unbändig bewußt sein, dennoch mit Ekel erfüllt sein !Unß, gegen den speichclleckendcn Wiener Gemeinderath und die gutgesinnten Hausherren Wiens. Im Tadel der Negicruugsmaßregcln, besonders in Aussicht ans das gerechte Verlangen nach den am 4. März verheißenen und noch immer nicht gegebenen politischen Rechten müssen die armen Journale, welche gerne libe¬ raler oder gar oppositioneller Färbung gelten möchten, von Tag zu Tag gefähr¬ liche Eiertänze tanzen, um zwischen den Klippen und Fangeisen, welche die Presse Anstellen, sich durchzuwinden. Die Redacteure sind sämmtlich mager geworden, denn sie und ihre Blätter leben von heute auf morgen, jeder Augenblick kann ihnen eine Ladung von der Kriegszucht bringen. Hat der Herr Gouverneur schlecht geschlafen, war sein Koch ungeschickt und hat ihm die Suppe versalzen, wie ganz anders saßt der gute Herr ein »der den andern Artikel auf in solcher Laune, als er ehr im entgegengesetzten Falle aufgefaßt haben würde. Ohne Zweifel machen die Re¬ dakteure lehrreiche Studien für die Folgezeit, sie werden die Paragraph« des Preß- Tesetzes zu umschiffen und zu unterkriechen verstehen, in einer Weise, die das Preßgericht ganz unnöthig machen dürfte; denn was ist ein Preßgesetz mit stehenden festen Paragraphen vergliche» mit einem Gouverneur, der vielleicht die Gicht oder Hühneraugen besitzt, die im Novemberwetter hente mehr, morgen weniger schmer¬ zn und die Laune, den AuffassnngS- und Juterpretationshumor von Moment zu Romme anders gestalten. — In dieser Calamirät haben sich die Journale meist ^uf das Concrete und Praktische geworfen und haben die letzten Monate hindurch die Operationen des Finanzministeriums zum Gegenstande ihrer Angriffe gemacht; der Llohd besonders hat in landsmannschaftlicher Sympathie seiner Geburtsstätte Trieft ^'gedenk, einem audern Mitgliede des Ministeriums ergebe«, den Finanzminister ^aus und seine Operationen dem herbsten Tadel unterzogen. Finanzminister Kraus ging indessen seinen gemessenen ruhigen Weg, ließ sich ^dein, ließ sich angreifen, wurde aber durch dies alles in seinem impertnrbablcn Grenzboten. to. 1849. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/348>, abgerufen am 15.01.2025.