Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.es auch, daß wir dieselben nur langsam sich erfüllen sehen, daß es unsern Kin¬ <Ren Portrait der Times. Lange Zeit galt die Times für eine europäische Großmacht. Die Ehrfurcht Ma" braucht uicht, wie Mauche es"u, an den launenhaften Gott der Themse, es auch, daß wir dieselben nur langsam sich erfüllen sehen, daß es unsern Kin¬ <Ren Portrait der Times. Lange Zeit galt die Times für eine europäische Großmacht. Die Ehrfurcht Ma» braucht uicht, wie Mauche es»u, an den launenhaften Gott der Themse, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279889"/> <p xml:id="ID_1203" prev="#ID_1202"> es auch, daß wir dieselben nur langsam sich erfüllen sehen, daß es unsern Kin¬<lb/> dern erst vergönnt sein sollte, den Bau zu vollenden, dem wir uns geweiht haben:<lb/> unier Leben <note type="byline"/> wird nicht verloren sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> <Ren Portrait der Times.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1204"> Lange Zeit galt die Times für eine europäische Großmacht. Die Ehrfurcht<lb/> des Philisters vor ihrem Niesenformat wurde auf ihren Inhalt übertragen; ihr<lb/> Unheil war eine Autorität, von der an leine höhere Instanz appellirt werden<lb/> konnte. Seit wenigen Jahren ist dieses'Ansehen des Londoner Blattes bedeutend<lb/> un Abnehme». Bor Allem wagt man es, die Times einer plumpen und sünd¬<lb/> haften Inconsequenz anzuklagen. Dieser Bvrwurs jedoch beruht auf einem Miß-<lb/> verständniß. Wenn die Times bald die Weisheit eines Washington, bald die<lb/> Festigkett euies Nikolaus in den Himmel hebt; wenn sie vor Tisch den engherzigen<lb/> Polizeigeist der Franzosen anspfeift, und nach Tisch den blutigen Bourbon von<lb/> Neapel in Schulz nimmt; wenn sie den ritterlichen Bertheidiger des schwachen<lb/> Dänemark gegen die brutale Uebermacht der Deutschen spielt und dem insolventen<lb/> Griechenland am Zahltage mit Faustschlägen, Bomben und Auspfändung droht:<lb/> so sind dies kleine und nnr scheinbare Widersprüche. Die Times leistet in diesem<lb/> Kapitel Größeres, ohne sich selbst untreu z» werden. Sie überzahlt die Rinder,<lb/> heilet, Hammel, Kartvffelbushel und Gcflügelkörbe, die das letzte Dampfschiff ans<lb/> Irland brachte, und gurgelt dabei einen'Fluch über das irische Bettlergewürm,<lb/> das man nicht ^los würde, ehe man die grüne Insel auf eine Stunde unter<lb/> Wasser setzte, (sie klopft auf einer Spalte der Göttin Hammonia herablassend<lb/> auf die Schulter und versichert, daß die „hamburgische Flagge in allen Meeren<lb/> mit Hochachtung gegrüßt werde," und auf der nächsten Spalte' gießt sie den deut-<lb/> schen Landratten mit ihre» Flottengelüsten eine kalte Lauge von Spott und Hohn<lb/> über den Nacken. Sie wendet ihr Angesicht gegen Sonnenuntergang und beschwört<lb/> den Binder Jonathan mit gefalteten Händen und mit den schmelzendsten Tönen<lb/> christlicher Liebe, sich ja nicht vom Erobernngstenfel in Mexico und vom schnöden<lb/> Mammon in Californie» fortreißen zu lassen; und darauf kehrt sie ihr Gesicht<lb/> gegen Svimeuanfgang, schlägt die Augen zum Himmel auf, schraubt die Mundwinkel<lb/> herunter und ruft mit frommer Duldermiene: Herr, dein Wille geschehe! Die<lb/> Prüfung ist hart, aber wir fügen uns. Wir sind gezwungen, ein kleines Kaiser¬<lb/> reich aus dem Leib Asiens zu schneide» und die ganze Portion Punjab auf unsern<lb/> geller z» legen. Möge es uns wohl bekommen.' Amen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1205" next="#ID_1206"> Ma» braucht uicht, wie Mauche es»u, an den launenhaften Gott der Themse,<lb/> den blassen, uebelerzeugtc» Splee» zu denken oder an das prometheische Leberleiden,<lb/> mit welchem Alberne» und andere respectable Schildkrötenfreunde behaftet sind,<lb/> um sich das liebenswürdige Aprilwetter auf dem Gesichte der Times zu erklären.<lb/> Die Times ist nicht und kann nicht inconsequent sei». Ihre ganze Seele geht l»<lb/> einem einzigen Gedanken ans. Gleichviel, was sie sagt oder verschweigt: wenn sie<lb/> letzt mit ihrem ovo.. co., espondviit im Banat die Wasserwege nach der Küste stu-<lb/> dirt, wenn ste Rübenzucker gegen Colonialzncker abwägt, wenn sie über die schweren<lb/> Sünden und hohen Tarife des Continents seufzt,'wenn sie den Reichsverweser<lb/> hätschelt und die Dahlmanns säuselt, so will sie im Grunde damit nie etwas<lb/> Anderes sagen als: Rule Britannia! Ein schönes Lied, ein stolzes Lied- Alle</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
es auch, daß wir dieselben nur langsam sich erfüllen sehen, daß es unsern Kin¬
dern erst vergönnt sein sollte, den Bau zu vollenden, dem wir uns geweiht haben:
unier Leben wird nicht verloren sein.
<Ren Portrait der Times.
Lange Zeit galt die Times für eine europäische Großmacht. Die Ehrfurcht
des Philisters vor ihrem Niesenformat wurde auf ihren Inhalt übertragen; ihr
Unheil war eine Autorität, von der an leine höhere Instanz appellirt werden
konnte. Seit wenigen Jahren ist dieses'Ansehen des Londoner Blattes bedeutend
un Abnehme». Bor Allem wagt man es, die Times einer plumpen und sünd¬
haften Inconsequenz anzuklagen. Dieser Bvrwurs jedoch beruht auf einem Miß-
verständniß. Wenn die Times bald die Weisheit eines Washington, bald die
Festigkett euies Nikolaus in den Himmel hebt; wenn sie vor Tisch den engherzigen
Polizeigeist der Franzosen anspfeift, und nach Tisch den blutigen Bourbon von
Neapel in Schulz nimmt; wenn sie den ritterlichen Bertheidiger des schwachen
Dänemark gegen die brutale Uebermacht der Deutschen spielt und dem insolventen
Griechenland am Zahltage mit Faustschlägen, Bomben und Auspfändung droht:
so sind dies kleine und nnr scheinbare Widersprüche. Die Times leistet in diesem
Kapitel Größeres, ohne sich selbst untreu z» werden. Sie überzahlt die Rinder,
heilet, Hammel, Kartvffelbushel und Gcflügelkörbe, die das letzte Dampfschiff ans
Irland brachte, und gurgelt dabei einen'Fluch über das irische Bettlergewürm,
das man nicht ^los würde, ehe man die grüne Insel auf eine Stunde unter
Wasser setzte, (sie klopft auf einer Spalte der Göttin Hammonia herablassend
auf die Schulter und versichert, daß die „hamburgische Flagge in allen Meeren
mit Hochachtung gegrüßt werde," und auf der nächsten Spalte' gießt sie den deut-
schen Landratten mit ihre» Flottengelüsten eine kalte Lauge von Spott und Hohn
über den Nacken. Sie wendet ihr Angesicht gegen Sonnenuntergang und beschwört
den Binder Jonathan mit gefalteten Händen und mit den schmelzendsten Tönen
christlicher Liebe, sich ja nicht vom Erobernngstenfel in Mexico und vom schnöden
Mammon in Californie» fortreißen zu lassen; und darauf kehrt sie ihr Gesicht
gegen Svimeuanfgang, schlägt die Augen zum Himmel auf, schraubt die Mundwinkel
herunter und ruft mit frommer Duldermiene: Herr, dein Wille geschehe! Die
Prüfung ist hart, aber wir fügen uns. Wir sind gezwungen, ein kleines Kaiser¬
reich aus dem Leib Asiens zu schneide» und die ganze Portion Punjab auf unsern
geller z» legen. Möge es uns wohl bekommen.' Amen!
Ma» braucht uicht, wie Mauche es»u, an den launenhaften Gott der Themse,
den blassen, uebelerzeugtc» Splee» zu denken oder an das prometheische Leberleiden,
mit welchem Alberne» und andere respectable Schildkrötenfreunde behaftet sind,
um sich das liebenswürdige Aprilwetter auf dem Gesichte der Times zu erklären.
Die Times ist nicht und kann nicht inconsequent sei». Ihre ganze Seele geht l»
einem einzigen Gedanken ans. Gleichviel, was sie sagt oder verschweigt: wenn sie
letzt mit ihrem ovo.. co., espondviit im Banat die Wasserwege nach der Küste stu-
dirt, wenn ste Rübenzucker gegen Colonialzncker abwägt, wenn sie über die schweren
Sünden und hohen Tarife des Continents seufzt,'wenn sie den Reichsverweser
hätschelt und die Dahlmanns säuselt, so will sie im Grunde damit nie etwas
Anderes sagen als: Rule Britannia! Ein schönes Lied, ein stolzes Lied- Alle
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