Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Personal des Ballets in festlichem zum Theil sehr wenig schamhaftem Kostüm. Der Kaiser selbst wohnte dieser dramatischen Vorstellung nicht bei. Und so Unmittelbar nach der dramatischen Vorstellung wurde ein Feuerwerk eröffnet, Diese Kosten trägt die polnische Staatscasse, nicht aber die kaiserliche Cha- Grenzboten. IV. 1849. 42
Personal des Ballets in festlichem zum Theil sehr wenig schamhaftem Kostüm. Der Kaiser selbst wohnte dieser dramatischen Vorstellung nicht bei. Und so Unmittelbar nach der dramatischen Vorstellung wurde ein Feuerwerk eröffnet, Diese Kosten trägt die polnische Staatscasse, nicht aber die kaiserliche Cha- Grenzboten. IV. 1849. 42
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Personal des Ballets in festlichem zum Theil sehr wenig schamhaftem Kostüm.
Das Ballet beginnt. Durch die zauberhafte Wirkung desselben erwacht die Leiche
und nun bewegt sich der Tanz um das glückliche Liebespaar, bis endlich Amor
alle seine Pfeile an demselben verschossen und Hymen sein Oel auf dasselbe aus¬
gegossen hat. —
Der Kaiser selbst wohnte dieser dramatischen Vorstellung nicht bei. Und so
viele gleiche Feste wegen seiner Anwesenheit seit der Revolution stattgefunden
haben, nie hat er an einem persönlich Theil genommen. Seine vorsichtige Zurück¬
haltung hätte doch die ungeheure Wachtmannschaft, welche in den Kreuzgewölben
unter dem Amphitheater aufgestellt war, unnöthig gemacht. Sie bestand aus
etwa zweihundert Jnfanteristen, die nicht blos die Bajonnette aufgesteckt hatten,
sondern auch mit einer ganz ansehnlichen Parthie scharfer Patronen versehen
waren. —
Unmittelbar nach der dramatischen Vorstellung wurde ein Feuerwerk eröffnet,
so großartig, wie mau es uur in Petersburg und Warschau findet. Zwei über's
Krenz steigende Garben vou je 500 Raketen machten den Anfang. Ein und
eine halbe Stunde lang vertrieben sich gegenseitig die Erscheinungen von Erdwür¬
fen, Hölleuschwärmern, Raketengarbcu, Fenerrüdern, Leuchtfeuerkräuzcn und feurigen
Figuren, die bald als Schwimmvögel aus dem See daherkamen, bald als Drachen
oder Gespenster durch die Luft zogen. Ich hörte die Unkosten dieses Feuerwerks
auf 13 bis 15,000 Thaler schätzen. Bedenkt man, daß bei jedem in den Sommer
fallenden Hoffeste in Lazienki ein solches Feuerwerk abgebrannt wird, so findet man,
daß die Verherrlichungen des Kaisers nicht ganz billig sind. Es brannten nahe
an drei Millionen Lampen. An Oel dazu hatte ein bekanntes Geschäft B—,
205 Tonnen liefern müssen und davou wird nichts übrig geblieben sein. Die
Kosten des ganzen Festes aber schlug mau auf 1,700,000 Gulden an.
Diese Kosten trägt die polnische Staatscasse, nicht aber die kaiserliche Cha-
touille. Die Huldiguugsfestlichkeiten beim Lustschloß Lazienki wurden durch die
Quartiersteucr gedeckt. Als der Kaiser Nicolaus zum ersten Male nach der Re¬
volution in Warschau erschien, sagte er zu der Deputation von Bürgern, welche
ihm uach alter Sitte auf zwei silbernen Tellern Salz und Brot überreichte und
um eine milde Behandlung des Königreichs bat: „erzieht Eure Söhne besser, so
werden sie einer mildern Behandlung wnthcr sein als Ihr. Ihr sollt mir ans
Eltern eigenen Mitteln eine Citadelle banen, die Euch in Ruhe erhalten soll."
Durch diese Worte wurde die drückende Quartiersteuer geschaffen, über welche je¬
der Grundbesitzer Ach und Wehe schrie. Vermittelst der Ouarticrstcncr hat
Man bis zum Jahre 1836 die Citadelle von Warschau und die Festung Dauplin
N'baut, Brzesclitewski befestigt und Zamosc und Modliu verstärkt. Das aber ist
^ug.se geschehen und die Ouartiersteuer besteht noch. Seit sie ihren ersten Zweck
Grenzboten. IV. 1849. 42
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