Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.der Fall ist und einen, Boshaften als Beweis dienen kann, daß auf die Petitionen Der Kaiser befand sich mit seinem Sohne im Lustschloß Lazicnki. Warum Das Lustschloß Lazicnki befindet sich eine halbe Stunde im Süden von War¬ Die Amtsstunde des glücklichen Tages schlug; da stürzten aus allen Zirkel- In den ersten Jahren nach der Revolution hatten diese erzwungenen Huldi¬ der Fall ist und einen, Boshaften als Beweis dienen kann, daß auf die Petitionen Der Kaiser befand sich mit seinem Sohne im Lustschloß Lazicnki. Warum Das Lustschloß Lazicnki befindet sich eine halbe Stunde im Süden von War¬ Die Amtsstunde des glücklichen Tages schlug; da stürzten aus allen Zirkel- In den ersten Jahren nach der Revolution hatten diese erzwungenen Huldi¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0327" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279875"/> <p xml:id="ID_1151" prev="#ID_1150"> der Fall ist und einen, Boshaften als Beweis dienen kann, daß auf die Petitionen<lb/> wenig Rücksicht genommen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1152"> Der Kaiser befand sich mit seinem Sohne im Lustschloß Lazicnki. Warum<lb/> nicht in dem königlichen Schlosse in Warschau? „Kein Czar darf in einem Hause<lb/> übernachten, in welchem ein Mord begangen wurde, der Senat gestattet es nicht!"<lb/> so lautet die Antwort der Warschauer. Sicher ist, daß der Kaiser seit der Revo¬<lb/> lution' nie mehr das Belvedere, das Lustschloß seines Bruders Eonstantin, be¬<lb/> wohnt hat. Man weiß, daß dort bei dem Ausbruch der Revolution durch die<lb/> Studenten und Fähnriche der Viccpräsident Lubowicki niedergestoßen und der Ge¬<lb/> neral Legendre ermordet wurde; und erzählt noch mehr über die Schrecken des Orts<lb/> als man weiß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1153"> Das Lustschloß Lazicnki befindet sich eine halbe Stunde im Süden von War¬<lb/> schau auf dem flachen linken Wcichselnfer. Sein Erbauer war der letzte polnische<lb/> König Stanislaw August. Das Schloßgebäude in italienischem Styl steigt wie<lb/> das Werk eines Zauberers aus einem See empor, der sich vor ihm und hinter ihm<lb/> eiförmig ausstreckt und durch zwei überbrückte Kanäle verbunden ist. Auf dieser<lb/> kleinen Insel steht das Schloß, ein Springbrunnen, Orangerie und viele kolossale<lb/> Statuen ohne Kunstwerth. Ein außerordentlich großer Park von riesenhaften Ul¬<lb/> men, Eichen und Buchen, den unzählige Wege durchschneiden und in dessen dun¬<lb/> kelem Gebüsch sich viele Hauptwachen verbergen, umgibt die Insel. Dieses Schloß,<lb/> seit der Revolution das Absteigequartier des Kaisers, ist in der That das einzige<lb/> bewohnbare Besitzthum der Krone, welches nie durch Blut befleckt worden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1154"> Die Amtsstunde des glücklichen Tages schlug; da stürzten aus allen Zirkel-<lb/> commissariaten Heere vou Polizeidienern von Haus zu Hans mit dem Befehle: am<lb/> heutigen, dem zweiten und dritten Abend vou der Dämmerung an bis mindestens<lb/> nach 11 Uhr Nachts sind die Gebäude wegen der Anwesenheit Sr. Majestät<lb/> bei strenger Strafe zu illuminiren. Und die Hausbesitzer und Miethbc-<lb/> wohner wußten nur zu gut, daß mit der Androhung nicht gescherzt werde, daß<lb/> Widerspenstigkeit und Saumseligkeit mit dreißig Gulden Strafe und im Wieder¬<lb/> holungsfalle mit Gefängniß gerügt wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1155" next="#ID_1156"> In den ersten Jahren nach der Revolution hatten diese erzwungenen Huldi¬<lb/> gungen noch mit großer Widerspenstigkeit zu kämpfen. Viele Polen, ja auch<lb/> mehrere deutsche Bürger waren zur Erleuchtung ihrer Fenster nicht zu bewegen.<lb/> Sie wurden vor Gericht geladen, verweigerten die Erlegung des Strafgeldes,<lb/> dieses vervielfältigte sich durch die fortgesetzte Widerspenstigkeit bei einigen bis zu<lb/> hohen Summen und endlich nahm sie die Behörde in Haft, pfändete aus und ging<lb/> sogar so weit, das Grundstück eines gewissen TrygowSki zu verkaufen. Jetzt wer¬<lb/> den die Illuminationen schon sehr glänzend und der Warschauer Kurier kann<lb/> dem Ausland weiter verkünden: „„die Liebe und Verehrung des kaiserlichen Hau¬<lb/> ses sprach sich in der glänzendsten und allgemeinsten Erleuchtung der Stadt aus</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0327]
der Fall ist und einen, Boshaften als Beweis dienen kann, daß auf die Petitionen
wenig Rücksicht genommen wird.
Der Kaiser befand sich mit seinem Sohne im Lustschloß Lazicnki. Warum
nicht in dem königlichen Schlosse in Warschau? „Kein Czar darf in einem Hause
übernachten, in welchem ein Mord begangen wurde, der Senat gestattet es nicht!"
so lautet die Antwort der Warschauer. Sicher ist, daß der Kaiser seit der Revo¬
lution' nie mehr das Belvedere, das Lustschloß seines Bruders Eonstantin, be¬
wohnt hat. Man weiß, daß dort bei dem Ausbruch der Revolution durch die
Studenten und Fähnriche der Viccpräsident Lubowicki niedergestoßen und der Ge¬
neral Legendre ermordet wurde; und erzählt noch mehr über die Schrecken des Orts
als man weiß.
Das Lustschloß Lazicnki befindet sich eine halbe Stunde im Süden von War¬
schau auf dem flachen linken Wcichselnfer. Sein Erbauer war der letzte polnische
König Stanislaw August. Das Schloßgebäude in italienischem Styl steigt wie
das Werk eines Zauberers aus einem See empor, der sich vor ihm und hinter ihm
eiförmig ausstreckt und durch zwei überbrückte Kanäle verbunden ist. Auf dieser
kleinen Insel steht das Schloß, ein Springbrunnen, Orangerie und viele kolossale
Statuen ohne Kunstwerth. Ein außerordentlich großer Park von riesenhaften Ul¬
men, Eichen und Buchen, den unzählige Wege durchschneiden und in dessen dun¬
kelem Gebüsch sich viele Hauptwachen verbergen, umgibt die Insel. Dieses Schloß,
seit der Revolution das Absteigequartier des Kaisers, ist in der That das einzige
bewohnbare Besitzthum der Krone, welches nie durch Blut befleckt worden ist.
Die Amtsstunde des glücklichen Tages schlug; da stürzten aus allen Zirkel-
commissariaten Heere vou Polizeidienern von Haus zu Hans mit dem Befehle: am
heutigen, dem zweiten und dritten Abend vou der Dämmerung an bis mindestens
nach 11 Uhr Nachts sind die Gebäude wegen der Anwesenheit Sr. Majestät
bei strenger Strafe zu illuminiren. Und die Hausbesitzer und Miethbc-
wohner wußten nur zu gut, daß mit der Androhung nicht gescherzt werde, daß
Widerspenstigkeit und Saumseligkeit mit dreißig Gulden Strafe und im Wieder¬
holungsfalle mit Gefängniß gerügt wurde.
In den ersten Jahren nach der Revolution hatten diese erzwungenen Huldi¬
gungen noch mit großer Widerspenstigkeit zu kämpfen. Viele Polen, ja auch
mehrere deutsche Bürger waren zur Erleuchtung ihrer Fenster nicht zu bewegen.
Sie wurden vor Gericht geladen, verweigerten die Erlegung des Strafgeldes,
dieses vervielfältigte sich durch die fortgesetzte Widerspenstigkeit bei einigen bis zu
hohen Summen und endlich nahm sie die Behörde in Haft, pfändete aus und ging
sogar so weit, das Grundstück eines gewissen TrygowSki zu verkaufen. Jetzt wer¬
den die Illuminationen schon sehr glänzend und der Warschauer Kurier kann
dem Ausland weiter verkünden: „„die Liebe und Verehrung des kaiserlichen Hau¬
ses sprach sich in der glänzendsten und allgemeinsten Erleuchtung der Stadt aus
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