Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.ich zog es daher vor, meine unschätzbare Person blos im Abenddunkel einige Stun¬ Mittlerweile hatte ich mit meinem Freunde N^es gepflogen, wie ich ohne Die Dame des Hanfes war eine Ungarin und verläßlich, kannte mich und Dort trafen wir uns nun gegen !> Uhr und beriethen über die Mittel ans ich zog es daher vor, meine unschätzbare Person blos im Abenddunkel einige Stun¬ Mittlerweile hatte ich mit meinem Freunde N^es gepflogen, wie ich ohne Die Dame des Hanfes war eine Ungarin und verläßlich, kannte mich und Dort trafen wir uns nun gegen !> Uhr und beriethen über die Mittel ans <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0306" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279854"/> <p xml:id="ID_1085" prev="#ID_1084"> ich zog es daher vor, meine unschätzbare Person blos im Abenddunkel einige Stun¬<lb/> den frische Luft schöpfen zu lassen. Den Tag über blieb ich in meiner Wohnung<lb/> und nur sehr vertraute, verläßliche Freunde dursten um meine Anwesenheit wis¬<lb/> sen. Kaum daß ich es wagte, hinter meinen Fenstergardinen hervorzugucken, wenn's<lb/> »nten ans der Straße lebhaft wurde, und da sah ich nun, was mein Herz freudig<lb/> durchzitterte: Unendliche Reihen von Wagen mit Bagage und Verwundeten, baun<lb/> Kanonen mit zerschossenen Lafetten, Lafetten ohne Rohr, Soldaten vhlsc Gewehr,<lb/> Dragoner ohne Pferd, Kuirassiere ohne Helm, mitunter ein paar gefangene Hou-<lb/> veds oder Husaren, aber die Kerle sahen so stolz darein und grüßten so freudig<lb/> rechts und links, daß man in den Gesangenen den Sieg der Bruder nicht ver¬<lb/> kennen konnte. Der ganze Troß wälzte sich über die beiden Brücken nach der Os-<lb/> ner Seite, und das ging Tag und Nacht fort mit kurzen Unterbrechungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1086"> Mittlerweile hatte ich mit meinem Freunde N^es gepflogen, wie ich ohne<lb/> Verdacht zu erregen an den Engländer kommen könne, denn es war hundert ge¬<lb/> gen eins zu wetten, daß er von östreichischen und ungarischen Spionen zu gleicher<lb/> Zeit bewacht werde. Wir entwarfen einen Feldzugsplan und begannen damit, ein<lb/> verläßliches Mädchen, welches mit Handschuhen, Parfüms und dergl. hausiren<lb/> ging, uach dem „Tiger" zu schicken, um dem Engländer ein paar Zeilen von mei¬<lb/> ner Hand und zugleich mein Kreditiv zu überreichen. Die Kleine entledigte sich<lb/> ihres Auftrags ohne viel Schwierigkeit, und brachte mir ein paar höfliche Zeilen<lb/> zur Antwort, worin ich eingeladen wurde, im Laufe des Nachmittags zu einer<lb/> Unterredung im „Tiger" zu erscheine». Aber ein solcher Besuch lag nicht in mei¬<lb/> nem Plane, eben so wenig wollte ich es wagen, den Fremden in meine Wohnung<lb/> zu citiren, und noch weniger rathsam war es, an einem öffentlichen Orte zusam¬<lb/> menzukommen. Meine Freunde waren mit mir darin ganz einverstanden und be¬<lb/> zeichneten als passendsten Ort zum Rendezvous ein geheimes Hans, das ziemlich<lb/> öffentlich war, oder wenn Sie wollen, ein öffentliches Hans, das für geheim<lb/> gelten konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1087"> Die Dame des Hanfes war eine Ungarin und verläßlich, kannte mich und<lb/> Meine Freunde ans früheren Zeiten und war selig, der Sache des Vaterlandes<lb/> einen Dienst leisten zu können. Dorthin citirte ich den Fremden für den nächsten<lb/> Abend, dorthin konnte er füglich gehen, ohne den Verdacht der Späher rege zu<lb/> Machen. Dn lieber Himmel! Die Engländer sind ja nicht alle Quäker, und auch<lb/> ein Lord kann menschlich fühlen; warum sollte er nicht Mad.....einen Be¬<lb/> such abstatten dürfen? Die loyalsten östreichischen Kavaliere hatten es nicht ver¬<lb/> schmäht bei Mad.....einen traulichen Abend zuzubringen.---—</p><lb/> <p xml:id="ID_1088" next="#ID_1089"> Dort trafen wir uns nun gegen !> Uhr und beriethen über die Mittel ans<lb/> Pesth hinauszukommen, wobei Mhlord die abenteuerlichsten Pläne vorschlug,<lb/> Über die ich mir lächeln konnte, so unausführbar waren sie in den damaligen Ver¬<lb/> hältnissen. Ihm war es nicht genügend, mit meiner Wenigkeit nach Debreczin zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0306]
ich zog es daher vor, meine unschätzbare Person blos im Abenddunkel einige Stun¬
den frische Luft schöpfen zu lassen. Den Tag über blieb ich in meiner Wohnung
und nur sehr vertraute, verläßliche Freunde dursten um meine Anwesenheit wis¬
sen. Kaum daß ich es wagte, hinter meinen Fenstergardinen hervorzugucken, wenn's
»nten ans der Straße lebhaft wurde, und da sah ich nun, was mein Herz freudig
durchzitterte: Unendliche Reihen von Wagen mit Bagage und Verwundeten, baun
Kanonen mit zerschossenen Lafetten, Lafetten ohne Rohr, Soldaten vhlsc Gewehr,
Dragoner ohne Pferd, Kuirassiere ohne Helm, mitunter ein paar gefangene Hou-
veds oder Husaren, aber die Kerle sahen so stolz darein und grüßten so freudig
rechts und links, daß man in den Gesangenen den Sieg der Bruder nicht ver¬
kennen konnte. Der ganze Troß wälzte sich über die beiden Brücken nach der Os-
ner Seite, und das ging Tag und Nacht fort mit kurzen Unterbrechungen.
Mittlerweile hatte ich mit meinem Freunde N^es gepflogen, wie ich ohne
Verdacht zu erregen an den Engländer kommen könne, denn es war hundert ge¬
gen eins zu wetten, daß er von östreichischen und ungarischen Spionen zu gleicher
Zeit bewacht werde. Wir entwarfen einen Feldzugsplan und begannen damit, ein
verläßliches Mädchen, welches mit Handschuhen, Parfüms und dergl. hausiren
ging, uach dem „Tiger" zu schicken, um dem Engländer ein paar Zeilen von mei¬
ner Hand und zugleich mein Kreditiv zu überreichen. Die Kleine entledigte sich
ihres Auftrags ohne viel Schwierigkeit, und brachte mir ein paar höfliche Zeilen
zur Antwort, worin ich eingeladen wurde, im Laufe des Nachmittags zu einer
Unterredung im „Tiger" zu erscheine». Aber ein solcher Besuch lag nicht in mei¬
nem Plane, eben so wenig wollte ich es wagen, den Fremden in meine Wohnung
zu citiren, und noch weniger rathsam war es, an einem öffentlichen Orte zusam¬
menzukommen. Meine Freunde waren mit mir darin ganz einverstanden und be¬
zeichneten als passendsten Ort zum Rendezvous ein geheimes Hans, das ziemlich
öffentlich war, oder wenn Sie wollen, ein öffentliches Hans, das für geheim
gelten konnte.
Die Dame des Hanfes war eine Ungarin und verläßlich, kannte mich und
Meine Freunde ans früheren Zeiten und war selig, der Sache des Vaterlandes
einen Dienst leisten zu können. Dorthin citirte ich den Fremden für den nächsten
Abend, dorthin konnte er füglich gehen, ohne den Verdacht der Späher rege zu
Machen. Dn lieber Himmel! Die Engländer sind ja nicht alle Quäker, und auch
ein Lord kann menschlich fühlen; warum sollte er nicht Mad.....einen Be¬
such abstatten dürfen? Die loyalsten östreichischen Kavaliere hatten es nicht ver¬
schmäht bei Mad.....einen traulichen Abend zuzubringen.---—
Dort trafen wir uns nun gegen !> Uhr und beriethen über die Mittel ans
Pesth hinauszukommen, wobei Mhlord die abenteuerlichsten Pläne vorschlug,
Über die ich mir lächeln konnte, so unausführbar waren sie in den damaligen Ver¬
hältnissen. Ihm war es nicht genügend, mit meiner Wenigkeit nach Debreczin zu
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