Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.Daß Bach ausgeschieden und nach dem 6. October wieder in das Ministerium trat, Ein richtiges Urtheil zu fällen über die Wirren, über die Trost- und Rathlosigkeit Die Ncichstagsrechte lehnte in jenen Tagen jede Ministercandidatnr entschieden ab, Bach nahm an um zu retten, was zu retten war, Bach überzeugte sich aber in Bach hatte die Wahl: entweder hatte er sich bei der Octroyirung nicht zu be- Daß sich Bach mit großer Aufopferung zu letzterem entschied, halten wir für eine Wir erkennen das Opfer, das Bach gebracht hat und fortgesetzt bringt; denn der Daß Bach ausgeschieden und nach dem 6. October wieder in das Ministerium trat, Ein richtiges Urtheil zu fällen über die Wirren, über die Trost- und Rathlosigkeit Die Ncichstagsrechte lehnte in jenen Tagen jede Ministercandidatnr entschieden ab, Bach nahm an um zu retten, was zu retten war, Bach überzeugte sich aber in Bach hatte die Wahl: entweder hatte er sich bei der Octroyirung nicht zu be- Daß sich Bach mit großer Aufopferung zu letzterem entschied, halten wir für eine Wir erkennen das Opfer, das Bach gebracht hat und fortgesetzt bringt; denn der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0279" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279827"/> <p xml:id="ID_976" prev="#ID_975"> Daß Bach ausgeschieden und nach dem 6. October wieder in das Ministerium trat,<lb/> daß er insbesondere sich bei der Auflösung des Reichstags bei der Octroyirung der Ver¬<lb/> fassung beteiligte, wurde ihm zum schweren Vorwürfe gemacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_977"> Ein richtiges Urtheil zu fällen über die Wirren, über die Trost- und Rathlosigkeit<lb/> der Olmützer Zustände im October 1848, dazu sind wenige wirklich competent; damals<lb/> hing die Aufrechthaltung des Constitutionalismus an einem Haare, nur die Haltung<lb/> der Rcichötagsrcchten, dem magyarisch gewordenen Reichstag entgegen, rettete damals<lb/> das Schiff der Freiheit; denn bereits beschlossen in einem zum Glück zurückgenommenen<lb/> Manifeste vom 16. October ausgesprochen, war die Vernichtung des Reichstags, von<lb/> später zusammenzurufenden Ständen der Provinzen war in jenem Manifeste blos er¬<lb/> wähnt. Abgeordnete der Ncichstagsrechten hintertrieben damals dieses von der Hof¬<lb/> partei angezettelte Projekt, retteten den Constitutionalismus und die Fortexistenz des<lb/> Reichstags; freilich war die Rettung eine prekäre, man hatte damals nur die Wahl,<lb/> an der Klippe Windischgrätz zu zerschellen und in Trümmer zu fallen, oder aus die<lb/> Sandbank Kremsicr auszulaufen, immerhin aber war dadurch noch nicht alles verloren.</p><lb/> <p xml:id="ID_978"> Die Ncichstagsrechte lehnte in jenen Tagen jede Ministercandidatnr entschieden ab,<lb/> sprach sich jedoch lebhast für Bach aus, den sie kalt und wohlerwägend zu würdigen<lb/> verstand, während die hinter den März zurückstrebende Partei zu Olmütz sich Bach's,<lb/> eines Kindes der Revolution gerne entledigt hätte, und in ihrer Rathlosigkeit Indivi¬<lb/> duen hohen Namens zu Ministerstcllen designirte, welche, zum Glück ihrer Jncapacität<lb/> bewußt, die Vocation nicht annahmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_979"> Bach nahm an um zu retten, was zu retten war, Bach überzeugte sich aber in<lb/> seiner Stellung, daß die Rückschrittspartci, die durch das Entlastungsgesch vom 7.<lb/> September 1848 ergrimmte Adclspartei mächtig an Terrain gewonnen habe. Wien<lb/> hatte sich dnrch seine wahnsinnige, ausschließend in magyarischem Interesse unternom¬<lb/> mene Revolution selber gemordet, das Bollwerk der Freiheit war eingesunken, die<lb/> Kriegsfnrie, das Soldatcnthum war los; Bach erkannte die Gefahr, und wußte, daß<lb/> nur Trümmer noch zu retten seien, Trümmer jener im Mai und Juni verheißenen Frei¬<lb/> heiten, und er blieb im Ministerium, um diese Trümmer zu retten. Der Reichstag<lb/> auf seiner Sandbank sah weit aus kein Land, und bildete sich seine eigene ideale Welt,<lb/> in welcher er in isolirter Konsequenz, den Untergang im Auge, wenigstens seine Ehre<lb/> retten wollte; er warf seinen Ruf an die Posterität in die Flaschen der stenographische»<lb/> Protokolle, welche wohl einst an einzelnen Küsten aufgefangen werden mögen, »in Kunde<lb/> zu geben von seiner isolirten Wirksamkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_980"> Bach hatte die Wahl: entweder hatte er sich bei der Octroyirung nicht zu be-<lb/> theiligen und abzutreten, um auf diese Weise in der Volksgunst momentan zu gewin¬<lb/> nen und als Mann der Freiheit ausgerufen zu werde»; doch wahrlich in jenen Tagen,<lb/> wie auch heute, werden solche Rufe von dem Waffcngetvse rasch übertönt; oder aber<lb/> entschied sich Bach zu bleiben, für einen Verräther, einen »cbcrlänser zu gelten, und<lb/> dennoch seinen Planen treu zu bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_981"> Daß sich Bach mit großer Aufopferung zu letzterem entschied, halten wir für eine<lb/> Heldenthat passiver Aufopferung und Resignation, und danken ihm dies aus<lb/> vollem Herzen. Wäre er ausgeschieden, gar bald war dann irgend ein aristokratischer<lb/> Name gefunden, um statt Bach's zu figuriren als Minister, Handwerker für sich arbeiten<lb/> zu lassen, am Ministertische aber seine Ansicht stets nach Ordre zu formen.</p><lb/> <p xml:id="ID_982" next="#ID_983"> Wir erkennen das Opfer, das Bach gebracht hat und fortgesetzt bringt; denn der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0279]
Daß Bach ausgeschieden und nach dem 6. October wieder in das Ministerium trat,
daß er insbesondere sich bei der Auflösung des Reichstags bei der Octroyirung der Ver¬
fassung beteiligte, wurde ihm zum schweren Vorwürfe gemacht.
Ein richtiges Urtheil zu fällen über die Wirren, über die Trost- und Rathlosigkeit
der Olmützer Zustände im October 1848, dazu sind wenige wirklich competent; damals
hing die Aufrechthaltung des Constitutionalismus an einem Haare, nur die Haltung
der Rcichötagsrcchten, dem magyarisch gewordenen Reichstag entgegen, rettete damals
das Schiff der Freiheit; denn bereits beschlossen in einem zum Glück zurückgenommenen
Manifeste vom 16. October ausgesprochen, war die Vernichtung des Reichstags, von
später zusammenzurufenden Ständen der Provinzen war in jenem Manifeste blos er¬
wähnt. Abgeordnete der Ncichstagsrechten hintertrieben damals dieses von der Hof¬
partei angezettelte Projekt, retteten den Constitutionalismus und die Fortexistenz des
Reichstags; freilich war die Rettung eine prekäre, man hatte damals nur die Wahl,
an der Klippe Windischgrätz zu zerschellen und in Trümmer zu fallen, oder aus die
Sandbank Kremsicr auszulaufen, immerhin aber war dadurch noch nicht alles verloren.
Die Ncichstagsrechte lehnte in jenen Tagen jede Ministercandidatnr entschieden ab,
sprach sich jedoch lebhast für Bach aus, den sie kalt und wohlerwägend zu würdigen
verstand, während die hinter den März zurückstrebende Partei zu Olmütz sich Bach's,
eines Kindes der Revolution gerne entledigt hätte, und in ihrer Rathlosigkeit Indivi¬
duen hohen Namens zu Ministerstcllen designirte, welche, zum Glück ihrer Jncapacität
bewußt, die Vocation nicht annahmen.
Bach nahm an um zu retten, was zu retten war, Bach überzeugte sich aber in
seiner Stellung, daß die Rückschrittspartci, die durch das Entlastungsgesch vom 7.
September 1848 ergrimmte Adclspartei mächtig an Terrain gewonnen habe. Wien
hatte sich dnrch seine wahnsinnige, ausschließend in magyarischem Interesse unternom¬
mene Revolution selber gemordet, das Bollwerk der Freiheit war eingesunken, die
Kriegsfnrie, das Soldatcnthum war los; Bach erkannte die Gefahr, und wußte, daß
nur Trümmer noch zu retten seien, Trümmer jener im Mai und Juni verheißenen Frei¬
heiten, und er blieb im Ministerium, um diese Trümmer zu retten. Der Reichstag
auf seiner Sandbank sah weit aus kein Land, und bildete sich seine eigene ideale Welt,
in welcher er in isolirter Konsequenz, den Untergang im Auge, wenigstens seine Ehre
retten wollte; er warf seinen Ruf an die Posterität in die Flaschen der stenographische»
Protokolle, welche wohl einst an einzelnen Küsten aufgefangen werden mögen, »in Kunde
zu geben von seiner isolirten Wirksamkeit.
Bach hatte die Wahl: entweder hatte er sich bei der Octroyirung nicht zu be-
theiligen und abzutreten, um auf diese Weise in der Volksgunst momentan zu gewin¬
nen und als Mann der Freiheit ausgerufen zu werde»; doch wahrlich in jenen Tagen,
wie auch heute, werden solche Rufe von dem Waffcngetvse rasch übertönt; oder aber
entschied sich Bach zu bleiben, für einen Verräther, einen »cbcrlänser zu gelten, und
dennoch seinen Planen treu zu bleiben.
Daß sich Bach mit großer Aufopferung zu letzterem entschied, halten wir für eine
Heldenthat passiver Aufopferung und Resignation, und danken ihm dies aus
vollem Herzen. Wäre er ausgeschieden, gar bald war dann irgend ein aristokratischer
Name gefunden, um statt Bach's zu figuriren als Minister, Handwerker für sich arbeiten
zu lassen, am Ministertische aber seine Ansicht stets nach Ordre zu formen.
Wir erkennen das Opfer, das Bach gebracht hat und fortgesetzt bringt; denn der
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