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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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hätte noch länger unter dem Kriegszustand leiden müsse" und viele Opfer wären
ohne irgend einen erreichbaren Zweck gefallen, Ung-a-rü müsse aber jetzt zu Kräften
kommew,. damit es den neuen Kampf, der ihm noch bevorstehe, wieder beginnen
könne." --

Mit vieler Anerkennung sprachen diese ungarischen Offiziere auch von den
militärischen Talenten von Bein und DembinSki und einigen anderen polnischen
Offizieren, auch die polnische Legion habe sich stets mit der größten Tapferkeit ge¬
schlagen. Die deutsche Legion, anfänglich an 2000 Mann stark und aus
sehr vielen Deutschen und namentlich Wiener Studenten und Polytechniker! be¬
stehend, habe im ungarischen Heere mit dem größten Tod-smuthe gefochten und
sei bis auf Wenige auf den Schlachtfeldern geblieben. -- Die einzelnen Gefechte
müssen oft ""gemein blutig gewesen sein, denn mit der größte" Erbitterung ist
oft Stundenlang Mann gegen Mein" "ut de" blanke" Waffe" gekämpft worden.

Eine unbeschreibliche Erbitterung hat unter diese" Flüchtlinge" die Kunde von
dem Hänge" "ut Erschießen der 13 höheren ungarischen Offiziere in Arad und
der Füsillade des Grafen Batthvauy und seiner edlen Gefährten in Pesth her¬
vorgebracht. Viele erhielten die Trauerbotschaft erst in Hamburg. Bärtige
Männer, höhere Stabsoffiziere, haben bei dieser Kunde vor Schmerz und Wuth
wie Kinder laut geweint, und mit gefalteten Händen die Rache des Himmels ans
die moralische" Thäter dieser Bluturtheile herabbeschwvren. "Jetzt erst ist Ungar"
für immer von Oestreich gerissen," riefe" mehrere dieser Offiziere aus, "jetzt ist
auch die, leider bisher noch mächtige Partei, die vo" einer Tremmng mit Oest¬
reich nichts wissen wollte, zum neuen Kampf auf Leben und Tod bereit. I" je¬
dem Knabe", de" eine Ungarin noch gebiert, wird ein Rächer dieser Thaten er¬
wachsen, jede Magyarenbrust wird kein anderes Gefühl mehr keime" , als Rache,
blutige Rache. Verflucht sei mein Vater, daß er in dem heißen Kampf gegen
Napoleon jemals de" Säbel für das Haus Oestreich gezogen, verflucht mein Ur¬
großvater, daß er auf dem Landtage in Preßburg das "mvrinnnir pro rexe lo-
8er" Nil"..:; ^i.givsi-t" mit gerufen, und diese Worte zur That auch gemacht, ver¬
bunst meine Kinder und Kindeskinder. wenn sie jemals einen anderen Gedanken
haben, als für Ungarns Freiheit und Unabhängigkeit zu leben und zu sterben,"
^ef außer sich mit geballten Fäusten ein Ungar ans einer alten vornehmen Mag-
"cttenfamilie, der mit Battbycmy nahe verwandt war.

Das Betragen dieser armen Flüchtlinge in Hamburg ist musterhaft und trägt
"°es dazu bei, die allgemeine Theilnahme, die sie schon bei ihrer Ankunft
empfing, zu erhöhen, de"u von jeglicher Ostentativ" frei benehmen sie sich be¬
scheiden und ruhig und suchen mehr die öffentliche Aufmerksamkeit zu vermeiden,
^ auf sich leiten. Die Mehrzahl der Offiziere, die jetzt schon hier sind,
scheint nicht ganz von Geld entblöst zu sei", obgleich Alle höchst einfach lebe"


Grenzboten, lo. 184Y. 30

hätte noch länger unter dem Kriegszustand leiden müsse« und viele Opfer wären
ohne irgend einen erreichbaren Zweck gefallen, Ung-a-rü müsse aber jetzt zu Kräften
kommew,. damit es den neuen Kampf, der ihm noch bevorstehe, wieder beginnen
könne." —

Mit vieler Anerkennung sprachen diese ungarischen Offiziere auch von den
militärischen Talenten von Bein und DembinSki und einigen anderen polnischen
Offizieren, auch die polnische Legion habe sich stets mit der größten Tapferkeit ge¬
schlagen. Die deutsche Legion, anfänglich an 2000 Mann stark und aus
sehr vielen Deutschen und namentlich Wiener Studenten und Polytechniker! be¬
stehend, habe im ungarischen Heere mit dem größten Tod-smuthe gefochten und
sei bis auf Wenige auf den Schlachtfeldern geblieben. — Die einzelnen Gefechte
müssen oft »»gemein blutig gewesen sein, denn mit der größte» Erbitterung ist
oft Stundenlang Mann gegen Mein» »ut de» blanke» Waffe» gekämpft worden.

Eine unbeschreibliche Erbitterung hat unter diese» Flüchtlinge» die Kunde von
dem Hänge» »ut Erschießen der 13 höheren ungarischen Offiziere in Arad und
der Füsillade des Grafen Batthvauy und seiner edlen Gefährten in Pesth her¬
vorgebracht. Viele erhielten die Trauerbotschaft erst in Hamburg. Bärtige
Männer, höhere Stabsoffiziere, haben bei dieser Kunde vor Schmerz und Wuth
wie Kinder laut geweint, und mit gefalteten Händen die Rache des Himmels ans
die moralische» Thäter dieser Bluturtheile herabbeschwvren. „Jetzt erst ist Ungar»
für immer von Oestreich gerissen," riefe» mehrere dieser Offiziere aus, „jetzt ist
auch die, leider bisher noch mächtige Partei, die vo» einer Tremmng mit Oest¬
reich nichts wissen wollte, zum neuen Kampf auf Leben und Tod bereit. I» je¬
dem Knabe», de» eine Ungarin noch gebiert, wird ein Rächer dieser Thaten er¬
wachsen, jede Magyarenbrust wird kein anderes Gefühl mehr keime» , als Rache,
blutige Rache. Verflucht sei mein Vater, daß er in dem heißen Kampf gegen
Napoleon jemals de» Säbel für das Haus Oestreich gezogen, verflucht mein Ur¬
großvater, daß er auf dem Landtage in Preßburg das „mvrinnnir pro rexe lo-
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bunst meine Kinder und Kindeskinder. wenn sie jemals einen anderen Gedanken
haben, als für Ungarns Freiheit und Unabhängigkeit zu leben und zu sterben,"
^ef außer sich mit geballten Fäusten ein Ungar ans einer alten vornehmen Mag-
"cttenfamilie, der mit Battbycmy nahe verwandt war.

Das Betragen dieser armen Flüchtlinge in Hamburg ist musterhaft und trägt
"°es dazu bei, die allgemeine Theilnahme, die sie schon bei ihrer Ankunft
empfing, zu erhöhen, de»u von jeglicher Ostentativ» frei benehmen sie sich be¬
scheiden und ruhig und suchen mehr die öffentliche Aufmerksamkeit zu vermeiden,
^ auf sich leiten. Die Mehrzahl der Offiziere, die jetzt schon hier sind,
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[0237] hätte noch länger unter dem Kriegszustand leiden müsse« und viele Opfer wären ohne irgend einen erreichbaren Zweck gefallen, Ung-a-rü müsse aber jetzt zu Kräften kommew,. damit es den neuen Kampf, der ihm noch bevorstehe, wieder beginnen könne." — Mit vieler Anerkennung sprachen diese ungarischen Offiziere auch von den militärischen Talenten von Bein und DembinSki und einigen anderen polnischen Offizieren, auch die polnische Legion habe sich stets mit der größten Tapferkeit ge¬ schlagen. Die deutsche Legion, anfänglich an 2000 Mann stark und aus sehr vielen Deutschen und namentlich Wiener Studenten und Polytechniker! be¬ stehend, habe im ungarischen Heere mit dem größten Tod-smuthe gefochten und sei bis auf Wenige auf den Schlachtfeldern geblieben. — Die einzelnen Gefechte müssen oft »»gemein blutig gewesen sein, denn mit der größte» Erbitterung ist oft Stundenlang Mann gegen Mein» »ut de» blanke» Waffe» gekämpft worden. Eine unbeschreibliche Erbitterung hat unter diese» Flüchtlinge» die Kunde von dem Hänge» »ut Erschießen der 13 höheren ungarischen Offiziere in Arad und der Füsillade des Grafen Batthvauy und seiner edlen Gefährten in Pesth her¬ vorgebracht. Viele erhielten die Trauerbotschaft erst in Hamburg. Bärtige Männer, höhere Stabsoffiziere, haben bei dieser Kunde vor Schmerz und Wuth wie Kinder laut geweint, und mit gefalteten Händen die Rache des Himmels ans die moralische» Thäter dieser Bluturtheile herabbeschwvren. „Jetzt erst ist Ungar» für immer von Oestreich gerissen," riefe» mehrere dieser Offiziere aus, „jetzt ist auch die, leider bisher noch mächtige Partei, die vo» einer Tremmng mit Oest¬ reich nichts wissen wollte, zum neuen Kampf auf Leben und Tod bereit. I» je¬ dem Knabe», de» eine Ungarin noch gebiert, wird ein Rächer dieser Thaten er¬ wachsen, jede Magyarenbrust wird kein anderes Gefühl mehr keime» , als Rache, blutige Rache. Verflucht sei mein Vater, daß er in dem heißen Kampf gegen Napoleon jemals de» Säbel für das Haus Oestreich gezogen, verflucht mein Ur¬ großvater, daß er auf dem Landtage in Preßburg das „mvrinnnir pro rexe lo- 8er» Nil«..:; ^i.givsi-t" mit gerufen, und diese Worte zur That auch gemacht, ver¬ bunst meine Kinder und Kindeskinder. wenn sie jemals einen anderen Gedanken haben, als für Ungarns Freiheit und Unabhängigkeit zu leben und zu sterben," ^ef außer sich mit geballten Fäusten ein Ungar ans einer alten vornehmen Mag- "cttenfamilie, der mit Battbycmy nahe verwandt war. Das Betragen dieser armen Flüchtlinge in Hamburg ist musterhaft und trägt "°es dazu bei, die allgemeine Theilnahme, die sie schon bei ihrer Ankunft empfing, zu erhöhen, de»u von jeglicher Ostentativ» frei benehmen sie sich be¬ scheiden und ruhig und suchen mehr die öffentliche Aufmerksamkeit zu vermeiden, ^ auf sich leiten. Die Mehrzahl der Offiziere, die jetzt schon hier sind, scheint nicht ganz von Geld entblöst zu sei», obgleich Alle höchst einfach lebe» Grenzboten, lo. 184Y. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/237>, abgerufen am 15.01.2025.