Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.sich darin auf den Rücken legte, um vom Ufer aus nicht gesehen zu werden, und Czechische Portraits. Celakowsky. Unter vielem Hohlen, Gespreizten, Schlechten ein Helles Bild am czechischen Li- 25*
sich darin auf den Rücken legte, um vom Ufer aus nicht gesehen zu werden, und Czechische Portraits. Celakowsky. Unter vielem Hohlen, Gespreizten, Schlechten ein Helles Bild am czechischen Li- 25*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279747"/> <p xml:id="ID_661" prev="#ID_660"> sich darin auf den Rücken legte, um vom Ufer aus nicht gesehen zu werden, und<lb/> der Gnade der Wogen übergab, die ihn glücklich ins Ungarland hinabschwemmten.<lb/> Beide Darstellungsweisen waren jedoch dem echten Magyar nicht wunderbar genug,<lb/> und wenn wir dem Fekete Pul glauben wollen, der bei den Kossuthhnsaren als<lb/> Feldkaplan diente, so hat der Magyar Isten bei seiner Rettung die Hand im<lb/> Spiele gehabt. Der Magyarengott nämlich saß über den Wolken bei einer Flasche<lb/> Tokaier und rauchte eine Pfeife Gartenlättiuger, als die Seele eines von den<lb/> Kroaten ermordeten Mädchens aus Gumpendorf händeringend vor ihm erschien,<lb/> um Rache flehte und das Schicksal Wiens verkündigte. Anfangs fluchte der Magyar<lb/> Isten über sich und seine Welt und wollte die unerfreuliche Mähre nicht glauben,<lb/> bis er durch einen Blick aus die Erde sich vom Siege des Windischgrätz, — bassan<lb/> sein Name! — überzeugte, indem er auf dem Knauf des Stephansthurmes die<lb/> schwarzgelbe Fahne gewahrte; groß wie ein Schnupftüchel, welches sechs Monat<lb/> gedient hat, und auch nicht sauberer, bassan! Was that der Magyarengott? Sein<lb/> erster Gedanke war, den Bem zu retten. Er sandte vier Erzengel aus, natürlich<lb/> in Husarenuniform und mit langschweifigen Flügelpferden. Diese fanden Bem auf<lb/> dem Belvedere in Wien, als er eben, in einem der Kellergemächer versteckt, un¬<lb/> garische Schlachtpläne mit dem Stock auf den staubigen Boden zeichnete. Er<lb/> schien sie zu erwarten, denn er sagte: Gut, ihr kommt uoch zur rechten Zeit!<lb/> und ließ sich von ihnen sogleich nach der Debrecziner Haide tragen, wo später<lb/> das Parlament zusammenkam, und von dort nach allen Steppen, Bergen und<lb/> Strömen, die er bald darauf mit dem Blute der Russen und Oestreicher färbte.<lb/> Erst nachdem er den Schauplatz seiner Thaten im Voraus besichtigt, fuhr er wie<lb/> ein gewöhnlicher magyarischer Mensch in einem, mit acht Pferdchen bespannten<lb/> Banerwägelein nach Preßburg und klopfte an Kossuth's Thüre. Eljen sein Name<lb/> in alle Ewigkeit!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Czechische Portraits.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> Celakowsky.</head><lb/> <p xml:id="ID_662" next="#ID_663"> Unter vielem Hohlen, Gespreizten, Schlechten ein Helles Bild am czechischen Li-<lb/> teratenhimmel! Franz Ladislaw Celakowskv, ein geistvoller Gelehrter und begabter<lb/> Dichter! Celakowsky hat aus dem frischen, unerschöpflichen Quell der Volkspoesie, der<lb/> böhmischen nicht allein, auch der übrigen slavischen geschöpft und durch sein kräftiges<lb/> und gebildetes Dichtertalent für alle Zeiten einen der ersten Plätze auf dem czechischen<lb/> Parnaß sich gesichert. Die Reimereien eines Wocel, eines Kamenicky, eines Fnrch und<lb/> wie die geblähten Ephemeren sonst noch alle heißen mögen, werden mit dieser Genera¬<lb/> tion verschollen sein, aber Celakowsky's Poesien, seine begeisterten Nachdichtungen sia-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 25*</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0199]
sich darin auf den Rücken legte, um vom Ufer aus nicht gesehen zu werden, und
der Gnade der Wogen übergab, die ihn glücklich ins Ungarland hinabschwemmten.
Beide Darstellungsweisen waren jedoch dem echten Magyar nicht wunderbar genug,
und wenn wir dem Fekete Pul glauben wollen, der bei den Kossuthhnsaren als
Feldkaplan diente, so hat der Magyar Isten bei seiner Rettung die Hand im
Spiele gehabt. Der Magyarengott nämlich saß über den Wolken bei einer Flasche
Tokaier und rauchte eine Pfeife Gartenlättiuger, als die Seele eines von den
Kroaten ermordeten Mädchens aus Gumpendorf händeringend vor ihm erschien,
um Rache flehte und das Schicksal Wiens verkündigte. Anfangs fluchte der Magyar
Isten über sich und seine Welt und wollte die unerfreuliche Mähre nicht glauben,
bis er durch einen Blick aus die Erde sich vom Siege des Windischgrätz, — bassan
sein Name! — überzeugte, indem er auf dem Knauf des Stephansthurmes die
schwarzgelbe Fahne gewahrte; groß wie ein Schnupftüchel, welches sechs Monat
gedient hat, und auch nicht sauberer, bassan! Was that der Magyarengott? Sein
erster Gedanke war, den Bem zu retten. Er sandte vier Erzengel aus, natürlich
in Husarenuniform und mit langschweifigen Flügelpferden. Diese fanden Bem auf
dem Belvedere in Wien, als er eben, in einem der Kellergemächer versteckt, un¬
garische Schlachtpläne mit dem Stock auf den staubigen Boden zeichnete. Er
schien sie zu erwarten, denn er sagte: Gut, ihr kommt uoch zur rechten Zeit!
und ließ sich von ihnen sogleich nach der Debrecziner Haide tragen, wo später
das Parlament zusammenkam, und von dort nach allen Steppen, Bergen und
Strömen, die er bald darauf mit dem Blute der Russen und Oestreicher färbte.
Erst nachdem er den Schauplatz seiner Thaten im Voraus besichtigt, fuhr er wie
ein gewöhnlicher magyarischer Mensch in einem, mit acht Pferdchen bespannten
Banerwägelein nach Preßburg und klopfte an Kossuth's Thüre. Eljen sein Name
in alle Ewigkeit!
Czechische Portraits.
Celakowsky.
Unter vielem Hohlen, Gespreizten, Schlechten ein Helles Bild am czechischen Li-
teratenhimmel! Franz Ladislaw Celakowskv, ein geistvoller Gelehrter und begabter
Dichter! Celakowsky hat aus dem frischen, unerschöpflichen Quell der Volkspoesie, der
böhmischen nicht allein, auch der übrigen slavischen geschöpft und durch sein kräftiges
und gebildetes Dichtertalent für alle Zeiten einen der ersten Plätze auf dem czechischen
Parnaß sich gesichert. Die Reimereien eines Wocel, eines Kamenicky, eines Fnrch und
wie die geblähten Ephemeren sonst noch alle heißen mögen, werden mit dieser Genera¬
tion verschollen sein, aber Celakowsky's Poesien, seine begeisterten Nachdichtungen sia-
25*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |