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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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Zeit seiner größten Geldnoth von der Bank Noten verfertigen lassen, die er ihr mit
fünf Prozent verzinste, während er schon längst sich selbst unverzinsliches oder zu
Dreiprozent verzinsliches Papiergeld hätte machen können? Weil er wußte, daß
die Banknoten sich immer noch ein gewisses Vertrauen in der kaufmännischen Welt
erhalten würden, was sein eigenes Papiergeld durchaus nicht gehabt hätte. Denn
so schädlich und verderblich anch die Herrschaft der Banknoten im Vvlksverkchr
ist, immer bürgen für dies Papier noch die reichsten und klügsten Geschäftsleute
Oestreichs, die Actionäre der Bank. Sie bürgen dafür mit ihrem Kredit, ihrer
Ehre und ihrem ganzen Vermögen. Als Oestreich in diesem Frühjahr in Ungarn
schwach wurde, fielen die Banknoten zwar in Deutschland bis auf 80 Prozent,
als mau aber noch 80 Gulden Silber für 100 Gulden in Banknoten zahlte, that
man dies nicht, weil man noch 80 Prozent Vertrauen auf Oestreichs Zukunft hatte,
sondern weil mau noch 80 gegen 100 parirte, daß die kaufmännische Schlauheit
der Bankactionäre im Stande sein werde, das äußerste Verderben von diesem In¬
stitut abzuhalten. Dies relative Vertrauen, welches die Bank genießt, hat die
Regierung benutzt, als sie Geld brauchte, jetzt schiebt sie dem Volke heimlich ein
schlechteres Papier unter, ihr eigenes, welches in den Handelsplätzen des Auslan¬
des gar kein Vertrauen genießt, weil es gar keine Garantie darbietet. Dies ist
ein Unrecht gegen das Volk und eine unglückliche Maßregel für den Staat selbst.

Denn die dreivrozentigen Kassenscheine sind ein monströses Papiergeld, wel¬
ches weder irgend einen Fond zur Deckung, noch in seiner Ausdehnung irgend
eine andre Schranke hat, als die souveräne Willkür und die ungeheuren Be¬
dürfnisse der Negierung. Kopflos und ohne Uebersicht hat die Negierung dasselbe
schon jetzt in großen Massen fabrizirt und wird dasselbe in noch größerer Masse
in Zukunft anfertigen müssen, da die Ausgaben Oestreichs uoch lange nicht durch
die Einnahmen gedeckt werde" können, und der östreichische Staat jetzt
gar kein anderes Mittel hat, sich Geld zu verschaffen. Daß ihm An¬
leihen nichts helfen, hat die letzte bewiesen; sie ist bis jetzt in den Augen eines
soliden Geldmauns wenig mehr, als ein schlechtes Scheingeschäft. Davon spä¬
ter. -- Die Kassenscheine der östreichischen Regierung aber sind trotz ihrer drei Pro¬
zent Zinsen gerade um soviel schlechter, denn die Banknoten, als das Vertrauen
zur geschäftlichen Klugheit der Regierung geringer ist, denn das zur Klugheit der
Baut. Und diese Gleichung ergibt einen großen Unterschied zwischen beiden imaginären
Werthen. Ja es läßt sich voraussehen, daß der Staatsbankrott für Oestreich un¬
vermeidlich wird, vielleicht schon im nächsten Frühjahr ausbricht, wenn die Regie¬
rung diese Maßregel, die Banknoten in der Stille gegen Staatsnvten auszutau¬
schen, in Großem zur Anwendung bringt. Wenn der östreichische Kaufmann und
Fabrikant seine Waaren und Rohstoffe nicht mit Silber (davon kann vorläufig gar
nicht die Rede sei") und nicht mehr mit Banknoten, sondern mit östreichischen Kas¬
senscheinen bezahlen muß, verliert er seinen Kredit im Auslande, all-


Zeit seiner größten Geldnoth von der Bank Noten verfertigen lassen, die er ihr mit
fünf Prozent verzinste, während er schon längst sich selbst unverzinsliches oder zu
Dreiprozent verzinsliches Papiergeld hätte machen können? Weil er wußte, daß
die Banknoten sich immer noch ein gewisses Vertrauen in der kaufmännischen Welt
erhalten würden, was sein eigenes Papiergeld durchaus nicht gehabt hätte. Denn
so schädlich und verderblich anch die Herrschaft der Banknoten im Vvlksverkchr
ist, immer bürgen für dies Papier noch die reichsten und klügsten Geschäftsleute
Oestreichs, die Actionäre der Bank. Sie bürgen dafür mit ihrem Kredit, ihrer
Ehre und ihrem ganzen Vermögen. Als Oestreich in diesem Frühjahr in Ungarn
schwach wurde, fielen die Banknoten zwar in Deutschland bis auf 80 Prozent,
als mau aber noch 80 Gulden Silber für 100 Gulden in Banknoten zahlte, that
man dies nicht, weil man noch 80 Prozent Vertrauen auf Oestreichs Zukunft hatte,
sondern weil mau noch 80 gegen 100 parirte, daß die kaufmännische Schlauheit
der Bankactionäre im Stande sein werde, das äußerste Verderben von diesem In¬
stitut abzuhalten. Dies relative Vertrauen, welches die Bank genießt, hat die
Regierung benutzt, als sie Geld brauchte, jetzt schiebt sie dem Volke heimlich ein
schlechteres Papier unter, ihr eigenes, welches in den Handelsplätzen des Auslan¬
des gar kein Vertrauen genießt, weil es gar keine Garantie darbietet. Dies ist
ein Unrecht gegen das Volk und eine unglückliche Maßregel für den Staat selbst.

Denn die dreivrozentigen Kassenscheine sind ein monströses Papiergeld, wel¬
ches weder irgend einen Fond zur Deckung, noch in seiner Ausdehnung irgend
eine andre Schranke hat, als die souveräne Willkür und die ungeheuren Be¬
dürfnisse der Negierung. Kopflos und ohne Uebersicht hat die Negierung dasselbe
schon jetzt in großen Massen fabrizirt und wird dasselbe in noch größerer Masse
in Zukunft anfertigen müssen, da die Ausgaben Oestreichs uoch lange nicht durch
die Einnahmen gedeckt werde» können, und der östreichische Staat jetzt
gar kein anderes Mittel hat, sich Geld zu verschaffen. Daß ihm An¬
leihen nichts helfen, hat die letzte bewiesen; sie ist bis jetzt in den Augen eines
soliden Geldmauns wenig mehr, als ein schlechtes Scheingeschäft. Davon spä¬
ter. — Die Kassenscheine der östreichischen Regierung aber sind trotz ihrer drei Pro¬
zent Zinsen gerade um soviel schlechter, denn die Banknoten, als das Vertrauen
zur geschäftlichen Klugheit der Regierung geringer ist, denn das zur Klugheit der
Baut. Und diese Gleichung ergibt einen großen Unterschied zwischen beiden imaginären
Werthen. Ja es läßt sich voraussehen, daß der Staatsbankrott für Oestreich un¬
vermeidlich wird, vielleicht schon im nächsten Frühjahr ausbricht, wenn die Regie¬
rung diese Maßregel, die Banknoten in der Stille gegen Staatsnvten auszutau¬
schen, in Großem zur Anwendung bringt. Wenn der östreichische Kaufmann und
Fabrikant seine Waaren und Rohstoffe nicht mit Silber (davon kann vorläufig gar
nicht die Rede sei») und nicht mehr mit Banknoten, sondern mit östreichischen Kas¬
senscheinen bezahlen muß, verliert er seinen Kredit im Auslande, all-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/186>, abgerufen am 15.01.2025.