Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.im lebhaften Gespräch begriffen. -- Ein Handzar in silberner, kunstreich ciselirter Der Woiwvde grüßte mit dem Kopfe nickend und bot mir die Rechte zum "Besser gefunden, am besten gefunden" -- war die gebräuchliche Antwort. "Du kommst aus Karlovic?" Ich bejahte. "El, wie steht es dort? -- Machen die Magyaren -- der Teufel soll ihnen die Seele--unsern Leuten noch immer zu schassen? Wie geht es unserm Wucic hörte meine berichtende Antwort mit gespannter Theilnahme, bald mit Ich bewunderte die imponirende Athletengestalt des Woiwoden! Ein riesiger im lebhaften Gespräch begriffen. — Ein Handzar in silberner, kunstreich ciselirter Der Woiwvde grüßte mit dem Kopfe nickend und bot mir die Rechte zum „Besser gefunden, am besten gefunden" — war die gebräuchliche Antwort. „Du kommst aus Karlovic?" Ich bejahte. „El, wie steht es dort? — Machen die Magyaren — der Teufel soll ihnen die Seele--unsern Leuten noch immer zu schassen? Wie geht es unserm Wucic hörte meine berichtende Antwort mit gespannter Theilnahme, bald mit Ich bewunderte die imponirende Athletengestalt des Woiwoden! Ein riesiger <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279566"/> <p xml:id="ID_49" prev="#ID_48"> im lebhaften Gespräch begriffen. — Ein Handzar in silberner, kunstreich ciselirter<lb/> Scheide lag auf einem Seitentisch, daneben eine Pistole, kostbar mit Perlmutter<lb/> und Silber ausgelegt, die zweite correspondirende stak in Herrn Wucic's Leibgurt.<lb/> Ich erfuhr später, daß er diese Waffe niemals ablegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_50"> Der Woiwvde grüßte mit dem Kopfe nickend und bot mir die Rechte zum<lb/> Händedruck. „Gut gekommen!" lautete der althergebrachte Gruß.</p><lb/> <p xml:id="ID_51"> „Besser gefunden, am besten gefunden" — war die gebräuchliche Antwort.</p><lb/> <p xml:id="ID_52"> „Du kommst aus Karlovic?"</p><lb/> <p xml:id="ID_53"> Ich bejahte.</p><lb/> <p xml:id="ID_54"> „El, wie steht es dort? — Machen die Magyaren — der Teufel soll ihnen</p><lb/> <p xml:id="ID_55"> die Seele--unsern Leuten noch immer zu schassen? Wie geht es unserm<lb/> würdigen Vater, des Patriarchen Heiligkeit? Was macht mein lieber Sohn, der<lb/> Knicanin, der wackere Junge, den Gott erhalten möge? Ich weiß, er hält sich<lb/> brav uno klopft die Magyaren fleißig."</p><lb/> <p xml:id="ID_56"> Wucic hörte meine berichtende Antwort mit gespannter Theilnahme, bald mit<lb/> einem freundlichen Lachen Und behaglichem Streicheln des grauen Schnurrbartes,<lb/> wenn von einer günstigen Affaire der Serben die Rede war, bald mit raschem<lb/> Zusammenziehen der großen buschigen Augenbrauen, wenn ich einen unangenehmen<lb/> Zwischenfall im serbischen Waffenglück berührte. Mitunter ließ der greise Herr<lb/> eine scharfsinnige Bemerkung über die strategische Situation der Serben fallen und<lb/> machte so jugendlich begeisterte patriotische Betrachtungen, daß ich in Erstannen<lb/> gerieth. Nach einer Weile ersuchte er mich, ihm auf deu Balkon zu folgen und<lb/> in der kühlenden Abendluft auf einem schwellenden Sopha Platz zu nehmen. Auf<lb/> seinen Wink brachte ein Diener einen reich verzierten Cibbnk von guten drei Ellen<lb/> Länge und hielt mir mit der einen Hand das monströse Rohr ans persischem Weich¬<lb/> selholz wie einen Wurfspieß vor den Mund, während er mit der andern die glü¬<lb/> hende Kohle auf den feingeringelten, goldgelben Levantcblättern zurecht richtete.<lb/> Ich mußte feierlich die Gastpfeife rauchen, köstlichen, orientalischen Tabak, von<lb/> dessen Arom ein Nordländer selten einen Begriff hat. Zwei andere Lakaien kre¬<lb/> denzten in kleinen Porzellainnäpfchen auf silbernen Unterseen duftigen Mokkakasse<lb/> und in einer schöngeschliffenen Krystallbüchse das sogenannte Sladno, den Scherbet<lb/> der Serben.</p><lb/> <p xml:id="ID_57" next="#ID_58"> Ich bewunderte die imponirende Athletengestalt des Woiwoden! Ein riesiger<lb/> Körper, sehnig und muskulös mit hochgewölbten Brustkasten. Der Kopf wie eine<lb/> edele Antike, eine nicht zu hohe, etwas gewölbte Stirn von schwarzgrauem, dich¬<lb/> tem Haar umsäumt, die Nase gebogen, ein dunkles stechendes Augenpaar von bu¬<lb/> schigen Brauen und dichten Wimpern beschattet. Ueber dem feingeschnittenen<lb/> Munde, den ein schlauer Zug umspielt, häugt ein mächtiger grauer Schnurrbart.<lb/> Die Jahre sind fast spurlos an der hohen Gestalt und ihrem noch immer schö¬<lb/> nen Zügen vorübergegangen, man würde nach seinem Aussehen den Woiwoden auf</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
im lebhaften Gespräch begriffen. — Ein Handzar in silberner, kunstreich ciselirter
Scheide lag auf einem Seitentisch, daneben eine Pistole, kostbar mit Perlmutter
und Silber ausgelegt, die zweite correspondirende stak in Herrn Wucic's Leibgurt.
Ich erfuhr später, daß er diese Waffe niemals ablegt.
Der Woiwvde grüßte mit dem Kopfe nickend und bot mir die Rechte zum
Händedruck. „Gut gekommen!" lautete der althergebrachte Gruß.
„Besser gefunden, am besten gefunden" — war die gebräuchliche Antwort.
„Du kommst aus Karlovic?"
Ich bejahte.
„El, wie steht es dort? — Machen die Magyaren — der Teufel soll ihnen
die Seele--unsern Leuten noch immer zu schassen? Wie geht es unserm
würdigen Vater, des Patriarchen Heiligkeit? Was macht mein lieber Sohn, der
Knicanin, der wackere Junge, den Gott erhalten möge? Ich weiß, er hält sich
brav uno klopft die Magyaren fleißig."
Wucic hörte meine berichtende Antwort mit gespannter Theilnahme, bald mit
einem freundlichen Lachen Und behaglichem Streicheln des grauen Schnurrbartes,
wenn von einer günstigen Affaire der Serben die Rede war, bald mit raschem
Zusammenziehen der großen buschigen Augenbrauen, wenn ich einen unangenehmen
Zwischenfall im serbischen Waffenglück berührte. Mitunter ließ der greise Herr
eine scharfsinnige Bemerkung über die strategische Situation der Serben fallen und
machte so jugendlich begeisterte patriotische Betrachtungen, daß ich in Erstannen
gerieth. Nach einer Weile ersuchte er mich, ihm auf deu Balkon zu folgen und
in der kühlenden Abendluft auf einem schwellenden Sopha Platz zu nehmen. Auf
seinen Wink brachte ein Diener einen reich verzierten Cibbnk von guten drei Ellen
Länge und hielt mir mit der einen Hand das monströse Rohr ans persischem Weich¬
selholz wie einen Wurfspieß vor den Mund, während er mit der andern die glü¬
hende Kohle auf den feingeringelten, goldgelben Levantcblättern zurecht richtete.
Ich mußte feierlich die Gastpfeife rauchen, köstlichen, orientalischen Tabak, von
dessen Arom ein Nordländer selten einen Begriff hat. Zwei andere Lakaien kre¬
denzten in kleinen Porzellainnäpfchen auf silbernen Unterseen duftigen Mokkakasse
und in einer schöngeschliffenen Krystallbüchse das sogenannte Sladno, den Scherbet
der Serben.
Ich bewunderte die imponirende Athletengestalt des Woiwoden! Ein riesiger
Körper, sehnig und muskulös mit hochgewölbten Brustkasten. Der Kopf wie eine
edele Antike, eine nicht zu hohe, etwas gewölbte Stirn von schwarzgrauem, dich¬
tem Haar umsäumt, die Nase gebogen, ein dunkles stechendes Augenpaar von bu¬
schigen Brauen und dichten Wimpern beschattet. Ueber dem feingeschnittenen
Munde, den ein schlauer Zug umspielt, häugt ein mächtiger grauer Schnurrbart.
Die Jahre sind fast spurlos an der hohen Gestalt und ihrem noch immer schö¬
nen Zügen vorübergegangen, man würde nach seinem Aussehen den Woiwoden auf
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |