Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.delsartikel genommen haben. Ohnehin wissen sie dies sehr wohl. Schwerlich mag So dumm der Soldat ist, so weiß er bei seinen D-ebereien doch sehr wohl delsartikel genommen haben. Ohnehin wissen sie dies sehr wohl. Schwerlich mag So dumm der Soldat ist, so weiß er bei seinen D-ebereien doch sehr wohl <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0130" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279678"/> <p xml:id="ID_418" prev="#ID_417"> delsartikel genommen haben. Ohnehin wissen sie dies sehr wohl. Schwerlich mag<lb/> man durch mehrere Straßen einer mit russischem Militär besetzten Stadt gehen<lb/> können, ohne an einer Ecke einen Soldaten zu finden, der gestohlenes Gut feil¬<lb/> bietet. Oftmals geräth aber auch der Finger des Soldaten auf viel werthvollere<lb/> Dinge, als die genannten, und oftmals rafft er Massen auf, welche sich nicht in<lb/> der Tasche fortbringen lassen. So wurde in einer Nacht auf der Krakauer Vor¬<lb/> stadt in Warschau gerade vor der Hauptwache eine Tuchniederlage fast völlig aus¬<lb/> geräumt. Das Quantum des Gestohlenen betrug über 18 Centner. Niemand<lb/> hat die Diebe kennen gelernt, aber daß sie Soldaten waren, das leuchtete nur zu<lb/> sehr ein, eben so wie, daß sie mit der Mannschaft der Hauptwache und respective<lb/> dein Herrn Offizier derselben in bestem EinVerständniß gewesen sein mußten. Nicht<lb/> genug, daß sie das Gestohlene offen seil bieten, sie Hausirer auch sogar damit<lb/> und suchen es einem gewaltsam, jedoch stets in sehr höflicher, demüthiger, mitleid-<lb/> erregcnder Weise aufzudringen. Ich habe einmal zwei Stunden lang mit einem<lb/> Compagnieschreiber von Untervffiziersrang, der mich zum Kauf einer wunderschönen<lb/> goldenen Nepetieruhr zu zwingen suchte, zu kämpfen gehabt. Er forderte zuerst<lb/> fünf Dukaten, und erklärte sich zuletzt bereit, die Uhr sogar für 1 Dukaten hin¬<lb/> zugeben.</p><lb/> <p xml:id="ID_419" next="#ID_420"> So dumm der Soldat ist, so weiß er bei seinen D-ebereien doch sehr wohl<lb/> das Werthvolle zu unterscheiden. Ein junger Kaufmann aus Warschau bezog im<lb/> Auftrage einer Warschauer Metallwarenfabrik den Jahrmarkt einer Provinzialstadt<lb/> und nahm cvmmissionsweise vou einem Uhrsabrikanten in Warschau ein Kästchen<lb/> voll goldener und silberner Taschenuhren (im Werthe von 3000 pol. Gulden oder<lb/> 500 Thalern) mit. Dieses Kästchen behielt er der Sicherheit wegen auf seinem<lb/> Zimmer im Gasthaus. Vor den offenen Fenstern dieses Zimmers befanden sich<lb/> zufällig mehrere Soldaten eines durchmarschirenden Jnfanteriebataillous. Der junge<lb/> Mann verließ, ohne die Fenster zu schließe», die Stube auf einige Minuten. Als<lb/> er zurückkehrte, fand er das Kästchen leer, und die Soldaten waren verschwunden.<lb/> Ehe er den Bürgermeister dazu bewegen konnte, den commandirenden Offizier um<lb/> eine Untersuchung anzugehen, war das Bataillon abmarschirt, und nun war gar<lb/> nichts mehr zu erlangen. Ueberhaupt kommt der von russischen Soldaten Bestoh-<lb/> lene durch eine Untersuchung sast niemals zu seinem Eigenthum. Fängt er die<lb/> Diebe bei der That, so entgehen sie dem furchtbarsten Spießrnthenschlagen nicht;<lb/> zu einer Untersuchung lassen sich die Offiziere aber nicht leicht bewegen, selbst<lb/> nicht, wenn sie die Diebe und ihre That auf's Genaueste kennen. In der That<lb/> haben die Offiziere meist nicht viel edlere Grundsätze als die gemeinen Soldaten,<lb/> wovon ich vielfältige Beispiele anführen könnte. Ju der Mcthstraße in Warschau<lb/> befindet sich ein Galanteriewaarenhandelsgeschäft, in welchem auch Epaulettes ver¬<lb/> kauft werden. In diesem Geschäft fand sich eines Tages ein russischer Premier¬<lb/> lieutenant ein und ließ sich eine Menge Epaulettes zur Auswahl vorlegen. Er</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0130]
delsartikel genommen haben. Ohnehin wissen sie dies sehr wohl. Schwerlich mag
man durch mehrere Straßen einer mit russischem Militär besetzten Stadt gehen
können, ohne an einer Ecke einen Soldaten zu finden, der gestohlenes Gut feil¬
bietet. Oftmals geräth aber auch der Finger des Soldaten auf viel werthvollere
Dinge, als die genannten, und oftmals rafft er Massen auf, welche sich nicht in
der Tasche fortbringen lassen. So wurde in einer Nacht auf der Krakauer Vor¬
stadt in Warschau gerade vor der Hauptwache eine Tuchniederlage fast völlig aus¬
geräumt. Das Quantum des Gestohlenen betrug über 18 Centner. Niemand
hat die Diebe kennen gelernt, aber daß sie Soldaten waren, das leuchtete nur zu
sehr ein, eben so wie, daß sie mit der Mannschaft der Hauptwache und respective
dein Herrn Offizier derselben in bestem EinVerständniß gewesen sein mußten. Nicht
genug, daß sie das Gestohlene offen seil bieten, sie Hausirer auch sogar damit
und suchen es einem gewaltsam, jedoch stets in sehr höflicher, demüthiger, mitleid-
erregcnder Weise aufzudringen. Ich habe einmal zwei Stunden lang mit einem
Compagnieschreiber von Untervffiziersrang, der mich zum Kauf einer wunderschönen
goldenen Nepetieruhr zu zwingen suchte, zu kämpfen gehabt. Er forderte zuerst
fünf Dukaten, und erklärte sich zuletzt bereit, die Uhr sogar für 1 Dukaten hin¬
zugeben.
So dumm der Soldat ist, so weiß er bei seinen D-ebereien doch sehr wohl
das Werthvolle zu unterscheiden. Ein junger Kaufmann aus Warschau bezog im
Auftrage einer Warschauer Metallwarenfabrik den Jahrmarkt einer Provinzialstadt
und nahm cvmmissionsweise vou einem Uhrsabrikanten in Warschau ein Kästchen
voll goldener und silberner Taschenuhren (im Werthe von 3000 pol. Gulden oder
500 Thalern) mit. Dieses Kästchen behielt er der Sicherheit wegen auf seinem
Zimmer im Gasthaus. Vor den offenen Fenstern dieses Zimmers befanden sich
zufällig mehrere Soldaten eines durchmarschirenden Jnfanteriebataillous. Der junge
Mann verließ, ohne die Fenster zu schließe», die Stube auf einige Minuten. Als
er zurückkehrte, fand er das Kästchen leer, und die Soldaten waren verschwunden.
Ehe er den Bürgermeister dazu bewegen konnte, den commandirenden Offizier um
eine Untersuchung anzugehen, war das Bataillon abmarschirt, und nun war gar
nichts mehr zu erlangen. Ueberhaupt kommt der von russischen Soldaten Bestoh-
lene durch eine Untersuchung sast niemals zu seinem Eigenthum. Fängt er die
Diebe bei der That, so entgehen sie dem furchtbarsten Spießrnthenschlagen nicht;
zu einer Untersuchung lassen sich die Offiziere aber nicht leicht bewegen, selbst
nicht, wenn sie die Diebe und ihre That auf's Genaueste kennen. In der That
haben die Offiziere meist nicht viel edlere Grundsätze als die gemeinen Soldaten,
wovon ich vielfältige Beispiele anführen könnte. Ju der Mcthstraße in Warschau
befindet sich ein Galanteriewaarenhandelsgeschäft, in welchem auch Epaulettes ver¬
kauft werden. In diesem Geschäft fand sich eines Tages ein russischer Premier¬
lieutenant ein und ließ sich eine Menge Epaulettes zur Auswahl vorlegen. Er
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