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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band.

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noch Jahre lang eine Unmöglichkeit ist. Die erste Einwirkung war, daß die
Banknoten um 120 si. pr. Stück im Course fielen, und das Silberagio stieg.
Das Steigen und Fallen an der Börse kann jedoch nicht als Maßstab bei der
Kritik ministerieller Verordnungen dienen, wenn auch beim Geldwesen, das die
Börse unmittelbar berührt, darauf Bedacht genommen werden muß^

Im Bortrage an den Kaiser erwähnt der Minister, daß das Wiederaufleben
des Vertrauens auf deu Stand der Wechselcourse und Staatscffectc" günstig ein¬
wirkte. Das Vertrauen also ist der mächtigste Hebel, und mit besonderer Satis-
faction vernimmt man eine solche Erkenntniß aus der Feder eines Mannes jener
Regierung, die bisher kein Vertrauen zu gewinnen wußte; das Vertrauen aber
ist der Factor, welcher deu Staat in Ruhe, Ordnung und Freiheit erhält, und
dessen Gegensatz ist die Quelle der Unruhe, der Unordnung und des Zwanges.
Um das Geldwesen zu regeln, mußte daher vorerst Vertrauen erweckt werden,
und dessen Erhaltung allein kann zum Ziele führen. Das neueste Finanzpatent
ist jedoch nicht geeignet, das Maß des Vertrcinens voll zu schütte".

Die Wiederherstellung des Werthes der Landeswährung ist das erste Erfor-
derniß, das auch der Minister anerkennt. Die Banknote gilt nicht das, was die
Ziffer darauf bezeichnet, es fehlt also dem Verkehr im Großen wie im Kleinsten
die feste Basis, und alle Geschäfte, bis auf den Bedarf einer Nähnadel herab,
erhielten hiedurch den Character einer Börsenschwindelei. Der Minister, welcher
werkthätig eingreifen sollte, um den Markt des Lebensbedarfes vom Einfluß des
Geldmarktes unabhängiger zu machen, blieb rathlos in seinem Bureau, und seine
Taktik war ein zuschauendes Gehenlassen und Abwarten. Den Stantsbedarf be¬
friedigte er durch die willfährige Nationalbank, welche Noten auf endlosem Papier
fabrizirte.

Unmöglich kann man dem Vortrage des Ministers beistimmen, daß die Ein¬
künfte des Staates in der Gestalt der vermehrten umlaufenden Crcditspapiere vorn¬
herein in Anspruch genommen und vermehrt werden mußten. Der ehemalige
Reichstag hat dieses "muß" bestritten. Die Vermehrung der Einkünfte mußte in
jener Gestalt eingeleitet werden, daß das Gesammtreich in gleichmäßiger Weise
dazu beisteure, uicht aber in der Mißgestalt von Papiernoten, für welche die Bank
keinen bedeckenden Baarsond auszuweisen' hatte. Der Gulden, deu die Bank dem
Staate lieh, war eine falsche Münze, denn es war kein Gulden. Der Finanz-
minister Freiherr v. Kraus ergreift aber wiederholt das Wort zu Gunsten der
Rationalbank, und stellt unter allen Borkehrungen "oben an," eine durchgreifende
Verbesserung der Lage der Bank und die Regelung der Beziehungen des Staates
ZU derselben. Nicht jedoch die Lage der Bank ist zu verbessern, vielmehr die Lage
des von der Bank abhängigen Volkes, das diesem mißbrauchten Institute robo¬
ten und zehnten muß; die Bank hat bei ihrer jetzigen Lage Millionen gewonnen
und die Bankaktien behielten in den trübsten Zeiten des vorigen Jak)res so wie


noch Jahre lang eine Unmöglichkeit ist. Die erste Einwirkung war, daß die
Banknoten um 120 si. pr. Stück im Course fielen, und das Silberagio stieg.
Das Steigen und Fallen an der Börse kann jedoch nicht als Maßstab bei der
Kritik ministerieller Verordnungen dienen, wenn auch beim Geldwesen, das die
Börse unmittelbar berührt, darauf Bedacht genommen werden muß^

Im Bortrage an den Kaiser erwähnt der Minister, daß das Wiederaufleben
des Vertrauens auf deu Stand der Wechselcourse und Staatscffectc» günstig ein¬
wirkte. Das Vertrauen also ist der mächtigste Hebel, und mit besonderer Satis-
faction vernimmt man eine solche Erkenntniß aus der Feder eines Mannes jener
Regierung, die bisher kein Vertrauen zu gewinnen wußte; das Vertrauen aber
ist der Factor, welcher deu Staat in Ruhe, Ordnung und Freiheit erhält, und
dessen Gegensatz ist die Quelle der Unruhe, der Unordnung und des Zwanges.
Um das Geldwesen zu regeln, mußte daher vorerst Vertrauen erweckt werden,
und dessen Erhaltung allein kann zum Ziele führen. Das neueste Finanzpatent
ist jedoch nicht geeignet, das Maß des Vertrcinens voll zu schütte».

Die Wiederherstellung des Werthes der Landeswährung ist das erste Erfor-
derniß, das auch der Minister anerkennt. Die Banknote gilt nicht das, was die
Ziffer darauf bezeichnet, es fehlt also dem Verkehr im Großen wie im Kleinsten
die feste Basis, und alle Geschäfte, bis auf den Bedarf einer Nähnadel herab,
erhielten hiedurch den Character einer Börsenschwindelei. Der Minister, welcher
werkthätig eingreifen sollte, um den Markt des Lebensbedarfes vom Einfluß des
Geldmarktes unabhängiger zu machen, blieb rathlos in seinem Bureau, und seine
Taktik war ein zuschauendes Gehenlassen und Abwarten. Den Stantsbedarf be¬
friedigte er durch die willfährige Nationalbank, welche Noten auf endlosem Papier
fabrizirte.

Unmöglich kann man dem Vortrage des Ministers beistimmen, daß die Ein¬
künfte des Staates in der Gestalt der vermehrten umlaufenden Crcditspapiere vorn¬
herein in Anspruch genommen und vermehrt werden mußten. Der ehemalige
Reichstag hat dieses „muß" bestritten. Die Vermehrung der Einkünfte mußte in
jener Gestalt eingeleitet werden, daß das Gesammtreich in gleichmäßiger Weise
dazu beisteure, uicht aber in der Mißgestalt von Papiernoten, für welche die Bank
keinen bedeckenden Baarsond auszuweisen' hatte. Der Gulden, deu die Bank dem
Staate lieh, war eine falsche Münze, denn es war kein Gulden. Der Finanz-
minister Freiherr v. Kraus ergreift aber wiederholt das Wort zu Gunsten der
Rationalbank, und stellt unter allen Borkehrungen „oben an," eine durchgreifende
Verbesserung der Lage der Bank und die Regelung der Beziehungen des Staates
ZU derselben. Nicht jedoch die Lage der Bank ist zu verbessern, vielmehr die Lage
des von der Bank abhängigen Volkes, das diesem mißbrauchten Institute robo¬
ten und zehnten muß; die Bank hat bei ihrer jetzigen Lage Millionen gewonnen
und die Bankaktien behielten in den trübsten Zeiten des vorigen Jak)res so wie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279547/11>, abgerufen am 15.01.2025.