Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.jeder Pole deutsch spricht. Bei uns in Breslau ist dies allerdings, der Fall, der Ver¬ Doch selbst wenn wir unsern Blick nicht über die preußische Grenze richten, stellt Wie Referent erfahren hat, sind neuerdings Schritte geschehen, um den an den E. F. d. I. Mit Ur. Al" beginnt das IV. Quartal der Grenz¬ Verlag von F. L. Hcrbig. Redacteure: Gustav Freytag und Julia" Schmidt. Druck von Friedrich Andrä. jeder Pole deutsch spricht. Bei uns in Breslau ist dies allerdings, der Fall, der Ver¬ Doch selbst wenn wir unsern Blick nicht über die preußische Grenze richten, stellt Wie Referent erfahren hat, sind neuerdings Schritte geschehen, um den an den E. F. d. I. Mit Ur. Al» beginnt das IV. Quartal der Grenz¬ Verlag von F. L. Hcrbig. Redacteure: Gustav Freytag und Julia» Schmidt. Druck von Friedrich Andrä. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0520" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279546"/> <p xml:id="ID_1781" prev="#ID_1780"> jeder Pole deutsch spricht. Bei uns in Breslau ist dies allerdings, der Fall, der Ver¬<lb/> kehr wird uns so leicht gemacht, daß sich der polnische Käufer noch eines ihm fremden<lb/> Idioms bedienen muß,, um für sein gutes Geld unsere Waaren zu erhalten. Im Ver¬<lb/> hältniß wie der Pole zu uns, stehen wir zu den westlichen Nachbarn, den Franzosen<lb/> und Engländern, und es dürften wohl wenig Bestellungen bei diesen, besonders bei<lb/> den ersteren, gemacht werden, wobei man sich der denk scheu Sprache bediente. Der<lb/> Vortheil aber, der uns aus der Erlernung einer der reichsten und am meisten ausge¬<lb/> bildeten slavischen Sprache» erwächst, ist ein zu bedeutender, als daß man nicht fort¬<lb/> während darauf zurückkommen und die Aufmerksamkeit unserer Jngend und ihrer Aeltern<lb/> aus diesen Gegenstand hinlenken sollte. Wir Deutsche rühmen uns. die Apostel zu<lb/> sein, welche die Bestimmung haben, Cultur und Intelligenz nach dem Osten zu tra¬<lb/> gen, und wirklich, diese Mission haben wir gegen die Polen in vieler Hinsicht erfüllt.<lb/> Wo das Auge in Polen hinblickt, überall sieht es rührige deutsche Hände, überall tritt<lb/> ihm deutscher Fleiß entgegen, den der Pole nicht entbehren kann, und welchen er mit<lb/> klingender Münze bezahlen muß, und auch gern bezahlt. Bedurfte es eines Beweises,<lb/> so könnten Hunderte von Deutschen, unter andern in Warschau, aufgezählt werden,<lb/> welche als bescheidene Handswcrksburscheu eingewandert, und heute reiche Bürger sind.<lb/> Ist aber diese erwähnte Mission wirklich die unsrige, so liegt es doch wahrlich ans der<lb/> Hand, daß wir vor Allem-daran denken müßten, die Sprache des Volkes zu erlernen,<lb/> mit welchen wir verkehren, dem wir uus verständlich machen sollen. Daß dies so we¬<lb/> nig geschieht, ist mit der Hauptgrund, warum die Scheidewand zwischen Deutschen und<lb/> Polen eine so schroffe ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1782"> Doch selbst wenn wir unsern Blick nicht über die preußische Grenze richten, stellt<lb/> sich das Bedürfniß der Erlernung der polnischen Sprache für unsere Jugend als ein<lb/> nnal'wetsbares heraus. So schwer es dem jungen Mann, der seine Studien beendigt<lb/> hat, wird, in dem deutsch redenden Theil unserer Provinz, eine Anstellung zu erlangen,<lb/> so leicht würde ihm dies in Oberschlesien oder dem Großherzogthume werden, wenn er<lb/> polnisch spräche. Es ist bekannt, daß in Oberschlesien eine Masse von Stellen für<lb/> Lehrer und Geistliche offen sind, die nur deshalb unbesetzt bleiben, weil die sich melden¬<lb/> den Kandidaten nicht polnisch versteh«.. Gerne soll zugegeben werden, daß wir als<lb/> Deutsche uns nnter Deutschen wohler fühlen, als unter Polen; wenn uns jedoch die<lb/> Wahl nicht gelassen wird und wir noch außerdem die Aussicht haben, gerade nnter der<lb/> fremde» Zunge durch Lehre und Beispiel segensreich zu wirke», so ist es Engherzigkeit,<lb/> wenn wir uns 'zu diesem Beruft nicht freudig und mit Hingebung vorbereiten wollten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1783"> Wie Referent erfahren hat, sind neuerdings Schritte geschehen, um den an den<lb/> Gymnasien unserer Stadt ganz in den Hintergrund getretenen Unterricht in der pol¬<lb/> nischen Sprache wieder in Ausnahme zu bringen und zu heben. Bemühungen der Art,<lb/> besonders wenn sie von Privaten ausgehen, sind um so mehr zu loben, als sie bei<lb/> uns wahrlich nicht denkbarer Natur sind. Ist es denn für die Söhne Vreslau's so<lb/> unangenehm, eine Sprache zu erlernen, welche später leicht für sie eine Quelle des<lb/> Wohlstandes werden dürfte, und außerdem die in geringen Abweichungen des Idioms<lb/> von mehr als 10 Millionen Menschen gesprochen wird, welche den Schlesier fast von<lb/> allen Seiten begrenzen.</p><lb/> <note type="byline"> E. F. d. I.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div> <floatingText> <body> <div type="advertisement"> <p> Mit Ur. Al» beginnt das IV. Quartal der Grenz¬<lb/> boten, worauf alle Buchhandlungen und Postämter Bestel¬<lb/> lungen annehmen. Die Weriagshandlnng.</p> </div> </body> </floatingText> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verlag von F. L. Hcrbig. Redacteure: Gustav Freytag und Julia» Schmidt.<lb/> Druck von Friedrich Andrä.</note><lb/> </div> </body> <back> <div/> </back> </text> </TEI> [0520]
jeder Pole deutsch spricht. Bei uns in Breslau ist dies allerdings, der Fall, der Ver¬
kehr wird uns so leicht gemacht, daß sich der polnische Käufer noch eines ihm fremden
Idioms bedienen muß,, um für sein gutes Geld unsere Waaren zu erhalten. Im Ver¬
hältniß wie der Pole zu uns, stehen wir zu den westlichen Nachbarn, den Franzosen
und Engländern, und es dürften wohl wenig Bestellungen bei diesen, besonders bei
den ersteren, gemacht werden, wobei man sich der denk scheu Sprache bediente. Der
Vortheil aber, der uns aus der Erlernung einer der reichsten und am meisten ausge¬
bildeten slavischen Sprache» erwächst, ist ein zu bedeutender, als daß man nicht fort¬
während darauf zurückkommen und die Aufmerksamkeit unserer Jngend und ihrer Aeltern
aus diesen Gegenstand hinlenken sollte. Wir Deutsche rühmen uns. die Apostel zu
sein, welche die Bestimmung haben, Cultur und Intelligenz nach dem Osten zu tra¬
gen, und wirklich, diese Mission haben wir gegen die Polen in vieler Hinsicht erfüllt.
Wo das Auge in Polen hinblickt, überall sieht es rührige deutsche Hände, überall tritt
ihm deutscher Fleiß entgegen, den der Pole nicht entbehren kann, und welchen er mit
klingender Münze bezahlen muß, und auch gern bezahlt. Bedurfte es eines Beweises,
so könnten Hunderte von Deutschen, unter andern in Warschau, aufgezählt werden,
welche als bescheidene Handswcrksburscheu eingewandert, und heute reiche Bürger sind.
Ist aber diese erwähnte Mission wirklich die unsrige, so liegt es doch wahrlich ans der
Hand, daß wir vor Allem-daran denken müßten, die Sprache des Volkes zu erlernen,
mit welchen wir verkehren, dem wir uus verständlich machen sollen. Daß dies so we¬
nig geschieht, ist mit der Hauptgrund, warum die Scheidewand zwischen Deutschen und
Polen eine so schroffe ist.
Doch selbst wenn wir unsern Blick nicht über die preußische Grenze richten, stellt
sich das Bedürfniß der Erlernung der polnischen Sprache für unsere Jugend als ein
nnal'wetsbares heraus. So schwer es dem jungen Mann, der seine Studien beendigt
hat, wird, in dem deutsch redenden Theil unserer Provinz, eine Anstellung zu erlangen,
so leicht würde ihm dies in Oberschlesien oder dem Großherzogthume werden, wenn er
polnisch spräche. Es ist bekannt, daß in Oberschlesien eine Masse von Stellen für
Lehrer und Geistliche offen sind, die nur deshalb unbesetzt bleiben, weil die sich melden¬
den Kandidaten nicht polnisch versteh«.. Gerne soll zugegeben werden, daß wir als
Deutsche uns nnter Deutschen wohler fühlen, als unter Polen; wenn uns jedoch die
Wahl nicht gelassen wird und wir noch außerdem die Aussicht haben, gerade nnter der
fremde» Zunge durch Lehre und Beispiel segensreich zu wirke», so ist es Engherzigkeit,
wenn wir uns 'zu diesem Beruft nicht freudig und mit Hingebung vorbereiten wollten.
Wie Referent erfahren hat, sind neuerdings Schritte geschehen, um den an den
Gymnasien unserer Stadt ganz in den Hintergrund getretenen Unterricht in der pol¬
nischen Sprache wieder in Ausnahme zu bringen und zu heben. Bemühungen der Art,
besonders wenn sie von Privaten ausgehen, sind um so mehr zu loben, als sie bei
uns wahrlich nicht denkbarer Natur sind. Ist es denn für die Söhne Vreslau's so
unangenehm, eine Sprache zu erlernen, welche später leicht für sie eine Quelle des
Wohlstandes werden dürfte, und außerdem die in geringen Abweichungen des Idioms
von mehr als 10 Millionen Menschen gesprochen wird, welche den Schlesier fast von
allen Seiten begrenzen.
E. F. d. I.
Mit Ur. Al» beginnt das IV. Quartal der Grenz¬
boten, worauf alle Buchhandlungen und Postämter Bestel¬
lungen annehmen. Die Weriagshandlnng.
Verlag von F. L. Hcrbig. Redacteure: Gustav Freytag und Julia» Schmidt.
Druck von Friedrich Andrä.
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