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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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Empörung gegen die militcnrische, schwarzgelbe Zwingherrschaft! - Und nun
blicken Sie nach Frankfurt! "Nun da seind's ja wieder!" nickt der Reichsver¬
weser seinem kleinen spaßigen Minister zu, der bis dahin die ganze Neichsjustiz
auf seinen Schultern getragen hat. Und kaum hatte er sich mit seinen näheren
Freunden unterhalten,' so erschien der kriegerische Prinz von Preußen, nicht allein
ihn zu begrüßen, sondern auch seine Gemahlin, die erste Frau Deutschlands, die
Baronin Brandhof, und der Erzherzog rief ihm freundlich zu, er möge doch zum
Thee im Ueberrock kommen, um ganz ohne Gene zu sein. In derselben Zeit be¬
suchen die Könige von Preußen und von Sachsen den jungen Kaiser von Oestreich
in Teplitz und er erwiedert den Besuch in Pillnitz; man spricht von einer hohen
Heirath, welche die landesstaatlichen Wirren erledigen soll. Wird nun auch die¬
ses herzliche Einverständniß einigermaßen verbittert dnrch die "Undankbarkeit" deS
baierschen Cabinets, das in seiner Thronrede einen ähnlichen Verstoß gegen das
preußische Gefühl macht, wie der heilige Vater in seiner Allocution gegen das
französische, indem es die Beseitigung des pfälzer Aufstandes durch die preußische"
Truppen gänzlich ignorirt und nur von den gesetzlichen Mitteln spricht, die der
Staat angewendet, so findet man hinlänglichen Trost in der englischen Presse, die
bisher mit dem reinsten brittischen suoei- auf die Einheitsbestrebungen der guten
Deutschen herabgesehen, jetzt aber plötzlich den Dreikönigsentwnrf in Schutz nimmt.
Freilich liegt der Grund sehr nahe, aber Michel ist doch sehr glücklich über diese,
wenn auch verspätete Anerkennung von Seiten der angestammten Erbweisheit in
politischen Dingen.

Während dieser harmlosen politischen Beschäftigungen geht in Wien ein Schau¬
spiel an, nur ein Schauspiel, dessen Hintergrund aber ernsthafter ist, als jene
^nannte politische Wirklichkeit. Ich meine jenen Triumphzug des alten Mar-
schals, der den Doppeladler in Italien wieder zu Ehren gebracht. Als er unter

lauten Jubel der Bevölkerung in Wien einzog und Siegeskranze über sein
Haupt regneten, warf er einen davon dem ritterlichen Barus zu, der neben ihm
s"b, dem siegreichen Rebellen, der zuerst den stolzen Magyaren Trotz geboten.
Ihm gegenüber hatten Haynan und Schwarzenberg Platz genommen, der letzte
kaiserliche Feldherr in Ungarn und der Leiter der Negierung. Sie sind nun alle
zusammen die mächtigen Satrapen, in deren Hand gegenwärtig daS Schicksal des
Kaiserstaates gelegt ist; sie haben nicht mehr nöthig, wie ehemals die östreichi¬
schen Generale, sich nach den Mienen des Hofkriegsraths umzusehen; sie sind
souverainer als ihr Herr. Einer fehlt in ihrer Reihe, noch vor einem halben
Jahre der stolzeste unter ihnen. Sehr schnell ist der Stern des Fürsten Windisch-
i^ätz erbleicht; vielleicht folgt ihm bald genug der eine und der andere. Vielleicht
wnd der tapfere Croat noch einmal in einer minder loyalen Rebellion das wech¬
selnde Geschick des Krieges zu erfahren haben.

Noch ein zweiter fehlt, mächtiger als sie alle; der Sieger über die Perser,


Empörung gegen die militcnrische, schwarzgelbe Zwingherrschaft! - Und nun
blicken Sie nach Frankfurt! „Nun da seind's ja wieder!" nickt der Reichsver¬
weser seinem kleinen spaßigen Minister zu, der bis dahin die ganze Neichsjustiz
auf seinen Schultern getragen hat. Und kaum hatte er sich mit seinen näheren
Freunden unterhalten,' so erschien der kriegerische Prinz von Preußen, nicht allein
ihn zu begrüßen, sondern auch seine Gemahlin, die erste Frau Deutschlands, die
Baronin Brandhof, und der Erzherzog rief ihm freundlich zu, er möge doch zum
Thee im Ueberrock kommen, um ganz ohne Gene zu sein. In derselben Zeit be¬
suchen die Könige von Preußen und von Sachsen den jungen Kaiser von Oestreich
in Teplitz und er erwiedert den Besuch in Pillnitz; man spricht von einer hohen
Heirath, welche die landesstaatlichen Wirren erledigen soll. Wird nun auch die¬
ses herzliche Einverständniß einigermaßen verbittert dnrch die „Undankbarkeit" deS
baierschen Cabinets, das in seiner Thronrede einen ähnlichen Verstoß gegen das
preußische Gefühl macht, wie der heilige Vater in seiner Allocution gegen das
französische, indem es die Beseitigung des pfälzer Aufstandes durch die preußische»
Truppen gänzlich ignorirt und nur von den gesetzlichen Mitteln spricht, die der
Staat angewendet, so findet man hinlänglichen Trost in der englischen Presse, die
bisher mit dem reinsten brittischen suoei- auf die Einheitsbestrebungen der guten
Deutschen herabgesehen, jetzt aber plötzlich den Dreikönigsentwnrf in Schutz nimmt.
Freilich liegt der Grund sehr nahe, aber Michel ist doch sehr glücklich über diese,
wenn auch verspätete Anerkennung von Seiten der angestammten Erbweisheit in
politischen Dingen.

Während dieser harmlosen politischen Beschäftigungen geht in Wien ein Schau¬
spiel an, nur ein Schauspiel, dessen Hintergrund aber ernsthafter ist, als jene
^nannte politische Wirklichkeit. Ich meine jenen Triumphzug des alten Mar-
schals, der den Doppeladler in Italien wieder zu Ehren gebracht. Als er unter

lauten Jubel der Bevölkerung in Wien einzog und Siegeskranze über sein
Haupt regneten, warf er einen davon dem ritterlichen Barus zu, der neben ihm
s"b, dem siegreichen Rebellen, der zuerst den stolzen Magyaren Trotz geboten.
Ihm gegenüber hatten Haynan und Schwarzenberg Platz genommen, der letzte
kaiserliche Feldherr in Ungarn und der Leiter der Negierung. Sie sind nun alle
zusammen die mächtigen Satrapen, in deren Hand gegenwärtig daS Schicksal des
Kaiserstaates gelegt ist; sie haben nicht mehr nöthig, wie ehemals die östreichi¬
schen Generale, sich nach den Mienen des Hofkriegsraths umzusehen; sie sind
souverainer als ihr Herr. Einer fehlt in ihrer Reihe, noch vor einem halben
Jahre der stolzeste unter ihnen. Sehr schnell ist der Stern des Fürsten Windisch-
i^ätz erbleicht; vielleicht folgt ihm bald genug der eine und der andere. Vielleicht
wnd der tapfere Croat noch einmal in einer minder loyalen Rebellion das wech¬
selnde Geschick des Krieges zu erfahren haben.

Noch ein zweiter fehlt, mächtiger als sie alle; der Sieger über die Perser,


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[0517] Empörung gegen die militcnrische, schwarzgelbe Zwingherrschaft! - Und nun blicken Sie nach Frankfurt! „Nun da seind's ja wieder!" nickt der Reichsver¬ weser seinem kleinen spaßigen Minister zu, der bis dahin die ganze Neichsjustiz auf seinen Schultern getragen hat. Und kaum hatte er sich mit seinen näheren Freunden unterhalten,' so erschien der kriegerische Prinz von Preußen, nicht allein ihn zu begrüßen, sondern auch seine Gemahlin, die erste Frau Deutschlands, die Baronin Brandhof, und der Erzherzog rief ihm freundlich zu, er möge doch zum Thee im Ueberrock kommen, um ganz ohne Gene zu sein. In derselben Zeit be¬ suchen die Könige von Preußen und von Sachsen den jungen Kaiser von Oestreich in Teplitz und er erwiedert den Besuch in Pillnitz; man spricht von einer hohen Heirath, welche die landesstaatlichen Wirren erledigen soll. Wird nun auch die¬ ses herzliche Einverständniß einigermaßen verbittert dnrch die „Undankbarkeit" deS baierschen Cabinets, das in seiner Thronrede einen ähnlichen Verstoß gegen das preußische Gefühl macht, wie der heilige Vater in seiner Allocution gegen das französische, indem es die Beseitigung des pfälzer Aufstandes durch die preußische» Truppen gänzlich ignorirt und nur von den gesetzlichen Mitteln spricht, die der Staat angewendet, so findet man hinlänglichen Trost in der englischen Presse, die bisher mit dem reinsten brittischen suoei- auf die Einheitsbestrebungen der guten Deutschen herabgesehen, jetzt aber plötzlich den Dreikönigsentwnrf in Schutz nimmt. Freilich liegt der Grund sehr nahe, aber Michel ist doch sehr glücklich über diese, wenn auch verspätete Anerkennung von Seiten der angestammten Erbweisheit in politischen Dingen. Während dieser harmlosen politischen Beschäftigungen geht in Wien ein Schau¬ spiel an, nur ein Schauspiel, dessen Hintergrund aber ernsthafter ist, als jene ^nannte politische Wirklichkeit. Ich meine jenen Triumphzug des alten Mar- schals, der den Doppeladler in Italien wieder zu Ehren gebracht. Als er unter lauten Jubel der Bevölkerung in Wien einzog und Siegeskranze über sein Haupt regneten, warf er einen davon dem ritterlichen Barus zu, der neben ihm s"b, dem siegreichen Rebellen, der zuerst den stolzen Magyaren Trotz geboten. Ihm gegenüber hatten Haynan und Schwarzenberg Platz genommen, der letzte kaiserliche Feldherr in Ungarn und der Leiter der Negierung. Sie sind nun alle zusammen die mächtigen Satrapen, in deren Hand gegenwärtig daS Schicksal des Kaiserstaates gelegt ist; sie haben nicht mehr nöthig, wie ehemals die östreichi¬ schen Generale, sich nach den Mienen des Hofkriegsraths umzusehen; sie sind souverainer als ihr Herr. Einer fehlt in ihrer Reihe, noch vor einem halben Jahre der stolzeste unter ihnen. Sehr schnell ist der Stern des Fürsten Windisch- i^ätz erbleicht; vielleicht folgt ihm bald genug der eine und der andere. Vielleicht wnd der tapfere Croat noch einmal in einer minder loyalen Rebellion das wech¬ selnde Geschick des Krieges zu erfahren haben. Noch ein zweiter fehlt, mächtiger als sie alle; der Sieger über die Perser,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/517>, abgerufen am 05.02.2025.