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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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Feld zur Veröffentlichung seiner dramatischen Arbeiten hatte. Von Klic-
Pera's Nachfolger sind bemerkenswerth zumeist die Schauspieldichter Joseph Tyl,
I. G. Kvlar, Ferdinand Mikowec und Heinrich Nczniczek. Von den Namen der
übrigen, jetzt noch czechische Originalstücke liefernden Literaten kennen wir: G. Santi,
Wlczkowsky, ">. Püner, Holmann, Jaromir Pinel, Mezylesky, Nierenberger,
Rirenssast, Fritsch und Lad. Swierak. Klicpera hat den Weg angebahnt und
schon sind ihm mehrere von den Jüngern mit Glück gefolgt, doch ist dies nicht
sein einziges Verdienst, seine Werke sind immer "och Muster für das höhere czechische
Drama, obgleich von einer gewissen Manier nicht ganz frei geblieben. Die
Mehrzahl seiner Stücke sind Originale und geschickt in der Konzeption, in den
Situationen neu und effektvoll, die Charaktere darin bei tüchtiger Auffassung ge¬
wandt und sehr consequent durchgeführt, die Sprache gedankenreich und würdig,
Mitunter zu geschwätzig, und der Scenenverlauf rundet sich allemal zu einem wirk¬
samen Ganze". In der Regel leiden seine Stücke an zu großer Länge in der
Exposition, an schwerfälliger Verspiunuug der Intrigue und seine Tragödien ent¬
behren oft der wünschenswerthen Frische und Leichtigkeit. Ob Klicpera im Drama
"der Lustspiel vorzüglicher sei, wage ich nicht zu entscheiden, wiewohl mich die
Lebendigkeit und Volksthümlichkeit in seinen leichteren Stücken und in seinen mähr-
Kenhasten Schauspielen am meisten anspricht. Wenn wir in die Schale des Dra-
M's seinen "Sobieslaw und Friedrich" und seine "Familie v> Swojanow" und
w die des Lustspiels seinen "Zauberhut" und den "Rohovin Cztwerrohy" legen,
erhält man Achtung vor der Vielseitigkeit seines Talentes. Die bekanntesten von
KAcpera's Originalstücken, deren Zahl sich wohl auf achtzig erstrecken dürste,
sind: Sobieslaw und Friedrich -- die Köhlerin -- Udalrich und Bozena --
die Familie von Swojanow -- der Raub - die Elbogener Glocke -- der Hirsch
^ der Zanberhut -- Melusine -- Zizka's Schwert -- ein allböhmisches Gericht
' ^ der Schatz von Opatowic -- die letzten Ferien -- die Schimmel -- der Ring
^ Rohowin Cztwerrohy -- die Warschauer Aschenbrödel -- das Rad zu Brünn
^- Schloß Waldek -- der Stern -- der Vogelsteller - das Lustspiel auf der
Brücke -- die Zwillinge u. a. Klicpera hat auch größere Novellen geschrieben,
welche Anerkennung verdienen. Erfindung, rascher, spannender Verlauf, treffliche
Charakterschilderung und ein wohlgefeilter Dialog sind große Vorzüge derselben.
"Wenzeslawa" und "Joczuik", zwei historische Erzählungen, halten wir für
^e besten davon, seine neueste Novelle " Prag's erste Mühle" ist das schwächste,
^as Klicpera jemals geschrieben. Ein junger Rechtsgelehrter in Prag, Dr. A.
Gabriel, hat das Verlagsrecht von Klicpera's Schriften an sich gebracht, und
eben jetzt ist unter dessen Leitung eine elegante Gesammtausgabe derselben im
^"uge. Unter allen Dichtungszweigen scheint uns gerade das czechische Drama die
Ichönste Zukunft zu haben und vor dem polnischen tonangebend werden zu wollen
" der übrigen slavische" Literatur. DaS czechische Theaterpublikum ist sehr


Feld zur Veröffentlichung seiner dramatischen Arbeiten hatte. Von Klic-
Pera's Nachfolger sind bemerkenswerth zumeist die Schauspieldichter Joseph Tyl,
I. G. Kvlar, Ferdinand Mikowec und Heinrich Nczniczek. Von den Namen der
übrigen, jetzt noch czechische Originalstücke liefernden Literaten kennen wir: G. Santi,
Wlczkowsky, »>. Püner, Holmann, Jaromir Pinel, Mezylesky, Nierenberger,
Rirenssast, Fritsch und Lad. Swierak. Klicpera hat den Weg angebahnt und
schon sind ihm mehrere von den Jüngern mit Glück gefolgt, doch ist dies nicht
sein einziges Verdienst, seine Werke sind immer »och Muster für das höhere czechische
Drama, obgleich von einer gewissen Manier nicht ganz frei geblieben. Die
Mehrzahl seiner Stücke sind Originale und geschickt in der Konzeption, in den
Situationen neu und effektvoll, die Charaktere darin bei tüchtiger Auffassung ge¬
wandt und sehr consequent durchgeführt, die Sprache gedankenreich und würdig,
Mitunter zu geschwätzig, und der Scenenverlauf rundet sich allemal zu einem wirk¬
samen Ganze». In der Regel leiden seine Stücke an zu großer Länge in der
Exposition, an schwerfälliger Verspiunuug der Intrigue und seine Tragödien ent¬
behren oft der wünschenswerthen Frische und Leichtigkeit. Ob Klicpera im Drama
"der Lustspiel vorzüglicher sei, wage ich nicht zu entscheiden, wiewohl mich die
Lebendigkeit und Volksthümlichkeit in seinen leichteren Stücken und in seinen mähr-
Kenhasten Schauspielen am meisten anspricht. Wenn wir in die Schale des Dra-
M's seinen „Sobieslaw und Friedrich" und seine „Familie v> Swojanow" und
w die des Lustspiels seinen „Zauberhut" und den „Rohovin Cztwerrohy" legen,
erhält man Achtung vor der Vielseitigkeit seines Talentes. Die bekanntesten von
KAcpera's Originalstücken, deren Zahl sich wohl auf achtzig erstrecken dürste,
sind: Sobieslaw und Friedrich — die Köhlerin — Udalrich und Bozena —
die Familie von Swojanow — der Raub - die Elbogener Glocke — der Hirsch
^ der Zanberhut — Melusine — Zizka's Schwert — ein allböhmisches Gericht
' ^ der Schatz von Opatowic — die letzten Ferien — die Schimmel — der Ring
^ Rohowin Cztwerrohy — die Warschauer Aschenbrödel — das Rad zu Brünn
^- Schloß Waldek — der Stern — der Vogelsteller - das Lustspiel auf der
Brücke — die Zwillinge u. a. Klicpera hat auch größere Novellen geschrieben,
welche Anerkennung verdienen. Erfindung, rascher, spannender Verlauf, treffliche
Charakterschilderung und ein wohlgefeilter Dialog sind große Vorzüge derselben.
"Wenzeslawa" und „Joczuik", zwei historische Erzählungen, halten wir für
^e besten davon, seine neueste Novelle „ Prag's erste Mühle" ist das schwächste,
^as Klicpera jemals geschrieben. Ein junger Rechtsgelehrter in Prag, Dr. A.
Gabriel, hat das Verlagsrecht von Klicpera's Schriften an sich gebracht, und
eben jetzt ist unter dessen Leitung eine elegante Gesammtausgabe derselben im
^»uge. Unter allen Dichtungszweigen scheint uns gerade das czechische Drama die
Ichönste Zukunft zu haben und vor dem polnischen tonangebend werden zu wollen
" der übrigen slavische» Literatur. DaS czechische Theaterpublikum ist sehr


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/511>, abgerufen am 05.02.2025.