Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.den Bedarf an Bekleidnugs- und Lur.nsgegenständen aller Art auf 12 Thlr. pro Aber nicht weniger, wie die städtische, wuchs die ländliche Bevölkerung, welche den Bedarf an Bekleidnugs- und Lur.nsgegenständen aller Art auf 12 Thlr. pro Aber nicht weniger, wie die städtische, wuchs die ländliche Bevölkerung, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0463" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/279489"/> <p xml:id="ID_1555" prev="#ID_1554"> den Bedarf an Bekleidnugs- und Lur.nsgegenständen aller Art auf 12 Thlr. pro<lb/> Kopf der Einwohnerzahl; wenn im Jahr 1848 und 1849 jeder Einwohner des<lb/> Preuß. Staates 2-3 Thlr. zu sparen suchte, so entstand daraus eine Verminde¬<lb/> rung des Waarenverbrauchs von 32—48 Millionen Thalern. In dieser Summe<lb/> steckt noch manch schöner Groschen Arbeitslohn! Rechnen wir nun hierzu den un¬<lb/> geheuren Eisenverbrauch, welchen der Bau der Eisenbahnen veranlaßte, und der<lb/> mit dem Jahr 1848 fast auf allen Punkten, entweder still stand, oder beendet<lb/> wurde. Im Jahr 1831 halte Preußen noch keine Eisenbahnen, jetzt 350 Meilen,<lb/> mit einem Anlagekapital von mehr als 100 Millionen Thalern. Und wie viel mag<lb/> wohl hierin Eisen, wie viel Arbeitslohn stecken? das Jahr 1848 und 184!» baute —<lb/> wenigstens in Schlesien — so viel wir wissen, auch uicht eine Meile, und die alten<lb/> Schienen werden noch eine Weile ausdauer», der Ban neuer Waggons nicht über¬<lb/> eilt werden. Wir dürfen uns daher wahrlich nicht darüber verwundern, wenn Fa-<lb/> brikenindnstrie und Gewerbsleben - also der gewerbliche Betrieb der Städte —-<lb/> eine Masse von Arbeitskraft unbeschäftigt läßt, und bei dem steigenden Angebot<lb/> derselben die tüchtigste, beste auswählt. Ja blickt man auf die aufgehäuften Vor-<lb/> räthe in den Speichern der Industriellen, anf die Tausende von Centnern Eisen,<lb/> die vergebens ihrer Verwendung harren, so müssen wir vielmehr den Muth der<lb/> Unternehmer bewundern, die grade mit den entgegengesetzten Leiden des 8ich,Il»s<lb/> kämpfen. Und das nennt der Unverstand die Tyrannei des Kapitals! —</p><lb/> <p xml:id="ID_1556" next="#ID_1557"> Aber nicht weniger, wie die städtische, wuchs die ländliche Bevölkerung, welche<lb/> jene um das drei- oder vierfache übersteigt. Begrenzter noch, wie in der Fabri<lb/> datur ist hier die Verwendung der Arbeit, denn das Land wächst nicht mit der<lb/> Bevölkerung. Dagegen ist die Absatzlosigkeit der Produkte des Landbaues viel weniger<lb/> zu fürchten, denn der Mensch kann seinen Nahrungsbedarf nnr wenig beschränken,<lb/> und ißt sich gewiß lieber im alten Rock satt, als daß er im neuen Hunger leidet.<lb/> Nun ist in jüngster Zeit auch auf dem Lande gewaltig über gedrückte Arbeitspreise und<lb/> Mangel an Arbeit geklagt worden, ja es haben die Behörden diese Klagen als<lb/> wohlbegründete anerkannt und durch öffentliche Bauten Gelegenheit zu Arbeits¬<lb/> verdienst gegeben. Ein solcher Arbeiterüberschuß würde auch aus dem Steigen<lb/> der ländlichen Bevölkerung von selbst folgen, wenn das zu bedauerte Land sich<lb/> wirklich nicht vergrößert haben sollte. In diesem Falle wäre das Angebot länd¬<lb/> licher Erzeugnisse unverändert geblieben, während die Nachfrage im Verhältniß<lb/> der zunehmenden Bevölkerung hätte zunehmen müssen; d. h. die ländlichen Erzeug-<lb/> nisse hätten theurer werden müssen. Dies ist aber uicht der Fall, denn als nach<lb/> den Mißerndten der Jahre 1846 und 47 in den beiden darauf folgenden Jahren<lb/> günstigere Erndten eintraten, haben die Preise der Brotfrüchte bereits wieder<lb/> einen so niedrigen Stand erreicht, daß er von den 100jährigen Durchschnittspreisen<lb/> bedeutend übertroffen wird. Wir sind daher berechtigt anzunehmen, daß Angebot<lb/> und Nachfrage sich noch die Wage halte und ein Mißverhältniß zwischen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0463]
den Bedarf an Bekleidnugs- und Lur.nsgegenständen aller Art auf 12 Thlr. pro
Kopf der Einwohnerzahl; wenn im Jahr 1848 und 1849 jeder Einwohner des
Preuß. Staates 2-3 Thlr. zu sparen suchte, so entstand daraus eine Verminde¬
rung des Waarenverbrauchs von 32—48 Millionen Thalern. In dieser Summe
steckt noch manch schöner Groschen Arbeitslohn! Rechnen wir nun hierzu den un¬
geheuren Eisenverbrauch, welchen der Bau der Eisenbahnen veranlaßte, und der
mit dem Jahr 1848 fast auf allen Punkten, entweder still stand, oder beendet
wurde. Im Jahr 1831 halte Preußen noch keine Eisenbahnen, jetzt 350 Meilen,
mit einem Anlagekapital von mehr als 100 Millionen Thalern. Und wie viel mag
wohl hierin Eisen, wie viel Arbeitslohn stecken? das Jahr 1848 und 184!» baute —
wenigstens in Schlesien — so viel wir wissen, auch uicht eine Meile, und die alten
Schienen werden noch eine Weile ausdauer», der Ban neuer Waggons nicht über¬
eilt werden. Wir dürfen uns daher wahrlich nicht darüber verwundern, wenn Fa-
brikenindnstrie und Gewerbsleben - also der gewerbliche Betrieb der Städte —-
eine Masse von Arbeitskraft unbeschäftigt läßt, und bei dem steigenden Angebot
derselben die tüchtigste, beste auswählt. Ja blickt man auf die aufgehäuften Vor-
räthe in den Speichern der Industriellen, anf die Tausende von Centnern Eisen,
die vergebens ihrer Verwendung harren, so müssen wir vielmehr den Muth der
Unternehmer bewundern, die grade mit den entgegengesetzten Leiden des 8ich,Il»s
kämpfen. Und das nennt der Unverstand die Tyrannei des Kapitals! —
Aber nicht weniger, wie die städtische, wuchs die ländliche Bevölkerung, welche
jene um das drei- oder vierfache übersteigt. Begrenzter noch, wie in der Fabri
datur ist hier die Verwendung der Arbeit, denn das Land wächst nicht mit der
Bevölkerung. Dagegen ist die Absatzlosigkeit der Produkte des Landbaues viel weniger
zu fürchten, denn der Mensch kann seinen Nahrungsbedarf nnr wenig beschränken,
und ißt sich gewiß lieber im alten Rock satt, als daß er im neuen Hunger leidet.
Nun ist in jüngster Zeit auch auf dem Lande gewaltig über gedrückte Arbeitspreise und
Mangel an Arbeit geklagt worden, ja es haben die Behörden diese Klagen als
wohlbegründete anerkannt und durch öffentliche Bauten Gelegenheit zu Arbeits¬
verdienst gegeben. Ein solcher Arbeiterüberschuß würde auch aus dem Steigen
der ländlichen Bevölkerung von selbst folgen, wenn das zu bedauerte Land sich
wirklich nicht vergrößert haben sollte. In diesem Falle wäre das Angebot länd¬
licher Erzeugnisse unverändert geblieben, während die Nachfrage im Verhältniß
der zunehmenden Bevölkerung hätte zunehmen müssen; d. h. die ländlichen Erzeug-
nisse hätten theurer werden müssen. Dies ist aber uicht der Fall, denn als nach
den Mißerndten der Jahre 1846 und 47 in den beiden darauf folgenden Jahren
günstigere Erndten eintraten, haben die Preise der Brotfrüchte bereits wieder
einen so niedrigen Stand erreicht, daß er von den 100jährigen Durchschnittspreisen
bedeutend übertroffen wird. Wir sind daher berechtigt anzunehmen, daß Angebot
und Nachfrage sich noch die Wage halte und ein Mißverhältniß zwischen
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