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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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durch die Oestreichs abgebrochen, den 18. Juni wieder aufgenommen wurden und
endlich den K. August zum Abschluß führten (Brück, Palormo, da Bormida, Bon-
campagni). Sardinien leistete auf seine Ansprüche ans die Lombardei Verzicht und
zahlte eine Entschädigung von 75 Mill. Fr. (20 M. Thlr.). Die Ratification
erfolgte am 17. August.

Gleich nach dem Siege begann die Restauration in den kleinen italienischen
Fürstentümern. Brescia, die einzige lombardische Stadt, die sich empört hatte,
wurde durch Hayuau eingenommen und gezüchtigt (l. April). In Parma zogen
die Oestreicher unter d'Aspre am 5. April, in Modena am 28. April ein; in
Lucca am 5. Mai, in Livorno den 10. Mai. Bologna wurde deu 18. Mai,
Ancona deu 10. Juni zur Kapitulation gezwungen. Rom selbst mußte sich deu
Franzosen ergeben. So blieb nur noch Venedig übrig. Die Blokade begann
am 4. April, die Belagerung durch Haynau am 21. April. Das Fort Mal¬
st, Hera wurde am 27. Mai gestürmt, und nach langem Bombardement am 22.
August die Capitulation in der Art, wie sie durch die Proclamation Nadeizki's
vom 14. August vorgeschrieben war, unterzeichnet. /'0 Jncriminirte, darunter
Pepe, Mamin und Tomasso, mußten die Stadt verlassen; das Papier der Repu¬
blik wurde auf die Hälfte des Werths herabgesetzt, und die Stadt verpflichtete
sich zur Amortisation desselben, wurde dafür aber von weiteren Belästigungen be¬
freit. Mit dem Einmarsch der Truppen nnter Gorzkowski (24. August) begann der
Belagerungszustand; den 29. hielt Radetzki seinen Einzug.

Auch Italien ist wieder unterworfen, damit aber die italienische Frage keines¬
wegs erledigt. Als am Geburtstag des Kaisers (l8. August) der Feldmarschall
zu Mailand eine theilweise Amnestie verkündete, kam es doch zu nicht unerheblichen
Unruhen, in Folge deren eine ziemliche Anzahl Aufwiegler ausgepeitscht wurden.
Ans Verdruß über Mailand scheint Radetzki den Sitz der Regierung uach Verona
legen zu wollen.

DaS Ende der italienischen und ungarischen Kämpfe gibt nun Oestreich auch
in Beziehung auf die deutschen Bundesstaaten eine günstigere Position. Ans diese
Verhältnisse werfen wir noch einen Blick.

Das Programm von Kremsier veranlaßte den Rücktritt Schmerling's aus dem
Ncichömiuisterinm und die Bildung des Ministeriums Gagern (17. December).
Dieses kam, wie wir nun durch Herrn von Beckerath erfahren haben, mit dem
Reichsverweser über folgende Punkte überein: 1) daß Deutschland sich als Bundes-
staat eonstituire, 2) daß Oestreich sich daran nicht betheiligen werde, 3) daß das
Verhältniß Oestreichs zu Deutschland der künftigen Bestimmung nach der defini¬
tiven Constituirung beider Zwillingsreichc vorbehalten bleibe, 4) daß der Reichs¬
verweser von seinem Standpunkte aus mitwirken wolle, dieses Verhältniß in po¬
litischer und materieller Beziehung so eng als möglich zu gestalten, und 5) daß
Oestreich der Constituirung Deutschlands keinerlei Hindernisse in den Weg lege,


durch die Oestreichs abgebrochen, den 18. Juni wieder aufgenommen wurden und
endlich den K. August zum Abschluß führten (Brück, Palormo, da Bormida, Bon-
campagni). Sardinien leistete auf seine Ansprüche ans die Lombardei Verzicht und
zahlte eine Entschädigung von 75 Mill. Fr. (20 M. Thlr.). Die Ratification
erfolgte am 17. August.

Gleich nach dem Siege begann die Restauration in den kleinen italienischen
Fürstentümern. Brescia, die einzige lombardische Stadt, die sich empört hatte,
wurde durch Hayuau eingenommen und gezüchtigt (l. April). In Parma zogen
die Oestreicher unter d'Aspre am 5. April, in Modena am 28. April ein; in
Lucca am 5. Mai, in Livorno den 10. Mai. Bologna wurde deu 18. Mai,
Ancona deu 10. Juni zur Kapitulation gezwungen. Rom selbst mußte sich deu
Franzosen ergeben. So blieb nur noch Venedig übrig. Die Blokade begann
am 4. April, die Belagerung durch Haynau am 21. April. Das Fort Mal¬
st, Hera wurde am 27. Mai gestürmt, und nach langem Bombardement am 22.
August die Capitulation in der Art, wie sie durch die Proclamation Nadeizki's
vom 14. August vorgeschrieben war, unterzeichnet. /'0 Jncriminirte, darunter
Pepe, Mamin und Tomasso, mußten die Stadt verlassen; das Papier der Repu¬
blik wurde auf die Hälfte des Werths herabgesetzt, und die Stadt verpflichtete
sich zur Amortisation desselben, wurde dafür aber von weiteren Belästigungen be¬
freit. Mit dem Einmarsch der Truppen nnter Gorzkowski (24. August) begann der
Belagerungszustand; den 29. hielt Radetzki seinen Einzug.

Auch Italien ist wieder unterworfen, damit aber die italienische Frage keines¬
wegs erledigt. Als am Geburtstag des Kaisers (l8. August) der Feldmarschall
zu Mailand eine theilweise Amnestie verkündete, kam es doch zu nicht unerheblichen
Unruhen, in Folge deren eine ziemliche Anzahl Aufwiegler ausgepeitscht wurden.
Ans Verdruß über Mailand scheint Radetzki den Sitz der Regierung uach Verona
legen zu wollen.

DaS Ende der italienischen und ungarischen Kämpfe gibt nun Oestreich auch
in Beziehung auf die deutschen Bundesstaaten eine günstigere Position. Ans diese
Verhältnisse werfen wir noch einen Blick.

Das Programm von Kremsier veranlaßte den Rücktritt Schmerling's aus dem
Ncichömiuisterinm und die Bildung des Ministeriums Gagern (17. December).
Dieses kam, wie wir nun durch Herrn von Beckerath erfahren haben, mit dem
Reichsverweser über folgende Punkte überein: 1) daß Deutschland sich als Bundes-
staat eonstituire, 2) daß Oestreich sich daran nicht betheiligen werde, 3) daß das
Verhältniß Oestreichs zu Deutschland der künftigen Bestimmung nach der defini¬
tiven Constituirung beider Zwillingsreichc vorbehalten bleibe, 4) daß der Reichs¬
verweser von seinem Standpunkte aus mitwirken wolle, dieses Verhältniß in po¬
litischer und materieller Beziehung so eng als möglich zu gestalten, und 5) daß
Oestreich der Constituirung Deutschlands keinerlei Hindernisse in den Weg lege,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/454>, abgerufen am 05.02.2025.