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Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band.

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Vertreter in der Nähe des Thrones hat. Ein großer Theil der Oestreicher hat
kein unbedingtes Vertrauen zu Ihrer Person und Thätigkeit, dies Blatt selbst hat
Ihnen oft stark widersprochen und an Ihrem Thun gemäkelt, jetzt aber ist die Zeit
gekommen, wo Sie alle Vorwürfe widerlegen und der Nation zeigen können, daß
vielleicht Ihre Einsicht Sie irre leiten konnte, daß aber Ihr Charakter sich Ach¬
tung zu verdienen weiß. Jetzt ist für Sie der Tag gekommen, wo Sie zu bewei¬
sen haben, daß Sie ein Mann sind. Treten Sie auf vor Ihrem Kaiser, machen
Sie ein Ende diesen barbarischen Grausamkeiten, welche sich unter der Firma von
Kriegsgerichten und Ausnahmezuständen zu einem alltäglichen Leiden gemacht haben.
Beschränken Sie die Willkür der Soldatentribunale, ändern und beschränken Sie
die militärischen Gerichte, fordern Sie ein menschliches Recht, wie streng es auch
sei, für die Besiegten, dulden Sie nicht länger, daß das Schwert der Gerechtigkeit
verwechselt werde mit dem blutigen Degen eines rohen Generals; bewähren Sie
sich, wir beschwören Sie, als ein Mann des Gesetzes und der Sittlichkeit. Jetzt
ist der Tag für Sie gekommen das östreichische Volk mit der Vergangenheit zu
versöhnen, alle Vorwürfe, welche Ihnen je gemacht wurden in Segenswünsche zu
verwandeln, und Ihre Gegner zu überführen, daß nicht der Ehrgeiz allein Ihnen
das Portefeuille in die Hand gedrückt hat, sondern das berechtigte Gefühl Ihres
Werthes.

Der Kaiser wird es Ihnen einst danken, die Völker Oestreichs schon jetzt!




Jütland und die Jiiten.



Aehnlich einem riesigen Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger liegt' die Halbin¬
sel der Herzogthümer und Jütland in dem grünen Spiegel zweier Meere. Dem
deutschen Wanderer, der von Süden komm" und nach Norden pilgert, will sich
die Brust mehr und mehr verengen, je näher er der Grenze kommt, welche daS
ihm fast unbekannte, sagenhafte Jütland von den vielbefreundeten mcerumschlunge-
neu Landen trennt, auf welche ein heißer Krieg die Augen der ganzen Welt ge¬
richtet hat. Jütland -- wem war es ehedem, wenn dieses Land genannt wurde,
nicht, als ob ein schwerer Meeresnebel sich vor die freie Aussicht lagere? Wer
wußte mehr davon , als das nothdürftige, welches der Geographieunterricht in
der Schule eiugebläut hatte, wer bekümmerte sich darum, ob und welche Menschen
dort lebten? Hatte man doch eine unbestimmte Vorstellung von einer Verwandt¬
schaft der Jütländer mit den Lappen und Samojeden -- jedenfalls dachte man,
wenn einmal ganz zufällig die Rede auf dies nordische Volk kam, zuverlässig an
Thran und Heringsfang. Aber jetzt ist das anders geworden. Zum erstenmal


Vertreter in der Nähe des Thrones hat. Ein großer Theil der Oestreicher hat
kein unbedingtes Vertrauen zu Ihrer Person und Thätigkeit, dies Blatt selbst hat
Ihnen oft stark widersprochen und an Ihrem Thun gemäkelt, jetzt aber ist die Zeit
gekommen, wo Sie alle Vorwürfe widerlegen und der Nation zeigen können, daß
vielleicht Ihre Einsicht Sie irre leiten konnte, daß aber Ihr Charakter sich Ach¬
tung zu verdienen weiß. Jetzt ist für Sie der Tag gekommen, wo Sie zu bewei¬
sen haben, daß Sie ein Mann sind. Treten Sie auf vor Ihrem Kaiser, machen
Sie ein Ende diesen barbarischen Grausamkeiten, welche sich unter der Firma von
Kriegsgerichten und Ausnahmezuständen zu einem alltäglichen Leiden gemacht haben.
Beschränken Sie die Willkür der Soldatentribunale, ändern und beschränken Sie
die militärischen Gerichte, fordern Sie ein menschliches Recht, wie streng es auch
sei, für die Besiegten, dulden Sie nicht länger, daß das Schwert der Gerechtigkeit
verwechselt werde mit dem blutigen Degen eines rohen Generals; bewähren Sie
sich, wir beschwören Sie, als ein Mann des Gesetzes und der Sittlichkeit. Jetzt
ist der Tag für Sie gekommen das östreichische Volk mit der Vergangenheit zu
versöhnen, alle Vorwürfe, welche Ihnen je gemacht wurden in Segenswünsche zu
verwandeln, und Ihre Gegner zu überführen, daß nicht der Ehrgeiz allein Ihnen
das Portefeuille in die Hand gedrückt hat, sondern das berechtigte Gefühl Ihres
Werthes.

Der Kaiser wird es Ihnen einst danken, die Völker Oestreichs schon jetzt!




Jütland und die Jiiten.



Aehnlich einem riesigen Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger liegt' die Halbin¬
sel der Herzogthümer und Jütland in dem grünen Spiegel zweier Meere. Dem
deutschen Wanderer, der von Süden komm« und nach Norden pilgert, will sich
die Brust mehr und mehr verengen, je näher er der Grenze kommt, welche daS
ihm fast unbekannte, sagenhafte Jütland von den vielbefreundeten mcerumschlunge-
neu Landen trennt, auf welche ein heißer Krieg die Augen der ganzen Welt ge¬
richtet hat. Jütland — wem war es ehedem, wenn dieses Land genannt wurde,
nicht, als ob ein schwerer Meeresnebel sich vor die freie Aussicht lagere? Wer
wußte mehr davon , als das nothdürftige, welches der Geographieunterricht in
der Schule eiugebläut hatte, wer bekümmerte sich darum, ob und welche Menschen
dort lebten? Hatte man doch eine unbestimmte Vorstellung von einer Verwandt¬
schaft der Jütländer mit den Lappen und Samojeden — jedenfalls dachte man,
wenn einmal ganz zufällig die Rede auf dies nordische Volk kam, zuverlässig an
Thran und Heringsfang. Aber jetzt ist das anders geworden. Zum erstenmal


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 8, 1849, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341563_279025/432>, abgerufen am 05.02.2025.